PAC: Die Probleme für IT-Anbieter

Das Anwender-Paradox

29.04.2011 von Werner Kurzlechner
Anwender haben widersprüchliche Wünsche: Sie fordern Referenzen für individuelle Lösungen, wollen guten Kontakt zum Anbieter, sprechen aber ungern mit Vertrieblern - die neue Haltung der Anwender.
Jede Menge Wege zur Information: Bevor Unternehmen Software einkaufen, durchforsten sie eine Vielzahl an Quellen. Bei der ersten Vorauswahl weisen sie Vertriebsmitarbeiter des Anbieters gern ab - wollen aber trotzdem eine tragfähige Beziehung zum Provider aufbauen.
Foto: PAC/ITSMA

Die Wahl der richtigen IT-Lösung gestaltet sich immer schwieriger. Die Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) beobachten auf dem IT-Markt derzeit ein „Käufer-Paradoxon“, das typisch für die Zeit nach der weltweiten Rezession sei. „Die Anwender versuchen, zwei sich zum Teil widersprechende Ziele zu erreichen“, fasst Philip Carnelley, Research Director bei PAC, in einer gemeinsam mit der Information Technology Services Marketing Association (ITSMA) erstellten Studie zusammen.

Die Software-Käufer versuchen demnach einerseits, Kostenkontrolle sicherzustellen. Andererseits wollen sie neue Wachstumsimpulse unterstützen und entwickeln sowie Ansätze einer Business Transformation absichern. Ein zwar zutreffender, aber seit langem schon bekannter Befund? Sicherlich, aber die Beschreibung des Paradoxons durch PAC ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende.

Eigene Recherche statt Gesprächen mit Vertrieblern

Hinzu kommt der Umstand, dass sich die IT-Käufer in einer immer stärker durch das Internet vernetzten Welt bewegen. Insbesondere dank der Möglichkeiten, die Social-Media-Seiten bieten, verändern sich die Wege, auf denen die Anwender Informationen über Anbieter und Produkte suchen und bewerten. Das führt nach Einschätzung der Berater zu vier weiteren Widersprüchen, die die Beziehung zwischen Anbietern und ihren Kunden mittlerweile prägen.

Erstens schieben die Anwender auf der ersten Stufe der Produktauswahl die Vertriebsleute der Provider gerne bei Seite und nutzen stattdessen eigene Recherchen, Social Media sowie Empfehlungen anderer Anwender und Berater als Informationsquellen. Zugleich fordern sie aber eine tragfähige Beziehung zu ihren Providern ein.

Zweitens sind die zeitlich stets gestressten Software-Kunden zwar immer begierig auf Informationsmaterial über potenzielle Lösungen. Dieses sollte aber stets gut verdaulich verpackt, relevant und auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sein.

IT-Anwender fordern Referenz für individuelle Lösung

Drittens wollen die Unternehmen am liebsten Lösungen, die für ihre Situation und ihre Anforderungen maßgeschneidert sind. Zugleich fordern sie von ihren Partnern aber Referenzen ein: Die individuelle Lösung soll sich am besten schon tausendfach bewährt haben – was schlechterdings unmöglich ist.

Viertens sollen die IT-Partner idealerweise zukunftsweisende Avantgarde-Lösungen anbieten. Zugleich wäre es schön, wenn sie mit pragmatischen Angeboten aufwarten könnten. Auch das ist nur schwer zu leisten.

Es ergibt sich also ein Dilemma insbesondere für die IT-Provider, die wegen der neuen Ansprüche ihrer Kunden nicht mehr so genau wissen, wie sie ihre Lösungen vermarkten sollen. PAC bemüht sich in der Studie um Hilfestellungen für das IT-Marketing – geht aber zugleich davon aus, dass die Nöte der Anbieter mittelfristig auch auf deren Kunden zurückwirken. Eine Erfolg versprechende Kommunikationsbasis könnte schließlich nachhaltig erodieren.

In jedem Fall macht die Studie, für die knapp 500 Unternehmen aus den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien und China befragt wurden, die neue Souveränität der Anwender deutlich. Diese informieren sich auf diversen Kanälen, bevor sie Lösungen einkaufen.

61 Prozent der Befragten suchen das Gespräch mit Kollegen oder Managern, die vor ähnliche Probleme gestellt sind/waren wie sie selbst. Mehr als die Hälfte informiert sich zudem über Analysten und Sourcing-Berater, das Internet allgemein sowie via Tradeshows und Konferenzen.

Social Media als Informationsquelle vor dem Software-Kauf

Mehr als zwei Fünftel nutzen zudem Fachpresse, Fallstudien, Social Media und Marktforschung über die Kundenzufriedenheit. Die Newsletter, Whitepapers und Research Reports von Anbietern werden zwar von 49 Prozent ebenfalls zu Rate gezogen, sind aber nur eine Quelle von vielen.

PAC-Analyst Carnelley rät den Firmen entschieden zu, möglichst viele der zugänglichen Informationskanäle zu nutzen – insbesondere auch die Möglichkeiten, die Web 2.0 bietet. Zugleich mahnt er aber, die Provider nicht zu überfordern. „Seien sie realistisch in der Definition ihrer Anforderungen, und vermeiden sie es, widersprüchliche Signale an ihre Supplier zu senden“, so Carnelley. Als Kunde müsse man sich schon genau überlegen, ob man eine individuelle Lösung benötige oder ob es eine schnell erhältliche und bewährte Anwendung genau so tue.

Die Studie „How Customers Choose IT Solution Providers” ist bei PAC und ITSMA erhältlich.