Die Flagge auf dem Mars in den rötlichen Sand rammen und sich wie einst der englische Seefahrer James Cook als Eroberer neuer Welten fühlen? Im erdnahen All Atombomben in Stellung bringen, um die ultimative Waffe zu installieren? Und wer haftet, wenn Satelliten zusammenstoßen? Um solche und ähnliche Fragen dreht sich das Weltraumrecht.
Noch ist es mit fünf Verträgen wie dem Mondvertrag von 1979 und insgesamt nur etwa 70 Seiten Umfang eine höchst endliche Materie angesichts unendlicher Weiten. Das muss sich aber aus drängender werdenden Gründen ändern: "Das Universum ist der einzige Verkehrssektor, in dem es keine richtigen Verkehrsregeln gibt", sagt der Weltraum-Jurist des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Bernhard Schmidt-Tedd.
Der Verkehr im All wird in nächster Zeit deutlich zunehmen - etwa, wenn die Vision eines Schwarms vergleichsweise billiger Kleinstsatelliten umgesetzt wird. Zu den schon mehr als 4.000 Satelliten könnten dann mit einem einzigen Raketenstart hundert dazustoßen. "Was passiert, wenn auch nur wenige außer Kontrolle geraten?", sagt Schmidt-Tedd. 50 Jahre nach der ersten großen UN-Konferenz zur Nutzung des Weltalls wollen Experten vom 18. bis 21. Juni bei der "Unispace +50"-Tagung in Wien über Erreichtes und Ungeklärtes beraten. Es ist die erste UN-Konferenz dieser Art im neuen Jahrtausend.
Das Interesse ist groß - 70 UN-Mitgliedsstaaten haben nationale Weltraumprogramme. Der Weltraum sei nicht länger das Revier eines "exklusiven Clubs" einiger weniger Staaten, sagt Niklas Hedman, Leiter der Abteilung Ausschuss, Politik und Rechtsfragen des UN-Büros für Weltraumfragen (UNOOSA). Mit zunehmender Nutzung steige der Bedarf, im All Sicherheit zu gewährleisten.
"Das Weltall ist eine fragile Umgebung, wo die Schritte eines einzelnen Akteurs einen Einfluss auf andere haben können", sagt Hedman. Für Regelungen brauche es eine multilaterale Politik. Entschieden wird darüber im Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums (COPOUS). Aktuell gibt es 87 Mitgliedsstaaten.
Neu auf der Verhandlungsliste stehen laut Hedman unter anderem Weltraumverkehrsmanagement sowie ein mögliches Rechtsmodell für die Nutzung von Ressourcen im All. Die USA preschten laut Schmidt-Tedd zuletzt mit einem Gesetz vor, das die Nutzung der Bodenschätze von Planeten ermöglichen soll. "Eigenen Staatsangehörigen wird dabei die Aneignung von Ressourcen zugebilligt, aber unter Vorbehalt des internationalen Rechts", beschreibt der DLR-Experte die aktuelle US-Haltung.
Bis es soweit ist, gehe es vor allem darum, wie man den Weltraummüll wieder beseitigen könne, sagt Hedman. Auch für die Juristin Irmgard Marboe von der Universität Wien ist der Weltraumschrott aktuell die größte Baustelle. Experten schätzen, dass mehrere Hunderttausend Schrottteile um die Erde kreisen. Die Raumstation ISS musste solchen Resten schon mehrfach ausweichen.
"Es kann jederzeit zu einem Zusammenstoß kommen", sagt Marboe, die die österreichische Dienststelle des Europäischen Zentrums für Weltraumrecht (ECSL) leitet. Das Horror-Szenario ist der nach einem US-Experten benannte Kessler-Effekt: Kollisionen könnten demnach eine unkalkulierbare Kettenreaktion auslösen, eine kaskadenartige Zunahme kleinerer Objekte.
Wem der Müll jeweils gehört, lasse sich mit Hilfe neuester Technik herausfinden, sagt Marboe. Loswerden könnte man ausgediente Satelliten oder Raketenteile mit Greifarmen. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) plant gar eine Art Weltraum-Müllabfuhr. Unklar ist, ob man die Urheber des Mülls zum Aufräumen verpflichten kann. "Dafür fehlen noch die verbindlichen Regelungen - und die Fälle", sagt Marboe.
Rüstung und Raketentechnologie für die Reise ins All sind untrennbar miteinander verbunden. So war der Weltraumvertrag von 1967 der erste große Abrüstungsvertrag in der Geschichte. Damals wurde die Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Orbit in einem Umkreis von mehreren 10.000 Kilometern um die Erde verboten. Andere Waffen sind erlaubt. Der Mond und andere Himmelskörper dürften nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden, ergänzt Schmidt-Tedd. "Manöver und Waffentests auf dem Mond sind verboten." (dpa/rs)