Facebook, Skype, Dropbox

Das CIO-Dilemma mit Social-Media-Tools

20.08.2013 von Andreas Schaffry
Mitarbeiter wollen ihre privaten Social-Media-Tools auch im Business nutzen. CIOs stehen damit vor einem Dilemma: Sie können sich dem Trend kaum verschließen, müssen aber dennoch Sicherheit und Datenschutz gewährleisten.
Laut Forrester-Analyst Dan Bieler müssen CIOs den Anforderungen der Fachanwender nach Collaboration mit modernen Social-Media-Tools erfüllen.
Foto: Forrester Research

Immer mehr Beschäftigte wollen heute in ihrem beruflichen Umfeld über Social-Media-Anwendungen kommunizieren, die sie auch privat. Damit erreicht das "Bring-your-own-IT (ByoIT)"-Prinzip den Collaboration-Bereich. 46 Prozent der Angestellten verwenden im Büro wie selbstverständlich Dienste für Instant Messaging, Chat, Sprach- und Videoübertragung oder den Austausch von Dokumenten. Sie nutzen diese Services auf dem Desktop ebenso wie auf firmeneigenen Mobilgeräten, ob Laptop, Smartphone oder Tablet. Zu diesem Ergebnis kommt der US-Marktforscher Forrester Research in dem Bericht "The Rise Of Personal Communications. Social Media Collaboration Hijacks The Enterprise".

PAC-Studie Social Collaboration
Interesse an Social Collaboration
Das Interesse an Social Collaboration wird durch verschiedene Themen geschürt. Die Resultate zeigen ein großes Spektrum an Einstiegsthemen für Social Collaboration, deren Relevanz sich von Land zu Land z.T. deutlich unterscheidet.
Viele Initiativen noch am Anfang
Viele Social Collaboration-Initiativen wurden gestartet, stehen aber meist noch am Anfang. 1. Immerhin jeder vierte Fachbereich hat Projekte bereits teilweise oder vollständig umgesetzt. 2. Jeder dritte Befragte berichtet von Projekten in der Test- oder Planungsphase. 3. Großbritannien zeigt sich als Vorreiterland, Deutschland hinkt bei der Umsetzung eher hinterher.
Offene Kommunikationsstruktur
Eine offene Kommunikationskultur ist zwar meist gegeben, reicht aber nicht aus! Insbesondere die für eine effektive Vernetzung notwendige Selbstbestimmung und Flexibilität der Mitarbeiter fehlt häufig. Auch gibt es vielfach noch keine Regelwerke für die Vernetzung. Schließlich vermissen zwei Drittel der Befragten eine aktive Mitwirkung des Managements.
Linked In und Co.
Öffentliche Social Networking-Dienste haben sich im Geschäftsalltag etabliert. Sie werden aber bislang häufig nur geduldet, meist jedoch nicht gefördert oder in die Social-Collaboration-Umsetzung integriert. Zudem sind Verbote immer noch an der Tagesordnung. In 31 % der Fachbereiche ist beispielsweise die Nutzung von Microblogging-Diensten wie Twitter untersagt.
Externe Dienstleister
Der Bedarf für externe Dienstleister ist groß – über alle Projektphasen hinweg! Viele Fachbereiche halten die Unterstützung durch externe Dienstleister nicht nur bei der Integration, sondern auch bei der Planung und Betrieb für wichtig. Jeder fünfte Befragte stuft beispielsweise die externe Unterstützung bei der Definition einer Social Collaboration-Strategie als sehr bedeutend ein.
Hemmschuh Sicherheitsbedenken
Sicherheitsbedenken sind die größten Barrieren für Social Collaboration. Drei Viertel der Fachbereiche haben Bedenken wegen Datensicherheit, knapp jeder Zweite befürchtet den Abfluss von Unternehmenswissen! Ein nicht erkennbarer Mehrwert oder eine fehlende Akzeptanz bei den Mitarbeitern wird dagegen nur von wenigen Befragten als Hemmnis gesehen.
Strategische Planung fehlt
Strategische und fachbereichsübergreifende Planung? Häufig Fehlanzeige! Nur etwa jedes zweite Social Collaboration-Projekt in Deutschland und Frankreich, aber 75 % der Projekte in Großbritannien werden langfristig strategisch geplant. Immerhin ca. 60 % der Projekte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien werden heute fachbereichsübergreifend realisiert.
Fachbereiche nutzen verschiedene Einzelanwendungen
Die Fachbereiche nutzen verschiedene Ansätze für die technische Realisierung. Mehr als 40 % der Fachbereiche – darunter überproportional viele aus Deutschland – nutzen verschiedene Einzelanwendungen. Ein ähnlich hoher Anteil nur Social Collaboration-Funktionen bestehender Prozess-, Groupware-, ECM- oder UCC-Anwendungen. Nur jeder siebte Fachbereich setzt bei der Realisierung auf eine integrierte Social Collaboration-Plattform.
Interne IT kommt zu kurz
Social Collaboration wird nicht als IT-Projekt initiiert, koordiniert und finanziert. Bei mehr als drei Viertel der Social Collaboration-Projekte ging die Initiative von den Fachbereichen oder vom Top-Management aus, die meist gleichzeitig auch als Hauptansprechpartner und Sponsoren agieren. Die interne IT spielt dagegen meist nur eine marginale Rolle.

