Die IT-Stories des Jahres

Das hat Techies 2017 bewegt

Kommentar  von Marc Ferranti und Florian Maier
Ein Mobiltelefon sorgte für offene Münder, eine Malware für bittere Tränen und Künstliche Intelligenz für Furore. Wir lassen das IT-Jahr Revue passieren.

Die Tech- und IT-Welt hatte im beinahe abgelaufenen Jahr vor allem mit IT-Security- und Datenschutz-Sorgen zu kämpfen: Globale Ransomware-Attacken und Cyberspionage beherrschten die Schlagzeilen. Unterdessen trug die vielbeschworene Künstliche Intelligenz (KI) zur Entstehung einiger der wichtigsten Trends des Jahres bei. Hier kommen die zehn Tech Stories des Jahres 2017.

Diese zehn Stories haben Tech-Nerds und IT'ler im Jahr 2017 vom Hocker gerissen.
Foto: Kaspar Grinvalds - shutterstock.com

Der iPhone-Meilenstein

Um Tim Cook wird wohl nie ein ähnlicher Personenkult entstehen, wie das bei Mastermind Steve Jobs der Fall war. Dennoch hat Apple unter Cooks Führung bislang einige Produkte auf den Markt gebracht, die als wegweisend für die Zukunft angesehen werden können. Zum Beispiel das iPhone X. Das wurde von einigen Kritikern ziemlich schnell als Luxusspielzeug für reiche Nerds abgestempelt und sorgte mit der neuen Gesichtserkennung Face ID vielerorts für Security-Sorgen und/oder Datenschutz-Empörung.

Nichtsdestotrotz: Die Konsumenten sind allem Anschein nach fasziniert vom Homebutton-losen Jubiläums-iPhone mit OLED-Display. Das iPhone X kann man also mit gutem Gewissen als Meilenstein bezeichnen. Als revolutionär allerdings nicht.

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Die Bitcoin-Rally

Die beliebteste aller Kryptowährungen - Bitcoin - hat seit ihrer Einführung durch den mysteriösen Entwickler Satoshi Nakamoto im Jahr 2009 zahlreiche Höhen und Tiefen durchlebt. Vor knapp vier Jahren erreichte der Bitcoin - getrieben durch Spekulanten und Tech-Pioniere - die 1000-Dollar-Marke. Nur um einige Jahre später wieder abzustürzen, weil Hackerangriffe auf Bitcoin-Börsen Sicherheitsbedenken schürten.

Das anonyme P2P-Zahlungssystem konnte sich aber trotz aller Widrigkeiten berappeln. Wobei das wohl etwas untertrieben ist. Im November 2017 pulverisierte der Bitcoin-Kurs die Marke von 10.000 Dollar, Anfang Dezember 2017 stand er bereits bei über 12.000 Dollar - und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Und selbst wenn die Blase irgendwann platzt: Bitcoin wird sich immer damit "rühmen" können, der Welt die Blockchain "kredenzt" zu haben.

