Es ist sicher eine der kuriosesten Entwicklungen des vergangenen Jahres: Das iPad, wiewohl von Apple ausdrücklich als Consumer-Gerät annonciert, eroberte sich dessen völlig ungeachtet und in Windeseile das Business. Nicht nur Manager und Digital Natives wollen den Tablet-PC unbedingt auch für die Arbeit haben; selbst CIOs und IT-Abteilungen sahen schnell ein Potenzial für das Gerät in der unternehmenseigenen IT. Dieser überraschende Hype brachte Analysten und Zukunftsforscher rasch dazu, ihre zunächst wenig euphorischen Erstbewertungen in Megatrends zu mehr mobilem Arbeiten umzumodeln.
Für die Unternehmens-IT bleibt die Einführung von Tablet-PCs trotz der grundsätzlich positiven Haltung diesen Geräten gegenüber kein einfaches Thema. iPhone und iPad wollen in die IT-Infrastruktur integriert, Sicherheitsfragen beantwortet und Unternehmensanwendungen an die neuen Geräte angepasst werden. Das ist ein Haufen Arbeit, zumal Apple aufgrund seiner anhaltenden Orientierung auf technik-affine Endkunden es seinen Unternehmensanwendern nicht eben leicht macht.
Mit dem Apple’s iPad im Enterprise-Einsatz beschäftigt sich ein Buch aus dem Springer-Verlag. Mit dem Herausgeber der Bild-Zeitung hat der Verlag - trotz des falschen Apostrophs im Titel - nichts zu tun. Diesen Fehler macht ja heutzutage jeder Friseurladen.
Die drei Autoren - Fachleute mit unterschiedlichen Qualifikationen aus mehreren Systemhäusern - beschäftigen sich mit der Frage, "welche Auswirkungen der Trend ‚iPad’ (...) auf die interne IT und die Geschäftsapplikationen in Unternehmen haben wird". Dabei beleuchten sie "kritische Themen" wie IT-Sicherheit, Unternehmensbebauung und Software-Architektur. "Diese Betrachtungen", heißt es im Vorwort, "basieren auf den praktischen Erfahrungen aus der Umsetzung erster Anwendungsfälle mit dem iPad im Unternehmenseinsatz". Diesen praktischen Bezug des Buches unterstreicht Audi-CIO Klaus Straub, der dem Werk ein Geleitwort voranstellt. Straub hatte vor wenigen Wochen als einer der ersten IT-Leiter weltweit ein Pilotprojekt zum Unternehmenseinsatz des iPad gestartet.
Auf den ersten knapp 50 des mit 137 Seiten doch recht überschaubaren Buches beschäftigen sich die drei Autoren mit der Motivation für die Einführung des iPads, beschreiben Anwendungsfälle für den Tablet-PC, lassen sich über die Bedienphilosophie des Gerätes aus und erläutern die Hardware- und Software-Eigenschaften des Geräts. Angesichts der Tatsache, dass kaum jemand so richtig davon überzeugt werden muss, das iPad irgendwie cool zu finden, erscheint dieser Umfang etwas überdimensioniert.
Auf der anderen Seite ist es nicht verkehrt, sich praxisnah und gründlich wie die Autoren mit unterschiedlichen Funktionen und Szenarien einmal ausführlich zu beschäftigen. Bei allem Hype kann es ja trotzdem passieren, dass der ein oder andere Firmenchef seine Erwartungen an die Nützlichkeit solcher Geräte explizit formuliert. Dann schadet es nicht, konkrete Aussagen dazu in der Hinterhand zu haben.
Entwicklungsprozesse und Anforderungsanalysen
Interessanter für CIOs und IT-Leiter ist der zweite Teil des Buches, in dem sich die Autoren mit der Integration des iPads in die Unternehmens-IT beschäftigen. Hier setzen sie sich detailliert und praxisorientiert mit den Entwicklungsprozessen und Anforderungsanalysen sowie damit auseinander, "was sich in den einzelnen Phasen und Fachgebieten eines Software-Entwicklungsprozesses ändern muss". Mit diesen Kapiteln richten sich die Autoren explizit an Entwickler, IT-Architekten und Projektleiter.
Das Kapitel Sicherheit beleuchtet dagegen eher strategisch die Sicherheitsfunktionen und -einschränkungen des iPads und beschäftigt sich mit unterschiedlichen Bedrohungsszenarien. "Welche Gefährdungen der Einsatz des iPad im Unternehmen mit sich bringt, muss jedes Unternehmen für sich selber entscheiden", heißt es dazu aber dann sehr allgemein im Text. Das ist zwar einerseits durchaus richtig, zeigt andererseits aber auch das Dilemma auf, vor dem die Branche steht: Apple selber verhält sich Unternehmenskunden und deren Bedürfnissen gegenüber nämlich wenig kooperativ. Das Umsetzen firmenweiter Sicherheitsregeln ist deshalb nur umständlich möglich. Dafür allerdings können die Autoren nichts. Sie versuchen, aus diesem Dilemma mit ihren allgemeinen Hinweisen das praktisch Beste zu machen.
Das Buch endet mit Kapiteln über die Wirtschaftlichkeit des iPad-Einsatzes sowie über Einsatzmöglichkeiten für das iPad und wagt zum Abschluss einen Ausblick auf die Konkurrenz. Diese insgesamt 14 Seiten sind ähnlich schwierig wie die Einstiegskapitel: Die Frage ist wieder, wen man damit überzeugen möchte angesichts eines Hypes, der nach Wirtschaftlichkeit und Einsatzszenarien - wenn überhaupt - ganz am Ende fragt. Besonders die Übersicht über die Konkurrenz ist in Buchform zudem mehr als zweifelhaft. Der Markt ändert sich so schnell, dass er sich für das Verewigen zwischen Buchdeckeln schlicht nicht eignet. Und so wirkt es am Ende ein wenig wie Seitenschinderei, was die drei Autoren da zusammen tragen.
Fazit: Längen und praktischer Nutzen
Anfang und Ende von "Apple’s iPad im Enterprise-Einsatz" wenden sich an Leser, die jemanden kennen, der erst noch vom Unternehmenseinsatz des iPads überzeugt werden muss. Wo immer man solche Leute finden mag. Für diese Randzielgruppe bringen die Autoren dann aber mehr als hinreichend Argumente vor, laufen überall sonst jedoch offene Türen ein. Der Mittelteil des Buches ist seine eigentliche Stärke, weil es hier konkret in die Unternehmensprozesse, -analysen und -entscheidungen einsteigt, die nötig sind, um das iPad produktiv einsetzen zu können. Wer sich damit ausführlich beschäftigt, ist daher ein willkommener Leser.
Für die aktuelle Berichterstattung über das iPad und seine Mitbewerber - das räumen selbst die Autoren ein - ist das Buch nur wenig geeignet: "Die Welt dreht sich weiter, noch während man schreibt". Da empfehlen wir Ihnen an dieser Stelle dringend das Medium, das Sie sowieso gerade schon lesen: CIO.de mit seinem Knowledge Center Mobile IT.
Florian Oelmaier, Jochen Hörtreiter, Andreas Seitz: Apple’s iPad im Enterprise-Einsatz. Springer Verlag Berlin Heidelberg, 2011. ISBN-10: 3642154360, ISBN-13: 978-3642154362. 137 Seiten, Preis: 39,95 Euro