Mainframe-Markt

Das Imperium schlägt zurück

10.01.2005 von Andrea Goder
Immer wieder totgesagt, erlebt der Mainframe derzeit ein Revival. Nicht neue Kunden beleben das Geschäft, sondern IT-Konsolidierung und die Weiterentwicklung der Großrechner zu E-Business-Plattformen.

Für die einen dürfte es ihn schon längst nicht mehr geben, für die anderen ist er der Inbegriff für Sicherheit und Verfügbarkeit. "Selbst IBM hat Anfang der 90er-Jahre den Glauben an den Mainframe verloren", behauptet Josh Krischer, Research Director Enterprise Systems and Storage von Gartner Deutschland. Insbesondere die Inflexibilität der Hersteller war einer der Gründe, warum "Big Iron" von vielen als veraltete Technologie gehandelt wurde. Doch seit vier Jahrzehnten behauptet er sich im Markt.

Big Blue meldet als der mit Abstand wichtigste Hersteller von Großrechnern seit mehreren Quartalen zweistellige Zuwachsraten. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2004 lagen IBMs weltweite zSeries-Umsätze um 30 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Folgt man den Schätzungen von Marktforschern, so setzte diese IT-Sparte im Jahr 2003 knapp fünf Milliarden Dollar um.

Doch IBMs steigende Verkaufszahlen spiegeln nicht unbedingt die Entwicklung in Deutschland wider. Laut Techconsult haben deutsche Unternehmen 2003 rund 830 Millionen Euro für Mainframe-Hardware ausgegeben - 5,4 Prozent mehr als noch im Vorjahr. 2004 soll das Plus bei 2,6 Prozent liegen. Bei Software auf der Mainframe-Plattform belief sich der Umsatz in Deutschland in 2003 auf etwa 780 Millionen Euro.

Deutlich darunter bewegte sich aufgrund nur wenig neuer Projekte das Servicegeschäft mit einem Volumen von 420 Millionen Euro. Europaweit ist bei den Hardwareverkäufen auf längere Sicht mit einem Rückgang zu rechnen. So erwartet etwa das US-Marktforschungsinstitut Gartner, dass bis 2008 der europäische Markt jährlich um zwei Prozent schrumpfen wird.

National wie international haben heute wenige Akteure den Mainframe-Markt fest im Griff - allen voran US-Riese IBM, auf den über zwei Drittel der weltweiten Großrechnerumsätze entfallen. Von rund 1200 Mainframe-Anwendern in Deutschland setzen Marktforschern zufolge knapp 1000 IBM-Systeme ein. Unisys, einer der kleinsten Mainframe-Anbieter, betreut 40 Anwender hierzulande. Platz zwei beim Umsatz in Deutschland reklamiert unter den verbliebenen Anbietern Fujitsu Siemens mit rund 25 Prozent Marktanteil für sich.

Überschaubar präsentiert sich der Markt auch in Bezug auf neue Kunden. "Das Mainframe-Geschäft ist ein Bestandskundengeschäft", sagt Bruno Billeter, Marketing-Manager bei Unisys. Auch IBM muss einräumen, weltweit jährlich nur eine Hand voll neuer Kunden zu rekrutieren. Doch die stetig kleiner werdende Zahl an Anwendern, darunter Banken, Versicherungen, Behörden und Dienstleistungsunternehmen, rüstet ihre Altsysteme mit immer höherer Rechnerleistung auf.

Mainframe immer noch die beste Plattform

Was aber sind die Gründe, die dem "Oldie" unter den Rechnern in einem schwierigen IT-Markt zu neuem Wachstum verhelfen? "Die Kunden haben verstanden, dass der Mainframe die beste Plattform in puncto Skalierbarkeit, Sicherheit, Verfügbarkeit und Funktionalität ist", betont Krischer. Mit der Entwicklung von E-Business-Applikationen, etwa Online-Buchungen oder -Bestellabwicklung, sind Großrechner konkurrenzfähig mit Systemen wie Unix oder x86.

Außerdem laufen Großrechner heute nicht mehr nur auf herstellereigenen Betriebssystemen, sondern entwickeln sich immer mehr zu heterogenen IT-Systemen, die beispielsweise auf Linux aufsetzen und JavaApplikationen lauffähig machen. Auch optimierte Betriebskosten lassen die Systeme attraktiv erscheinen. "Der Return-on-Assets ist heute ein wichtiger Faktor", betont Peter O'Neill, Analyst bei Meta Group. So liege die Auslastung bei Mainframes zwischen 80 und 90 Prozent, Unix-Server dagegen erreichten nur 30 Prozent, Windows-Server 20 Prozent.

On Demand soll Umsatz steigern

Mit Software-on-Demand-Paketen versuchen die Hersteller zurzeit, ihre Mainframe-Strategie zu erweitern. Bei diesem Lizenzierungsmodell werden die Spitzen und Flauten im Transaktionsaufkommen von einer Steuerungssoftware erfasst, und der Kunde bezahlt nach bezogener Leistung. Dass die Hersteller die größten Margen mit Softwarelizenzen erzielen, steht für Analysten außer Frage. Der Preisverfall bei Mainframe-Hardware liegt dagegen laut Forrester Research bei 15 bis 20 Prozent jährlich.

Stark rückläufig ist auch die Zahl der Großrechnerspezialisten. Erst im Oktober startete IBM eine Initiative mit dem Ziel, gemeinsam mit Universitäten bis 2010 weltweit 20 000 Mainframer auszubilden. Dass dieser Bedarf besteht, davon sind die Verfechter des Großrechners überzeugt. "Es gibt kein einziges Feature, das auf einer anderen Plattform kommen wird, was es nicht auch schon auf dem Mainframe gibt", behauptet Krischer. Andere Marktbeobachter können sich alternative IT-Architekturen vorstellen: "Auf Zehn-Jahres-Sicht werden sich eher Blade-Infrastrukturen oder Server-Farmen durchsetzen", glaubt O'Neill. Der Meta-Group-Spezialist räumt allerdings ein, dass viele Firmen aus Kosten- und Komplexitätsgründen noch sehr viel länger an ihren Mainframes festhalten müssen.