Was ist was bei Blockchain, Bitcoin und Co.?
Ethereum
Eine weitere Kryptowährung, die auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Bietet eine Plattform für programmierbare Smart Contracts. Die "Ether" werden von Fans als legitime Nachfolger der Bitcoins angesehen (siehe auch obiges Bild).
Cryptlet
Von Microsoft für die Azure-Cloud entwickelter Service, mit dessen Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören. Cryptlets können als indvidualisierte Middleware auch von Azure-Anwendern selbst entwickelt werden - in jeder beliebigen Programmiersprache - und sollen die Brücke von der Blockchain hin zu neuen Business-Services in der Cloud schlagen.
Kryptowährung
Digitales Geld, ohne Münzen und Scheine. Mithilfe von Kryptografie wird ein verteiltes, sicheres und dezentralisiertes Zahlungssystem aufgebaut. Benötigt keine Banken, sondern Rechenpower und technische Hilfsmittel wie die Blockchain.
Blockchain
Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. <br /><br /> Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden.
Bitcoin Core
Die Open-Source-Software validiert die gesamte Blockchain und wurde Anfang 2009 von einem gewissen <a href="http://www.computerwoche.de/a/neue-hinweise-auf-moeglichen-urheber-von-digitalwaehrung-bitcoin,3220391" target="_blank">"Satoshi Nakamoto"</a> unter dem Namen "Bitcoin" veröffentlicht. Bitcoin Core war in C++ zuächst vor allem für Windows-Systeme programmiert worden. Wenig später folgte die Portierung auf GNU/Linux. Weil die Entwickler sich zerstritten, existieren mittlerweile einige Derivate der Bitcoin-Software, unter anderem Bitcoin XT, Bitcoin Unlimited oder Bitcoin Classic.
BigchainDB
Die "skalierbale Blockchain-Datenbank" kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität. Technische Grundlage ist die Blockchain-Technologie.
Distributed Ledger
Finanz-Fachbegriff für "verteilte Kontoführung". Bitcoin ist ein komplett neuer technischer Ansatz, um Informationen über bestimmte Zuordnungen zu verteilen. Es gibt hier kein klassisches Konto mehr, das zentral bei einer Bank geführt wird, sondern die "Kontoführung" basiert auf einem Netzwerk von kommunizierenden Systemen.
Smart Contract
Ein Computerprotokoll, das Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung eines Vertrags technisch unterstützten kann. Könnte künftig den schriftlichen Vertragsabschluss ersetzen.
R3CEV
Das Startup R3 CEV baut die blockchainbasierte "Global Fabric for Finance". Mit rund 50 Finanzpartnern soll die größte Blockchain der Welt entwickelt werden - ein erster Testlauf mit elf Großbanken, darunter Barclays, Credit Suisse, HSBC, UBS und UniCredit wurde bereits erfolgreich absolviert. R3CEV ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um Blockchain-Infrastruktur und -Technologie in der Azure Cloud entwickeln zu können.
Ripple
Ein Open-Source-Protokoll für ein Zahlungsnetzwerk - derzeit noch in der Entwicklung. P2P-Zahlverfahren und Devisenmarkt in einem, basiert auf der Kryptowährung "XRP". Ripple-Nutzer sind jedoch nicht auf diese eine Währung festgelegt, sondern können jede beliebige Währung verwenden - also beispielsweise auch Euro, Dollar oder Yen.

Malware eats World - Part I & II

An einem ganz normalen Freitag im Mai 2017 brach plötzlich die Hölle los: die Ransomware WannaCry befiel hunderttausende Windows-Rechner in mehr als 150 Ländern, verschlüsselte alle Daten und gab diese erst gegen Zahlung eines Lösegelds wieder frei. Die Kosten für Geschäftsausfälle gehen in die Milliarden. Für Furore sorgte auch die Aufbereitung des Hackerangriffs, als bekannt wurde, dass bei der WannaCry-Attacke ein geleaktes NSA-Hacking-Tool eingesetzt wurde, das von nordkoreanischen Cyberkriminellen weiterentwickelt worden war.

Eine Fortsetzung der Hacker-Horrorstory gab es einige Monate später: Die Nachfolge-Ransomware Petya nutzte exakt dieselbe Windows-Schwachstelle wie zuvor WannaCry. Unternehmen, die 2018 immer noch nichts von IT-Sicherheit halten, ist wohl nicht mehr zu helfen.

Putins Cyber-Cocktail

Ein Dokument, das im Januar 2017 an die Öffentlichkeit gelangte, beschuldigte Russland - beziehungsweise den russischen Präsidenten Putin "cyberkriegerischer Handlungen". Das lieferte auch die Grundlage für Beschuldigungen und Beschimpfungen, die Regierungen, Unternehmen und Politiker in Dauerschleife bis zum Jahresende untereinander austauschten.

