Das kann iOS 11

iPhone und iPad werden schlauer

07.06.2017 von Patrick Woods, Stephan Wiesend und Peter Müller
Machine Learning, Augmented Reality und mehr smarte Assistenz: wie innovativ ist iOS 11 und auf welchen Geräten funktioniert es?

Das meistgenannte Stichwort rund um Apples neue Software: Machine Learning. Apple setzt stark darauf, dass sich unsere persönlichen Geräte unserem Verhalten und unseren ebenso persönlichen Vorlieben anpassen. Apple verwendet das Stichwort "Machine Learning" Dutzende Male an diesem Abend. Passend dazu gibt es ein eigenes Framework: CoreML - für Machine Learning. Auch Entwickler können die Mitlernfunktionen von iOS 11 nutzen. Dabei soll alles auf dem Gerät selber passieren, zwar auf andere persönliche Apple-Geräte übertragen werden, aber nur von den eigenen Apple-Geräten entschlüsselt werden können. Apple lese nicht mit.

Wir können Ihnen auch nicht genau sagen, was dort passiert.
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iOS soll wissen, was der Nutzer als nächstes möchte

Eines der Beispiele für die Intelligenz der Maschinen ist Siri. Damit meint Apple nicht nur, dass Siri in Zukunft eine neue Stimme und neue, natürlichere Varianten der Aussprache erhält. Auch Übersetzungen wird Siri können. Zumindest in einigen wenigen Sprachen und vorerst nur als "Beta"-Version - Deutsch ist dabei. Dennoch funktioniert dies vorerst nur mit der englischen Version von Siri. Es tut sich noch mehr in Sachen künstlicher Intelligenz, denn unter "Siri" hat Apple schon zuvor auch Funktionen bezeichnet, die nicht direkt mit Sprachsteuerung zusammenhängen. Die App-Vorschläge je nach Tageszeit oder häufig genutzten Anwendungen beispielsweise. Kontextbezogene Vorschläge nennt Apple auch "Siri". Dies wird mit iOS 11 noch deutlich erweitert, so Apple.

iOS soll viele Dinge aus den Kontext erschließen. Beispielsweise einen neuen Kalendereintrag aus einer Onlinebuchung.
Foto: Apple

So soll iOS 11 hier noch deutlich weiter gehen. Wir haben Konzertkarten via Safari gekauft? iOS 11 soll uns direkt vorschlagen, dieses Ereignis als Kalendereintrag zu speichern. Wir sind auf dem Weg zu einem Termin? In der Nachrichten-App erscheint automatisch ein Knopf mit dem wir unsere Entfernung zum Zielort senden können. Auch wenn wir uns im Netz über bestimmte Themen informieren, soll iOS dies verstehen und beispielsweise Nachrichten (in der hierzulande noch nicht erhältlichen App) passend dazu anzeigen. Dies alles passiert jedoch lokal auf dem Gerät und soll keine Datenspionage enthalten.

iPad im Fokus?

Die größten funktionalen Änderungen gibt es dieses Jahr für das iPad. Deshalb haben wir den Besonderheiten von iOS 11 auf dem iPad einen eigenen Artikel gewidmet.

Komplett neuer App Store

Die vielleicht größte sichtbare Änderung gibt es beim App Store. Apples Softwarequelle für iOS wird völlig anders aussehen. Das Design und die Struktur ändern sich gravierend. Es gibt neue Hauptpunkte, die "Heute", "Spiele", "Apps", "Updates" und "Suche" heißen. Apple trennt also Spiele von "anderen Apps". Die "Heute"-Ansicht soll zum Entdecken von Neuerscheinungen dienen und eine Art Feed neuerer Apps zeigen, die wir wie Karten durchscrollen können.

Der App Store erhält ein komplett neues Layout.
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Dass Spiele einen eigenen Hauptpunkt erhalten und bald sogar neue In-App-Käufe als eigener Punkt in der "Heute"-Ansicht auftauchen, ist sicherlich wirtschaftlichen Gegebenheiten zu verdanken. Denn Free-to-Play-Spiele mit In-App-Käufen sind inzwischen ein Milliardengeschäft.

Den bei der WWDC anwesenden Entwicklern verspricht Apple besseren Service in Form von schnelleren Freigaben von Updates und sogar schubweisen Auslieferungen von Releases, sodass nicht alle Nutzer zur gleichen Zeit ein Update erhalten, sondern erst nach und nach.

Augmented Reality mit dem iPhone und iPad

Jedes iPhone ab dem iPhone 5S und jedes iPad ab dem iPad Air soll in Zukunft Augmented Reality unterstützen. Damit wäre iOS auf einen Schlag die mit Abstand größte Plattform für augmentierte Anwendungen, so Apple. In der Demo zeigt das Unternehmen, wie Tischoberflächen lebendig werden und interaktive Welten entstehen, die sich manipulieren und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten lassen, die Technologie ist seit kurzem patentiert.