Laut Studienautor Dan Bieler interessiert die Mitarbeiter an Tools wie Google Plus, Google Hangouts, Facebook Messenger, Kakaotalk, Skype und Dropbox vor allem, dass sie damit kostengünstig, komfortabel und effizient Informationen, Daten und Dokumente mit Kollegen austauschen können. Angestellte, die nach der ByoIT-Devise handeln, leisten damit jedoch einer Schatten-IT Vorschub und verletzen Sicherheits- und Compliance-Regeln. Laut Studie sind immerhin 51 Prozent der Beschäftigten so verantwortungsbewusst, dass sie aus genau diesen Gründen geschäftlich keine privaten Collaboration-Tools verwenden.

Social Media genießt keine Priorität

CIOs stehen hier vor einem Dilemma. Sie glauben einerseits, dass die bisher eingesetzten, teuren Kommunikations- und Collaboration-Lösungen ebenso effektiv sind wie moderne Social-Media-Anwendungen. Andererseits ist das IT-Budget angespannt, sodass die IT-Chefs auch im Bereich der internen Kommunikation und Zusammenarbeit die laufenden IT-Kosten verringern müssen. Zugleich sollen sie für eine gute Anwendererfahrung sorgen. Und hier führt laut Bieler kein Weg an modernen Social-Media-Anwendungen vorbei. Die Realität sieht anders aus. Der Untersuchung zufolge spielen unter den befragten CIOs strategische Social-Media-Projekte keine Rolle. Sie rangieren auf der Prioritätenliste erst an fünfter Stelle.

Wie Social Media Organisationen verändern
Immer mehr Unternehmen vernetzen ihre Mitarbeiter mit Social Media. Welche Potenziale und Herausforderungen birgt dieses Medium für Unternehmen und für die konzernweite Wissensverteilung?
Die Kommunikation verschiebt sich weg von der E-Mail
Social-Media-Plattformen gewinnen in der Kommunikation der Internet-Nutzer an Bedeutung, E-Mail und Instant Messaging verlieren.
Social-Media-Budget
Meistens finanzieren die Fachbereiche die Social-Media-Aktivitäten.
Chancen durch Social Media
Marketing-Überlegungen prägen das Social-Media-Engagement: Man hofft, das Unternehmen zeitgemäß präsentieren zu können.
Risiken durch Social Media
Nichts fürchten die Befragten im Social Web mehr als unkontrollierbare Schimpftiraden und geschwätzige Mitarbeiter.

Die Analyse der Daten aus der Erhebung zeigt, dass speziell große Konzerne stabile, verlässliche und sichere UC-Plattformen (Unified Communications) bevorzugen, die primär auf die Anforderungen der Mitarbeiterkommunikation zugeschnitten sind. Die Konzerne haben jedoch eine Vielzahl kleiner Zulieferer oder Kunden, mit denen sie Informationen austauschen. Diese wiederum setzen für kollaborative Prozesse verstärkt Social-Media-Anwendungen ein, so dass die Internet-basierenden Tools durch die Hintertür ins Unternehmen gelangen.

Null statt 540.000 Euro Lizenzkosten

Immerhin wird die Bedeutung einer schnellen und unkomplizierten Absprache kaum mehr in Frage gestellt. Top-Management und Geschäftsbereichsleiter haben erkannt, dass eine effiziente informelle Kommunikation zwischen den Beschäftigten wie auch mit Kunden und Lieferanten mehr Tempo in die Geschäftsprozesse und die Entwicklung neuer Produkte und Services bringen kann. 58 Prozent der IT- und Business-Verantwortlichen erwarten vom Einsatz von Social-Media-Services eine verbesserte Kommunikation mit den Beschäftigten außerhalb des Büros. 52 Prozent glauben zudem, dass Mitarbeiter produktiver arbeiten, weil Informationen schneller und weniger formal ausgetauscht würden. 54 Prozent gehen davon aus, dass durch die Implementierung von Social-Media-Lösungen die Kosten für Kollaboration und Kommunikation sinken.

Forrester-Analyst Bieler rechnet die Einsparmöglichkeiten konkret an einem Beispiel vor. So koste in einem 5000-User-Szenario ein Collaboration-Produktpaket, das aus Microsoft Exchange, Sharepoint und Lync besteht, monatlich neun Euro pro User. Dadurch kämen in einem Jahr allein 540.000 Euro an Lizenzkosten zusammen. Eine frei verfügbare Social-Media-Anwendung kostet nichts, zumindest was die Lizenzkosten betrifft.

Bei IT-Verantwortlichen steht die Einführung Social-Media-basierter Kommunikationstool auf der IT-Agenda weit unten.
Foto: Forrester Research

So wichtig das Reduzieren der IT-Kosten auch ist, IT-Leiter müssen auch an die Sicherheit denken und genau festlegen, welche Social-Media-Lösungen welche Mitarbeitergruppe im Unternehmen zu welchen Konditionen und zu welchem Zweck benutzen darf.

Mehr Sicherheit mit zertifizierten Tools

Setzen Mitarbeiter zur geschäftlichen Kommunikation nämlich Social-Media-Tools ein, die nicht von der IT zertifiziert sind, steigt das Risiko, dass die IT-Systeme durch Malware infiziert werden.

Für die aktuelle Untersuchung hat Forrester zwei eigene Studien ausgewertet und deren Ergebnisse zusammengefasst. Es handelt sich zum einen um den "Forrsights Telecom And Mobility Workforce Survey, Q2 2013", für den mehr als 5000 Information Worker befragt wurden; zum anderen um den "Forrsights Networks And Telecommunications Survey, Q1 2013", einer Umfrage unter mehr als 2100 Netzwerk- und TK-Verantwortlichen.