Der Report selbst - die freigegebene Version eines Untersuchungsberichts von CIA, FBI und NSA - geht davon aus, dass Russland die Präsidentschaftswahl 2016 zu Gunsten von Donald Trump beeinflusst hat. Und zwar mit einem Mix aus staatlich beauftragten Cyberspionen, staatseigenen Medienhäusern und bezahlten Social-Media-Trollen.

Goodbye, Netzneutralität!

Nachdem Donald Trump Ajit Pai als Chef der US-Kommunikationsbehörde FCC eingesetzt hatte, versprach der postwendend, die Bestimmungen zur Netzneutralität aus dem Jahr 2015 rückgängig zu machen. Instant-Support bekam der emsige Trump-Supporter von zahlreichen Regulations-feindlichen Mitgliedern der GOP. Auch die zeigten sich davon überzeugt, dass der Wettbewerb schon dafür sorgen wird, dass die Preise nicht explodieren.

US-Demokraten und Netzaktivisten protestierten den Rest des Jahres und wiederholten unermüdlich, wohin diese Entscheidung ihrer Meinung nach führen wird: Provider verlangen von Webseitenbetreibern Gebühren für "priority routing", wodurch vor allem die kleine, innovative Unternehmen und Startups abgehängt werden.

Die Proteste blieben ohne Erfolg. Die FCC hat der Netzneutralität Mitte Dezember 2017 eine Abfuhr erteilt. Das dürfte auch Auswirkungen für den Rest der Welt haben, denn Regulatoren allerorts stehen vor ganz ähnlichen Entscheidungen und verfolgen die Entwicklung höchst interessiert.

Wenn der Fiskus zweimal klingelt

Unternehmen die weiterleben wollen, müssen Profit machen. Dennoch müssen sie auch Steuern zahlen. Meint zumindest die Europäische Kommission. Deshalb verfügte sie im Oktober 2017, dass Amazon Steuern in Millionenhöhe nachzahlen muss. Darüber hinaus stellte man auch ganz offiziell fest, dass die Republik Irland es jahrelang "verpasst" hatte, von Apple Steuern zu verlangen. Hier geht es um Milliardensummen.

Regulierungen zur Abführung der Mehrwertsteuer sollen künftig ebenfalls neu gefasst werden, wovon sämtliche Unternehmen betroffen sein werden, die in der EU Online-Handel betreiben. Für multinationale Unternehmen, die in Europa tätig sind und die Abführung ihrer Steuern "optimieren" wollen, lassen diese Entwicklungen Alarmglocken schrillen. Schließlich sollen die Steuern künftig nicht mehr an den Ort der Bereitstellung von Gütern oder Services geknüpft sein, sondern an den Sitz des Unternehmens selbst.

Neu entflammter Kampf ums alte Monopol

Intels skalierbare Prozessoren-Familie Xeon markierte im Juli 2017 den größten Fortschritt, den das Unternehmen in der letzten Dekade mit seiner Data-Center-Plattform gemacht hat. Und die Ankündigung kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn Intel hat den Markt für Server-Chips über Jahre mit Marktanteilen von teilweise deutlich über 90 Prozent dominiert.

Bedingt durch den permanent steigenden Cloud-Traffic und riesige KI-Datensätze sehen sich die Betreiber von Data Centern und die Hyperscale-Web-Provider inzwischen aber auch nach Alternativen um. Und bei den Wettbewerbern gibt es einiges zu sehen: AMDs Epyc SoC auf x86-Grundlage zum Beispiel oder Qualcomms Centriq 2400 auf ARM-Basis. IBMs Power9 nicht zu vergessen.

Es werden noch einige Monate ins Land ziehen, bevor erste Marktzahlen aufschlagen, aber es sieht alles nach dem Beginn eines neuen Zeitalters für Systemprozessoren aus.

