Elektronische Gesundheitskarte

Das eGK-Projekt bei Bitmarck

02.07.2013 von Hartmut Wiehr
Beim praktischen Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte geht kaum was voran. Auch deshalb denkt man bei IT-Dienstleister Bitmarck perspektivisch bereits an neue Märkte.

Von der elektronischen Gesundheitskarte hört man nicht mehr viel. Der Geschäftsführer der gematik, die sich um die Ausführung des schon vor Jahren beschlossenen Projekts kümmern soll, musste Ende 2012 seinen Hut nehmen. Wegen "Unfähigkeit“ heißt es hinter vorgehaltener Hand am Rande von Healthcare-IT-Veranstaltungen. Die organisierte Ärzteschaft erwägt, aus der gematik auszutreten, weil die eGK bislang für sie nur mehr Arbeit, aber keine konkreten Vorteile gebracht hat. Viel mehr geben aber die Newsspalten da und dort nicht her.

Roland Schotten ist Projektverantwortlicher bei Bitmarck für die Produktion der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Es ist für ihn "eines der größten IT-Projekte in Deutschland".
Foto: Bitmarck

Von einem offiziellen Stopp oder einem "Neuanfang“ ist trotz der mangelnden Erfolgsmeldungen nichts zu hören. Man wurstelt irgendwie weiter. Die Ausgabe der neuen Karten soll sogar schon fast abgeschlossen sein – von etwa 70 Millionen Kartenempfängern sollen schon über 90 Prozent versorgt sein. Allein die Dienstleistungsgesellschaft Bitmarck, die sich für viele Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Ersatzkassen um deren IT-Infrastruktur und Software kümmert, hat bisher 20 Millionen Karten produziert und verschickt. Eine weitere Million soll bis Ende dieses Jahres folgen. Es entstehen nicht nur Kosten für die Produktion jeder einzelnen Karte, sondern auch für deren Postversand.

Bitmarck hilft den Krankenkassen, die hinter dieser Unternehmensgruppe stehen, bei der Planung und Produktion der Karten. Man kommt auf einen Marktanteil von etwa 34 Prozent an "einem der größten IT-Projekte in Deutschland“, wie Roland Schotten, verantwortlicher Projektleiter bei Bitmarck, sagt.

Die neuen Karten können nicht mehr als die alten

Man produziert sozusagen in die Zukunft hinein, denn aktuell können die neuen Karten auch nicht mehr als die alten. Das weiß man auch bei Bitmarck und setzt deshalb auf die baldige Umsetzung der ursprünglichen Intentionen der eGK: zum Beispiel überall schnell abrufbare Patienteninformationen, Notfalldaten, Erleichterung der Überweisungs- und Abrechnungsprozesse zwischen Arztpraxen, Krankenhäusern und Krankenkassen.

Bitmarck setzt dabei mehrere Software-Komponenten ein: KAMS = Kartenapplikationsmanagementsystem, VSDD = Versichertenstammdatendienst, PKI = Public Key Infrastructure und UFS = Update-Flag-Service. Andere Kartenhersteller wie AOK Systems oder Devrient setzen diese Tools ebenfalls ein, so dass alle ausgegebenen Karten über die gleichen Funktionsmerkmale verfügen.

Neue Kartentechnologie mit unausgeschöpftem Potenzial

Dabei wird heute eine grundsätzlich andere Kartentechnologie eingesetzt. Die alte Krankenversichertenkarte (KVK) verfügte lediglich über einen Speicherchip mit 256 Byte Speicherplatz, so dass nur minimale Versichertendaten abgelegt werden konnten. Auf der neuen eGK ist dagegen ein Prozessorchip mit mindestens 64 KB Speicherplatz eingebaut, der netzwerkfähig ist. Die Daten auf der Karte, die zur Identifikation des Versicherten mit einem Foto ausgerüstet ist, werden mit Zertifikaten und PIN beziehungsweise PUK geschützt. Allerdings können die PIN/PUK-Funktionen derzeit noch nicht verwendet werden.

Die Produktion der eGK basiert auf verschiedenen Software-Bausteinen.
Foto: Bitmarck

Wie Roland Schotten im Gespräch mit CIO.de Healthcare-IT anmerkt, sei man über die gegenwärtige Entwicklung und den Status-quo der eGK nicht gerade glücklich. Es sei schade, dass das Potenzial der Gesundheitskarte noch nicht ausgeschöpft sei. Von der Seite der Technologie aus habe man eigentlich alle Voraussetzungen für die Umsetzungen der ehrgeizigen Ziele geschaffen, die man mit der eGK erreichen wollte.

Die Bitmarck-Unternehmensgruppe, die vor fünf Jahren aus einem Zusammenschluss verschiedener IT-Dienstleister von Krankenkassen hervorging, hat sich als Dienstleister und Outsourcer im Bereich des Gesundheitswesens etabliert und gehört mittlerweile laut Lünendonk zu den 20 umsatzstärksten IT-Dienstleistern in Deutschland. 2010 erreichte sie auf der Lünendonk-Liste den Platz 11. Ihre Organisation ist in vier Bereiche aufgeteilt:

Der Gesundheitsdienstleister Bitmarck hat bereits einen der oberen Plätze auf der Lünendonk-Liste erobert. Weiteres Wachstum ist nur möglich, wenn neue Branchen erschlossen werden.
Foto: Bitmarck

Aufgrund der Gesellschafterverträge mit den Krankenkassen ist Bitmarck bisher dazu verpflichtet, ihre Arbeiten zu 95 Prozent den Gründungsträgern anzubieten. Lediglich fünf Prozent dürfen mit anderen Kunden abgewickelt werden. Dabei wäre es nur natürlich, die Dienstleistungen und Erfahrungen auch für andere Branchen zur Verfügung zu stellen.

Bitmarck beim externen Umsatz noch eingeschränkt

Es würde letztlich sogar den Krankenkassen selbst zu Nutze kommen, wenn Bitmarck weiter kontinuierlich wachsen könnte. Die neuen Umsätze würden der Stabilisierung des Unternehmens und auch internen und externen Kostensenkungen zu Gute kommen – nicht zuletzt zum Vorteil für die Krankenkassen. Bei den Verantwortlichen von Bitmarck wird bereits perspektivisch in diese Richtung gedacht - an die Eroberung neuer Märkte jenseits des Gesundheitswesens.