Die Trends 2012

Das iPhone und die Zukunft von iOS

18.01.2012 von Clemens Fetzer und Patrick Woods
Die größte Überraschung beim iPhone 4S war die Tatsache, dass es kein iPhone 5 ist. Doch das iPhone 5 wird kommen!

Das Aussehen und die technischen Details kommender iPhone-Generationen gehören vielleicht zu den begehrtesten und bestgehüteten Industriegeheimnissen der Elektronikbranche. Dies sorgt für eine Konjunktur der Kaffeesatzleser und Glaskugelbetrachter. Für das iPhone des Jahrgangs 2011 standen die vermeintlichen Eckdaten schon im Sommer fest: flacher, größer und mit abgerundetem Metallrücken. Das Ergebnis ist bekannt.

Woher die Gerüchte stammen

Neben Spekulationen gibt es zu kommenden iPhone-Modellen tatsächlich gelegentlich valide Hinweise, beispielsweise aus Zuliefererkreisen. Die kennen zwar meistens nur ein einziges Bauteil eines neuen Gerätes, aber aus dessen Spezifikationen lässt sich oft etwas ableiten. Die Hersteller erhalten die Pläne jedoch erst zum Start der Massenfertigung, die nur wenige Monate vor der Markteinführung beginnt.

Gerüchte

- Größeres Display

- LTE-Funk

- Nahfeldfunk (NFC)

- A6-Prozessor

- Runde Rückseite

Auch Hüllenhersteller geben kurz vor der Vorstellung einer neuen Generation konkrete Hinweise. Einige erhalten die äußeren Abmessungen doch geraume Zeit vor der offiziellen Präsentation. Eine weitere beliebte Quelle sind Mitarbeiter von Mobilfunkanbietern. Einer kleinen Zahl von ihnen stellt Apple ein Vorseriengerät zum Testen zur Verfügung - kurze Zeit vor dem Marktstart. All diese potenziellen Informanten müssen jedoch strenge Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben. Und noch etwas haben diese Quellen gemeinsam: Erst wenige Wochen vor der Vorstellung eines Gerätes haben sie tatsächlich konkrete Informationen, die nicht nur den wenigen Entwicklungsingenieuren bekannt sind. Und so kommt es zu Situationen wie im Oktober nach Vorstellung des iPhone 4S: Einige Händler hatten bereits zahlreiche der in China angebotenen Hüllen für das iPhone 5 bestellt und blieben anschließend darauf sitzen. Auf der chinesischen Handelsplattform Alibaba.com kann man derzeit immer noch Hüllen für das "iPhone 5" kaufen.

Bei dieser Gemengelage mischen sich Fehlinformationen mit Spekulationen und validen Hinweisen. Im Spätsommer 2011 rechnet die Mehrheit der Beobachter mit dem völlig überarbeiteten "iPhone 5" - und ist vom iPhone 4S enttäuscht. Anschließend macht das Gerücht die Runde, dass Apple zwar tatsächlich ein solches komplett neues iPhone in der Schublade gehabt habe, dieses aber letztlich verwarf. Diese Theorie scheint möglich, ist aber zweifelhaft. Dabei gibt es trotz aller Geheimnisse einige Muster und technische Zwänge, die bestimmte Vorhersagen mehr oder weniger wahrscheinlich machen.

iPhone-Produktzyklus

Apple kalkuliert vollständige Produktzyklen mit zwei Jahren - der typischen Laufzeit vieler Mobilfunkverträge. Im Jahr 2012 wäre demnach ein deutlich überarbeitetes iPhone fällig.

Dass das iPhone mit jeder Generation etwas oder gar deutlich schneller wird, ist Routine und dürfte somit auch für das kommende Modell gelten. Im Gespräch ist ein neuer ARM-basierter Chip von Apple, der A6 heißen könnte. Er soll vier CPU-Kerne und eine deutlich schnellere Grafikeinheit mitbringen.

Zwischen dem iPhone 4 und dem 4S ist der wichtige Arbeitsspeicher mit 512 Megabyte unverändert geblieben. Dieser macht sich in der Geschwindigkeit, beim Multitasking, der Stabilität von Apps und an vielen anderen Stellen bemerkbar. Ein Update auf ein Gigabyte wäre hier sinnvoll.

