Apple hat mit dem iPhone 4S das jährliche Update seines Smartphone-Portfolios vorgestellt. Auf den ersten Blick ist das Gerät allerdings schwer zu erkennen, optisch gleicht es dem Vorgänger nahezu komplett. Lediglich seitlich sind jeweils zwei Gummi-Begrenzungen im Alurahmen eingelassen, diese sollen wohl das Empfangsproblem des iPhone 4 in den Griff kriegen. Ansonsten bleibt vieles gleich: Wieder gibt es ein Retina-Display, dessen berührungsempfindlicher Touchscreen eine Bildschirmdiagonale von 8,89 cm aufweist und Inhalte mit 960 x 640 Pixeln anzeigt. Die Darstellung der Inhalte ist dabei gewohnt gut. Allerdings wirkt das iPhone 4S im Vergleich mit der Konkurrenz beinahe schon winzig. Zum Vergleich: Das Android-Topmodell Samsung Galaxy S II besitzt einen Bildschirm mit 10,85 cm Diagonale, das Windows-Phone-7-Gerät HTC Titan bringt es sogar auf 11,9 cm.
Deutlich mehr hat sich im Inneren geändert: Das iPhone 4S setzt nun wie das iPad 2 auf den A5-Chipsatz, der einen Dual-Core-Prozessor mitbringt. Interessant ist, dass Apple den Prozessor mit lediglich 800 MHz taktet - von den Spezifikationen her wären bis zu 1,2 GHz drin. Scheinbar soll so der Akkuverbrauch gebessert werden. In der Praxis wirkt sich das etwas aus.
In der Praxis bemerkt man die Verbesserungen nur bedingt: Apps und Funktionen laufen gewohnt schnell ab, das Smartphone reagiert wie immer flink auf Eingaben. Allerdings haben Spielehersteller wie Epic bereits Anwendungen angekündigt, welche den Prozessor deutlich mehr fordern sollen. Die Laufzeit ist ein wenig besser, spätestens jeden zweiten Tag muss das Smartphone aber an die Steckdose - die Ausdauer eines Blackberry ist hier noch ein Wunschtraum. Eine große positive Änderung ist die Kamera: Endlich lassen sich anständige Fotos aufnehmen. Der Grund ist die neue 8 Megapixel-Kamera, der gute Linsen zur Seite stehen.
Download-Raten von bis zu 14,4 MBit/s möglich
Einer der weiteren Haben-Punkte, den Apple auf der Webseite erwähnt, ist der Punkt "Welttelefon". Dahinter verbirgt sich lediglich eine Quad-Band-Funktion, sprich, Apple stellt für die USA kein separates CDMA-Gerät zur Verfügung. Für in Europa gekaufte Geräte ist dieser Punkt hinfällig, da diese sowieso mit GSM funken - und da es solche Netze auch in den USA gibt, konnten auch vor dem iPhone 4S europäische Apple-Smartphones in den USA telefonieren. Interessant ist dagegen das neue 3G-Modul. Damit sind theoretische Download-Raten von bis zu 14,4 MBit/s möglich. Das klappt allerdings nur, wenn der jeweilige Mobilfunkbetreiber sein Netz auch ausgebaut hat.
Überhaupt gibt es die größten Änderungen im Inneren: Das liegt in erster Linie am neuen Betriebssystem iOS 5. Apple hat zahlreiche Änderungen vorgenommen, neue Funktionen eingeführt und Fehler behoben. Beispielsweise kann man nun auf eine Mitteilungszentrale zugreifen. Wie bei Android wird diese vom oberen Bildschirmrand heruntergezogen und zeigt aktuelle Termine, neue Mails oder Meldungen von Apps. Das ist gut gemacht und bietet einen schnellen Zugriff auf relevante Daten.
Was das neue iOS 5 kann
Kurznachrichten werden nun ebenfalls praktischer: Mit iMessage ist in Instant-Messaging-Service direkt in die Nachrichtenzentrale integriert. Der Vorteil hierbei: Erkennt das iPhone, dass es sich beim Gegenüber um ein iOS-Gerät handelt, wird die Nachricht per Internet-Dienst geschickt und nicht über die SMS-Gateways. Es fallen aber keine Zusatzkosten an, zudem sieht man, wenn das Gegenüber die Nachricht gelesen hat oder selbst tippt. Auch Bilder lassen sich mit dem Dienst deutlich einfacher (und billiger) als per MMS verschicken. iMessage ist Teil von iOS 5, steht also per Software-Update für alle aktuellen Apple-Produkte zur Verfügung.
