Die gesamten Umsätze, die indische Unternehmen 2004/2005 mit Software, IT-Dienstleistungen, Business Process Outsourcing (BPO) und Hardware generieren, belaufen sich auf rund 23,3 Milliarden Euro. Bis 2007 sollen sie auf 47 Milliarden Euro steigen.
Die Vormachtstellung Indiens im Outsourcing- und IT-Dienstleistungsbereich ist auf mehreren Pfeilern begründet. Einmal gibt es derzeit rund 700.000 IT-Fachkräfte in Indien. Das sind rund 25 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Bis 2007 soll sich diese Zahl auf rund 1,5 Millionen erhöhen.
Zum Vergleich: In Deutschland arbeiten gegenwärtig etwa 376.000 Beschäftigte in der IT.
Weitere Gründe für Indiens führende Rolle als Offshoring-Land liegen in den umfassenden Wirtschaftsreformen seit 1991 und in dem globalen Netzwerk, das indische Emigranten begründet haben und intensiv pflegen.
So werden rund 95 Prozent der internationalen Firmen im "indischen Silicon Valley", dem Software Technology Park (STP) in Bangalore, von Indern geleitet, die im Ausland gelebt und gearbeitet haben – und zwar überwiegend in den USA.
Bestes Outsourcing-Angebot
Aus Sicht von Deutsche Bank Research hat Indien nach wie vor das beste Outsourcing-Angebot. Nicht nur die immer noch niedrigen Löhne und Gehälter spielen eine Rolle. Auch die niedrigen Kosten für Rekrutierung und Training von Mitarbeitern, die Kosten für Firmeninfrastruktur und Arbeitsplatz sowie steuerliche Aspekte machen Indien zum günstigsten Offshore-Standort.
Ein Mitarbeiter kostet durchschnittlich rund 8.000 US-Dollar (6.650 Euro) pro Jahr. In Russland sind es schon rund 22.000 US-Dollar (18.300 Euro). Für den Auftraggeber kommen so leicht Einsparungen von 20 bis 40 Prozent zustande, wenn er sich für das Outsourcing nach Indien entscheidet.
Steigendes Lohnniveau
Doch Indien ist auf dem besten Weg von einem klassischen Niedriglohn-Land zu einem Land mit rasant steigendem Lohnniveau im IT-Bereich zu werden.
Grund sind fehlender Nachwuchs und hohe Abwanderungsraten bei den Anbietern von IT-Dienstleistungen und BPO. Jährliche Gehaltssteigerungen von zwölf bis 15 Prozent sind eher die Regel als die Ausnahme. Hinzu kommen die Kosten für "Wellness-Einrichtungen", wie etwa Parkanlagen, Restaurants, Fitness-Studios, Schwimmbäder oder Golfplätzen für die Mitarbeiter.
Damit sollen Abwanderung und Abwerbung verhindert werden. Denn in indischen Call-Centern beträgt die Fluktuation mehr als 50 Prozent pro Jahr, Bei den IT-Anbietern wechseln jährlich 15 bis 30 Prozent der Belegschaft, im BPO-Bereich sind es bis zu 40 Prozent.
Qualifizierter Nachwuchs fehlt
Verschärft wird das Problem durch fehlenden Nachwuchs. Nur rund zehn bis 20 Prozent der jährlich rund 130.000 Hochschulabsolventen im Ingenieursbereich kommen nach Schätzungen von Deutsche Bank Research für eine Fach- oder Führungsaufgabe im internationalen Geschäft infrage.
Dennoch liegen die Gehälter immer noch weit unter europäischen oder US-amerikanischen Standards. Verdient ein IT-Professional hierzulande zwischen 40.000 und 60.000 Euro, so liegt das Einkommen seines indischen Kollegen, der über ein bis zwei Jahre Berufserfahrung verfügt, bei rund 6.700 Euro. Berufseinsteiger verdienen auf dem Subkontinent etwa 5.500 Euro.
Diese Gehaltsstrukturen haben wohl auch dazu geführt, dass große westliche IT-Dienstleister wie Accenture, IBM Global Services oder EDS eigene Entwicklungskapazitäten in Indien aufgebaut haben. Sie konkurrieren sowohl um die einheimischen Arbeitskräfte als auch um ausländische Aufträge mit den indischen "Platzhirschen".
Indische Firmen mit erweitertem Angebot
Die allerdings reagieren und erweitern ihre Angebotspalette. Sie entwickeln sich immer häufiger weg von der einfachen Programmierung und schlichten IT-basierten Prozessen. Sie konzentrieren sich, wie ihre westlichen Konkurrenten, immer mehr auf Beratungsdienstleistungen. Zudem richten sie Dependancen und Büro in den USA und Europa ein.
Durch Zukauf kleiner und mittlerer Unternehmen können sie außerdem ihre Angebotspalette ausweiten und auf ein qualitativ höheres Niveau ausrichten.
Nicht zuletzt bauen die indischen Firmen zusätzliche Kapazitäten in anderen Schwellenländern wie Pakistan, Bangladesh, den Philippinen oder China auf. Hier bringt ihnen die kulturelle Nähe entscheidende Vorteile.
In der Publikation "Outsourcing nach Indien: der Tiger auf dem Sprung" zeigt Deutsche Bank Research aktuelle Tendenzen für den Standort Indien auf.