„Dein Bett beobachtet dich!“ Unter dieses Motto könnte man das neueste von der EU geförderte Projekt zur Gesundheitsversorgung stellen. Es beruht auf empirischen Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), nach denen heute bis zu 45 Prozent aller Todesfälle in der Europäischen Union durch Herzerkrankungen verursacht werden. Viele Patienten mit solchen Krankheiten benötigen eine durchgängige Beobachtung etwa ihres EKG sowie ihres Körpergewichts, ihres Blutdrucks und ihres Herzfrequenz.
Dieses Monitoring wird zunehmend digital durchgeführt: Telemonitoring-Projekte bedienen sich der digitalen Version von konventionellen diagnostischen Geräten wie die elektronische Blutdruckmesser-Manschette oder digitale Personenwaagen. Aber: Die reine Digitalisierung der konventionellen Sensortechnologie reich bei Weitem nicht aus.
Sie führt nicht dazu, dass Patienten täglich ihre Daten so zuverlässig übermitteln, wie sie es eigentlich sollten. Für Telemonitoring eignen sich die herkömmlichen Sensorsysteme ebenfalls nicht immer. Um die Potenziale dieser Anwendungen wirksam zu heben, sind innovative neue Instrumente genauso notwendig wie neue Anwendungsparameter.
„Im Rahmen des EU-geförderten Projekts MyHeart möchten wir untersuchen, ob nicht auch andere Sensortechnologien denkbar sind, die herkömmliche Monitoring-Geräte zu Gunsten chronisch Herzkranker ergänzen oder sogar ersetzen können“, berichtet der Mediziner Christian Zugck von der Abteilung für Innere Medizin III an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
MyHeart als integriertes Projekt vereint über vierzig Partnerinstitutionen aus zehn EU-Mitgliedsstaaten: Es wird teilgefördert vom IST-Programm der Europäischen Kommission / 6. Europäisches Forschungsrahmenprogramm. 16 Millionen Euro gibt die Europäische Kommission in den Fördertopf, 18 Millionen Euro kommen von den Projektpartnern.
Die Projektkoordination hat das Unternehmen Philips übernommen. MyHeart startete im Jahr 2003 und reicht bis ins Jahr 2010. Das Hauptergebnis, eine umfassende klinische Studie, befindet sich unmittelbar vor Fertigstellung. „Die Studie bezieht 200 Patienten aus sechs akademischen Zentren in ganz Europa mit ein, bei denen es zu kongestivem Herzversagen gekommen war“, erläutert Zugck.
Bettlaken für den Schlaf und elektronische Weste fürs EKG
Im Rahmen der Studie wurden die intelligenten elektronischen Textilien, die in den ersten Jahren des Projekts entwickelt worden waren, im klinischen Setting getestet. So erhielten Patienten beispielsweise Bettlaken, die in der Lage sind, Veränderungen bezüglich Druck und Bewegungen zu registrieren. Diese Bettlaken werden vor allem dafür eingesetzt, um Atmungsmuster der Patienten zu überwachen, während sie schlafen.
Zusätzlich ziehen die Patienten morgens eine spezielle Weste an, in deren Stoff Elektroden verankert sind, die ein EKG aufnehmen können und die Thoraximpedanz messen. Die EKG-Daten werden dazu verwendet, die Variabilität der Herzfrequenz zu berechnen.
Der Herzspezialist Zugck urteilt: „Eine solche Neuerung ist von großem Interesse für Patienten mit Herzversagen. Zumindest mag sie bei machen Patienten helfen, kritische Episoden früher zu erkennen, als dies anhand herkömmlicher Parameter wie dem Körpergewicht erkennbar ist. Weniger Einweisungen ins Krankenhaus wären die positive Folge.“
Telemedizin soll Kosten für Herzpatienten senken
Der Schwerpunkt von MyHeart liegt jedoch nicht allein auf neuen Technologien, sondern auch auf der medizinischen Forschung. Das Projekt zielt darauf ab, neue Technologien zur Marktreife zu bringen, sodass sie im klinischen Alltag eingesetzt werden können. Der wirkliche klinische Nutzen wird jedoch später noch einmal evaluiert werden müssen.
Das Projekt könnte allerdings schon jetzt beweisen, dass Telemedizin positive finanzielle Auswirkungen auf die europäischen Gesundheitssysteme hat. Schon jetzt, so die EU, konnte man zeigen, dass mit Telemedizin die Ausgaben für die direkte Versorgung der Patienten mit Herzversagen um die Hälfte reduziert werden können.
Quelle: HealthTech Wire und Europäische Kommission, Abteilung ICT for Health. Weitere Informationen: www.healthtechwire.de/ictforhealth