Die autonome Datenbank

Enterprise-Kunden dürften sich daran gewöhnt haben, dass Oracle-CEO Larry Ellison den Mund gerne auch mal etwas zu voll nimmt. Seine Ankündigung auf der OpenWorld im Oktober 2017 war allerdings tatsächlich gewaltig. Denn die Autonomous Database Cloud (auf Basis der Oracle Database 18c) eröffnete einen Blick in eine Zukunft, wo Maschinen sich - völlig ohne menschliche Interaktion - selbst reparieren.

Die Datenbank soll KI-Techniken nicht nur dazu nutzen, sich selbst zu warten, sondern auch um Workloads zu optimieren und Security-Patches zu installieren - bei einer Downtime von gerade einmal 30 Minuten pro Jahr. Finden Sie mal einen Menschen mit solchen Ausfallzeiten.

Social-Media-Giganten vs. Fake News

Im Zuge der Enthüllungen über die russische Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl 2016 wurde auch bekannt, dass Social-Media-User bezahlt wurden, um gezielt Falschmeldungen in Umlauf zu bringen. Das hatte zur Folge, dass sich Facebook, Google und Twitter im November 2017 in einer Anhörung vor dem US-Kongress verantworten mussten. Dabei ging es insbesondere darum, wie die Social-Media-Netzwerke der Tech-Giganten und ihre Dynamiken die Verbreitung von Fake News begünstigen konnten.

Die Geschichte der Sozialen Medien
Die Geschichte der Sozialen Medien
Social Media - die Entwicklung verändert die Welt.</br></br> Quellen: IDC, MediaBistro.com, Gartner, Forbes.com, SixRevisions.com, ViralBlog.com, InstantShift.com, CopyBrighter.com, Mashable.com, uncp.edu, FindAndConver.com
1969:
Compuserve</br> Arpanet
1971:
Die erste E-Mail
1988:
Internet Relay Chat (IRC)
1989:
Wide Web (WWW) „geboren“ am CERN
1991:
Erste Website von Tim Berners-Lee
1993:
Mosaic-Browser
1994:
Der erste Blog (Justin´s Link)
1995:
GeoCities (Personal-Homepage-Service)
1996:
ICQ (freie Messaging-Software)
1998:
Google-Suchmaschine
2002:
Friendster
2004:
Facebook (in Harvard)</br>Flickr
2008:
Das erste iPhone
2011:
56 Millionen Twitter-Nutzer</br>550 Millionen Facebook-Nutzer</br>Google+
2012:
Eine Milliarde Facebook-Nutzer</br>500 Millionen Twitter-Nutzer</br>400 Millionen Google+-Nutzer</br>2,4 Milliarden Internet-Nutzer</br>6 Milliarden Mobiltelefonverträge

Facebook-CEO Mark Zuckerberg hatte noch 2016 den Effekt von Fake News auf die US-Präsidentschaftswahl heruntergespielt - inzwischen wurde aber immer offensichtlicher, in welchem Ausmaß Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken kulturellen und politischen Hass auf der ganzen Welt geschürt haben. Und weiter schüren.

Auch in Frankreich und Deutschland wurden auf Betreiben der Politik (Achtung, Wahljahr!) verschiedene Initiativen zur Bekämpfung von Fake News auf den Weg gebracht.

Initialzündung für das autonome Fahren?

Die Übernahme von Mobileye dürfte den Chip-Riesen Intel zum Marktführer auf dem Wachstumsmarkt für autonome Fahrzeuge aufsteigen lassen. Die Konkurrenz ist groß: Auch Google, Apple und Tesla haben große Ambitionen, wenn es um selbstfahrende Autos geht. Außerdem unterstreicht die Akquisition nicht nur die Bedeutung der Künstlichen Intelligenz, die gebraucht wird um die Fahrzeuge zu navigieren, sondern auch die Bereitschaft der Tech-Unternehmen, für vielversprechende Technologien eine ganze Menge Asche locker zu machen - insbesondere wenn es um Machine Learning und Mobile geht.

Mit Material vom IDG News Service.