Wichtige Daten kann das Smartphone nun auch mit dem Cloud-Dienst iCloud abgleichen, dieser ersetzt den Apple-Dienst MobileMe. Das gilt allerdings nur für Einstellungen, Kontakte, Bilder oder Mails - Musik oder gar Videos, selbst wenn sie in iTunes gekauft wurden, können aufgrund von Rechteproblemen mit der GEMA nicht abgeglichen werden. Weitere Informationen zu iCloud finden Sie in diesem Artikel unserer Schwesterzeitschrift TecChannel.
Liest man englische Testberichte über das iPhone 4S, dann überschlagen sich die Autoren stets vor Freude über eine App namens Siri. Dabei handelt es sich um eine Spracherkennung, mit der Apple die Bedienung vereinfachen will. Siri schreibt SMS und E-Mails, erstellt Kalendereinträge und stellt Wecker oder Timer, wenn man die Home-Taste länger drückt. Die Spracherkennung klappt dabei recht gut, solange man mit der Dame lediglich Deutsch spricht.
Siri - Stärken und Schwächen
Im Test scheiterte sie beispielswiese mit schöner Regelmäßigkeit daran, Bands mit englischen Namen abzuspielen. Außerdem fehlt auch hier eine wichtige Komponente: Anders als die US-Version kann die deutsche Siri nicht auf externe Dienste zugreifen. Wenn also die US-Siri ihnen bei einem Pizzahunger die nächsten italienischen Restaurants zeigen kann, quittiert das deutsche Pendant dies lediglich mit einem "OK". Zwar befindet sich die Software ist noch in der Beta-Phase, dennoch wirkt Siri auf Deutsch sehr unrund und irgendwie Apple-untypisch.
Siri ist übrigens eines der wenigen Features, die dem iPhone 4S vorbehalten sind. Dabei dürfte es sich in erster Linie um eine Marketingentscheidung handeln. Das Siri eine aktive Internetverbindung voraussetzt, dürfte ein Großteil der Arbeit in der Cloud erledigt werden. Diese Vermutung wird von der Tatsache unterstütz, dass findige Bastler Siri bereits auf iPhone 4 und iPod Touch portiert haben - allerdings nur auf Geräte mit Jailbreak. Die ursprüngliche Software, der Siri App Assistant, lief ebenfalls auf iPhone 4 und iPhone 3GS.
Siri funktioniert auch bei Kennwortsperrung
Ein wichtiger Hinweis: Siri funktioniert zum Teil auch, wenn das Smartphone eigentlich durch ein Kennwort gesperrt ist. Das ist kein Versehen, sondern eine Designentscheidung von Apple - der Nutzer soll möglichst schnell Zugriff auf Siri haben. Wem der Gedanke unwohl ist, dass wildfremde per Siri E-Mails absetzen können, der kann die Funktion in den Einstellungen - Allgemein - Code-Sperre abschalten.
Das Fazit für das iPhone 4S ist einfach
Apple hat im Grunde eine solide Neuauflage des iPhone 4 abgeliefert. Nahezu alle Funktionen, die man im Alltag nutzt, erhält man auch mit dem Vorgänger und dem Update auf iOS 5. Die Ausnahme ist Siri, was sich aber in Deutschland aufgrund der fehlenden Funktionen und der Verständigungsprobleme verschmerzen lässt. Für Firmen ändert sich mit dem neuen Gerät wenig: Wer bereits eine Infrastruktur für die Verwaltung besitzt, der kann auch das iPhone 4S einbinden (sofern iOS 5 unterstützt wird).
Wer also sollte sich das neue Gerät kaufen - von Apple-Jüngern abgesehen? Interessant ist es für Nutzer, die aktuell in iPhone 3GS oder früher besitzen und die das neue Smartphone im Rahmen eine Vertragsverlängerung erhalten können. Andererseits ist das vielleicht auch eine gute Gelegenheit, einen Blick auf die Konkurrenz zu werfen. Sowohl Android wie auch Windows Phone 7 oder Blackberry OS 7 können als Betriebssysteme dem iPhone inzwischen Konkurrenz machen. Und Geräte wie das Samsung Galaxy S II, das neue Nokia Lumia, der Blackberry Torch 9860 oder das HTC Sensation XE müssen sich auch vom Design her nicht hinter Apple verstecken.
Tipp der Redaktion: Erfahren Sie noch mehr über das iPhone 4S und andere Apple-Produkte. Bestellen Sie noch heute den CIO Mobile IT Newsletter.