Wie wird das iPhone heißen?

In den Medien heißt die kommende Generation schon sicher "iPhone 5". Dies klingt logisch, würde aber gegen Apples bisherige Nomenklatur beim iPhone verstoßen. Denn das iPhone 5 wäre eigentlich schon die sechste Generation des Apple-Smartphones. Das iPhone 3GS hat Apple vor dem iPhone 4 ebenfalls als echte Generation mitgezählt. Gleiches sollte auch für das iPhone 4S gelten. Womöglich schafft Apple den Namenszusatz komplett ab. Denn ein "iPhone 9" oder "iPhone 13" klingt ohnehin nicht mehr elegant.

Der Smartphone-Markt wird weiter wachsen

Es ist kein Hexenwerk vorherzusagen, dass der mobile Markt weiter wachsen wird.

Der gesamte mobile Markt wird laut IDC um 23 % steigen und somit 43 % des weltweiten IT-Wachstums für sich beanspruchen. Grund hierfür ist unter anderem die Prognose von 700 Millionen verkauften Smartphones (+34 %) weltweit. Somit werden fast doppelt so viele Smartphones verkauft wie PCs. Eine nicht zu verachtende Konsequenz daraus wird sein, dass sich Entwickler noch mehr dem Programmieren von Apps für mobile Operationssysteme zuwenden werden, da in diesem Bereich mehr Umsätze zu erwarten sind.

Größerer Bildschirm bei iPhone

Ein altbekanntes Gerücht über die nächste iPhone-Generation ist ein größerer Bildschirm. Gerüchte-Blogs verbreiten die Meldung, dass Apple aktuell iPhone-Treiber mit höheren Auflösungen teste und berufen sich dabei auf Entwickler. Die derzeitige Auflösung des Retina-Displays liegt bei 960 mal 640 Pixel. So sollen Spuren auf Auflösungen von 1280 mal 720 Punkten und sogar 1440 mal 800 Pixel hindeuten. Dies heizt potenziell Spekulationen über ein größeres Display in der nächsten iPhone-Generation weiter an.

All diese Angaben ergeben jedoch in Bezug auf den Bildschirm des iPhone wenig Sinn. Derzeit hat das iPhone ein Bildseitenverhältnis von 15:10. Die beiden genannten Auflösungen sind jedoch deutlich schmaler und - wenn man von quadratischen Pixeln ausgeht - mit 16:9 in dem Seitenverhältnis, das nur bei TV-Geräten, einigen wenigen Monitoren und beim kleinsten Macbook Air zum Einsatz kommt. Das spricht ebenso gegen eine solche Veränderung wie viele weitere Probleme.

Wenn sich Auflösung und Seitenverhältnis ändern, müsste die gesamte Software angepasst werden. Dies betrifft Bedienelemente in Apps, Texturen bei Spielen und vieles mehr. Apple hat nicht ohne Grund beim iPhone 4 die Auflösung in der Breite und Höhe schlicht verdoppelt, so dass die Entwickler die grafischen Oberflächen nur um den Faktor 2 verfeinern mussten. Multiplikatoren wie der Faktor 1,33, den die genannten Zahlen zur Folge hätten, würden dazu führen, dass jede einzelne App im App Store angepasst werden müsste. Es scheint sehr viel eher wahrscheinlich, dass diese Auflösungen, die Entwickler im iOS entdeckt haben, für externe Bildschirme gedacht sind, die das iPhone per Video-Out ansteuern kann. Dies würde auch erklären, warum gleich acht neue Auflösungen in iOS stecken sollen.

Neuer Look für die iPod-Familie

Traditionell frischt Apple im September die iPod-Serie auf. 2012 dürfte sich hier wieder einiges ändern, denn technisch hat Apple im vergangenen Jahr keines der iPod-Modelle aktualisiert

Das Zugpferd der iPod-Familie ist der iPod Touch und dieser dürfte den A5-Prozessor spendiert bekommen, der im aktuellen iPhone 4S arbeitet. So hätte der iPod Touch etwa die doppelte Rechenleistung und die rund siebenfache Grafikleistung des aktuellen Geräts. Denkbar ist zudem, dass der iPod Touch eine Siri-Unterstützung erhält. Zudem könnte er bei gleichen Preisen doppelt so viel Speicher spendiert bekommen, also 16, 64 und 128 Gigabyte.

