Beisetzung im kleinen Kreis

Das Ende von Business ByDesign

28.10.2013 von Steve Janata
Business ByDesign glänzt mit technischer Finesse, wurde aber am Markt vorbei konzipiert und hat bislang wenig Kunden gefunden. SAP baut auf HANA - und das ist richtig so.

In Redwood im Bundesstaat Kalifornien, USA, wurde dieser Tage über lautes Gelächter aus der Zentrale eines großen Softwareherstellers berichtet. Ein gewisser Larry E. konnte dort seine Häme nur schwer verbergen. Kurz zuvor hatte SAP - fast nebensächlich- erklärt, dass man Entwicklerressourcen neu allokieren werde, und zwar in Richtung SAP Hana. Übersetzt heißt das, dass die Entwicklung des einzigen Hoffnungsträgers Business ByDesign eingestellt wird. Lediglich die Wartung wird fortgeführt. Wie lange noch, ist allerdings unklar.

Dass diese Nachricht keine Schockwellen ausgelöst hat, hat drei Gründe:

1. Es gibt kaum Kunden die geschockt sein könnten.

2. Die Vertriebs- und Entwicklungspartner haben schon Großteils resigniert.

3. Der Finanzmarkt hat das Produkt als Umsatzhoffnung schon längst abgeschrieben.

Trotzdem stellt sich jetzt für die Kunden, die Business ByDesign eingeführt haben die drängende Frage nach einer Exit-Strategie. Denn Sie sollten auf keinen Fall den Beteuerungen von SAP Glauben schenken. SAP-Sprecher Daniel Reinhardt: "ByDesign ist und bleibt Teil der Produktpalette und wird als solche weiterentwickelt." Das klingt sehr verdächtig nach Sätzen wie: "Verteidigungsminister zu Guttenberg genießt mein vollstes Vertrauen". Das Ende in diesem Fall ist bekannt. Kunden von Business ByDesign sollten also schnell handeln.

Gründe für das Scheitern

Warum aber ist SAP mit Business ByDesign gescheitert? Entgegen vieler Mutmaßungen war und ist das Produkt technologisch nicht schlecht. Es ist für eine ERP-SaaS-Lösung sogar ziemlich gut. Das Problem ist aber einfach, dass es dafür einfach keinen Markt gab und gibt. SAP hat also einen Kardinalsfehler in der Produktstrategie begangen, man hat einfach keine, oder zumindest keine gute Marktanalyse gemacht. In dieser hätte nämlich jeder Marktbeobachter und Kenner niedergeschrieben, dass Unternehmen oberhalb einer gewissen Größe einfach nicht bereit sind, ihre Kernprozesse über einen solchen Standard abzubilden. Das ist heute so und das wird auch in naher Zukunft nicht anders sein.

Und Unternehmen, die dazu bereit sind, sind sehr klein und verfügen nur über die notwendigste IT. Ausgaben von über 100 Euro im Monat pro Arbeitsplatz und Einführungskosten von schnell über 10.000 Euro schrecken diese ab.

Kurzum Anbieter, Produkt und Kunden haben einfach nicht zusammengepasst. Das gibt es in der Wirtschaftsgeschichte immer wieder. Gerade erst hat Aston Martin angekündigt die Produktion seines Cygnet - ein leicht überarbeiteter Toyota IQ für 40.000 Euro - mangels Nachfrage einzustellen. Keine Schande also.

SAP sollte allerdings den Mut und die Größe haben einen sauberen Schnitt zu machen und offen zu kommunizieren. Es gibt wohl keinen Stakeholder der dies nicht goutieren würde. Die Salami-Taktik, die derzeit gefahren wird führt nur zu Verunsicherung.

Ist SAP jetzt also im Cloud-Business gescheitert? Nein, gewonnen ist aber auch noch nichts.

SAP-Cloud-Strategie

SAP hat in den vergangenen Jahren sukzessive sein Portfolio den Anforderungen der neuen digitalen Welt angepasst. Mittlerweile sind zahlreiche zentrale Module innerhalb der SAP-Welt als "On-Demand" Versionen erhältlich. Und SAP hat schon länger damit begonnen das Cloud-Portfolio durch Zukäufe massiv auszubauen. Hervorzuheben seien hier vor allem die Akquisitionen von Successfactors und Ariba. Das Portfolio hat in Sachen Cloud mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht. Das wirft allerdings auch neue Fragen auf und konfrontiert SAP mit ganz neuen Herausforderungen.

Denn der wirkliche Wert diese Akquisitionen für SAP und seine Kunden kann erst gehoben werden, wenn die Lösungen integriert sind. Und das ist alles andere als einfach. Das musste auch SAP selber schon feststellen.

Die zweite Herausforderung heißt Security. War das ERP-System früher innerhalb eines Unternehmens "abgekapselt", so hat diese Schale heute schon viele Risse und offene Stellen. Die zunehmende Vernetzung, Integration und die steigenden Anforderungen beim Thema Mobility werden Anwendern -und auch SAP selber- noch schlaflose Nächte bereiten. Vernetzungs- und Verletzungsgrad liegen eben nahe beieinander. SAP muss dem Markt jetzt beweisen, dass man in der Lage ist, dem Kunden durch die Integration der Cloud-Lösungen wirkliche Mehrwerte zu schaffen und die anstehenden Sicherheitsfragen zu lösen.

Und trotz all dieser Baustellen und Probleme. Die Strategie, die SAP eingeschlagen hat ist richtig. SAP lässt sich eben auch nicht mal mit jeder x-beliebigen SaaS-Company vergleichen, die auf der grünen Wiese einen Service entwickelt, der nicht integriert werden muss. Wenn man schon Vergleiche ziehen will, dann am ehesten mit Oracle. Und da sieht es auf der Cloud-Seite nicht wirklich gut. Man ist in Redwood sehr spät in Richtung Cloud gestartet, versucht jetzt allerdings mit zahlreichen Zukäufen wieder Boden gut zu machen.

SAP tut im Moment gut daran, sich auf Hana zu konzentrieren. Bietet doch die Plattform wirkliche Chancen auf organisches Wachstum. Zudem besitzt das Thema und das Produkt derzeit einiges an Schlagkraft. Wenn der erwartete Erfolg eintritt, wird auch das Lachen in Redwood sofort wieder verstummen. Denn signifikantes organisches Wachstum, das auf Innovationen zurückzuführen ist, das hat es bei Oracle schon seit langer Zeit nicht mehr gegeben.

Der Autor, Steve Janata, schreibt als Experte zu den Themen Cloud Markt & Wettbewerb, Cloud Security und Cloud Ecosystems. Als IT-Analyst beobachtet und bewertet er seit über 15 Jahren den IT-Markt. Er ist Managing Director von Crisp Research und engagiert sich politisch im Managerkreis der Friedrich Ebert Stiftung zum Thema Digitale Wirtschaft und Gesellschaft.