Auch der iPod Nano könnte doppelt so viel Speicher bekommen. Zudem ist es möglich, dass der iPod Shuffle und der iPod Nano, die äußerlich unverändert bleiben dürften, einen eingebauten Lautsprecher erhalten. Dies geht zumindest aus einem Patentantrag von Apple hervor, der vor kurzem veröffentlicht wurde.

Das Jahr 2012 dürfte auch das Ende des iPod-Urvaters bedeuten: Den letzten iPod Classic mit Clickwheel und Festplatte hat Apple schon seit Jahren nicht mehr erneuert. Seine Bedienung ist nicht mehr zeitgemäß und das Argument der hohen Kapazität dürfte durch günstigen Flash-Speicher in Zukunft verlieren.

Die Zukunft von iOS

Die Entwicklung des iOS schreitet weiter voran. Seit 2007 kommt jedes Jahr eine neue Version heraus und es gibt keinen Grund, warum Apple mit iOS 6 von diesem Kurs abweichen soll. iOS 6 wird sicherlich mehr Funktionen für die Business-Integration, mehr Gesten und mehr Möglichkeiten für die Sprachsteuerung "Siri" bieten. Die Entwicklergemeinde erwartet schon sehnlich einen Satz von Programmierschnittstellen für Siri.

Mobile Trends - 2012, das Jahr der Tablets

In den USA schon erhältlich, wird der Kindle Fire im Frühjahr 2012 auch in Europa landen. Diesem Tablet wird nachgesagt, der erste wirkliche Konkurrent für das iPad zu sein

Nicht nur wegen des niedrigen Preises, sondern vor allem weil Amazon als erster Anbieter auch die passenden Inhalte bereitstellt (Filme, MP3, Bücher), halten Branchenkenner einen Marktanteil von bis zu 20 Prozent für den Kindle Fire bis Ende des Jahres 2012 für möglich.

Aber nicht nur der Kampf zwischen Apple und Google ist interessant. Es wird auch spannend zu beobachten, wie sich die Allianz Nokia-Microsoft entwickelt, und ob sich HP und RIM überhaupt weiterhin dem Kampf stellen können. Für Unternehmen wird es 2012 noch wichtiger als 2011 sein, eine hervorragende mobile Strategie zu präsentieren - und das sollte nun wirklich kein Hexenwerk sein.

An konkreten iOS-Funktionen dürfte es mehr Widgets geben, die beliebte Informationen auf einen Blick anzeigen. Der Lock-Screen lässt sich zum Beispiel noch erheblich weiter ausbauen. QR-Codes erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, daher dürfte auch ein in das System integrierte QR-Code-Reader auf große Akzeptanz der Nutzer stoßen.

Zudem ist der Schnellzugriff auf bestimmte Funktionen - beispielsweise "Bluetooth an" oder "aus" - ein guter Kandidat für eine Übernahme in iOS. Jailbreak-Nutzer haben dies mit der App "SB Settings" bereits seit Jahren. Auch Android-Nutzer haben diese Möglichkeit schon.

In der Betaversion zu iOS 5 hat Apple bereits neue Funktionen angedeutet und teilweise wieder zurückgezogen, beispielsweise ein Tastaturlayout mit Umlauten. Dies ist ein Zeichen, dass Apples iOS-Entwickler gerne mit diversen Möglichkeiten spielen, jedoch viele davon auch verwerfen. Sicher wird das ein oder andere Feature seinen Weg in eine finale iOS-Version finden.

Einer bestehenden Tradition folgend, die Apple mit iOS 4 eingeführt hat, könnte es bereits im Frühjahr einen Special-Event geben, auf dem der iPhone-Hersteller neue iOS-Funktionen präsentiert und eine erste Betaversion für die Entwickler freigibt.

Fazit

Bislang fehlen konkrete Hinweise auf das iPhone der nächsten Generation. Es liegt zwar nahe, den Spekulationen zu glauben, die die iPhone-5-Gerüchte des letzten Jahres neu aufwärmen. Mit Fakten oder Hinweisen wie neu aufgetauchten Bauteilen lassen sich diese aber nicht untermauern. Es bleibt also spannend. (Macwelt)