Apple ist nicht das erste Unternehmen, das AR und Smartphones zusammenbringt. Und doch überrascht dieser Vorstoß. Denn iPhone und iPad haben keine AR-spezifische Hardware. Alleine mit der Kamera, Lage- und Bewegungssensoren und den zugehörigen Koprozessoren sollen die Geräte virtuelle Objekte im echten Raum darstellen und deren Position präzise tracken können. Die Demos bei Apples Keynote sehen vielversprechend aus.

iPads und iPhones werden mit iOS 11 AR-tauglich. Nur: wie gut?
Foto: Apple

Echtes Augmented Reality ohne 3D-Sensoren?

Doch bleiben hierbei einige Fragen offen. Denn die AR-Demos zeigen jeweils Objekte und Welten, die auf eine plane Oberfläche projiziert werden. Einen Tisch beispielsweise. iPhone und iPad zeigen hier, wie diese Oberflächen virtuell augmentiert werden. Das Tracking der Bewegungen des Gerätes funktioniert hierbei offensichtlich gut. Was Apple jedoch nicht zeigt: können die Geräte auch komplexere Augmentierungen berechnen? Denn iPhone und iPad fehlen Sensoren, die Tiefe oder Entfernungen zu einem Objekt im Raum erfassen können. Diese Tiefeninformationen sind wichtig, um einen Raum tatsächlich in 3D scannen und berechnen zu können. Anwendungen wie die 3D-Vermessung von Räumen oder das Erkennen von Strukturen wird mit der reinen Softwarelösung schwierig.

Neues Kontrollzentrum

Die Schnelleinstellungen, die von unten hochgeschoben werden, sind eines der praktischsten Menüs in iOS. Mit iOS 11 gestaltet Apple dieses Menü komplett neu. Die Einstellungen sind wieder auf einer Seite zusammengefasst, anstatt wie in iOS 10 in Einstellungen und Mediensteuerung getrennt zu sein. Hinter den aufgeräumten Knöpfen verstecken sich Großansichten, die erst per 3D-Touch geöffnet werden.

Das neue Kontrollzentrum ist wieder auf einer einzigen Seite zuhause.
Foto: Apple

Airplay 2

Airplay ist Apples Methode, um Audio oder Video umgebende Lautsprecher oder Apple TVs zu streamen. iOS 11 erhält eine neue Iteration dieses Dienstes. Airplay 2 ermöglicht es, Inhalte gezielt auf einzelne oder mehrere Geräte gleichzeitig zu übertragen oder sogar auf alle gleichzeitig - für Musik im ganzen Haus. Eventuell sei dafür jedoch ein Update der Lautsprecher nötig, so Apple.

Neues Format für Fotos und Videos

Mit dem Videoformat, beziehungsweise der Kompressionsmethode H.264 wurden heutige Internetvideos erst möglich. Apple integriert jetzt den Nachfolger, H.265 in iOS. Damit wird die Kompression von Videos - und Fotos - doppelt so effizient. Apple will dies nutzen, um die Qualität von Foto- und Videoaufnahmen zu verbessern. Demnach werden die Dateien in der Praxis einen Kompromiss machen: ungefähr halb so viel Speicherplatz verwenden, aber auch mehr Detailinformationen enthalten. Wie sich dies auf die Kompatibilität mit anderen Geräten auswirkt, hat Apple noch nicht verraten, hier wird es womöglich eine automatische Exportfunktion geben.

Die Verbesserungen der Fotos-App

In der Fotos-App gibt es zudem weitere neue Funktionen. So werden Live Photos deutlich mächtiger. Nutzer können in iOS 11 Schlüsselfotos aus Live-Fotos selbst auswählen und so den fotogensten Moment sichern. Dazu kommt eine Loop-Funktion, um schicke Endlosschleifen aus einer Bewegung zu machen. Auch ein Effekt für die Simulation von Langzeitbelichtungen kommt zu Live Photos hinzu. Beispielsweise für hübsch verschwommene Bäche. Algorithmen helfen dabei, diese künstlichen Effekte der Endlosschleifen oder Langzeitaufnahmen gelingen zu lassen.

Bessere Navigation

Apples Kartenapp stand lange in der Kritik und funktional stets einen Schritt hinter der Konkurrenz von Google Maps. Mit iOS 11 soll sich dieser Abstand etwas verkleinern. Die Kartenapp erhält jetzt auch einen Abbiege- beziehungsweise Spurassistenten, der den Fahrer berät, wo er sich einordnen sollte. Dazu kommen Ansätze von Indoor-Navigation. Eine kleine Firma, die sich darauf spezialisiert hat, hat Apple bereits 2013 gekauft. In einigen Einkaufszentren und Flughäfen soll "Karten" bald auch drinnen zeigen können, wo es lang geht. Hier sind jedoch nur die Berliner Flughäfen (TXL und SXF, nicht BER) als einzige deutsche Orte dabei.

Ruhe beim Fahren

iOS 11 bringt einen neuen "Nicht stören"-Modus. Dieser heißt "Nicht stören beim Fahren" und bedeutet genau dies. Anhand der Bluetooth-Verbindung zum Auto oder sogar anhand von WiFi-Dopplermessung erkennt das iPhone, dass es sich gerade in einem Auto befindet. Dann bleibt es schwarz und Mitteilungen sind stumm. Auf Wunsch kann unser iPhone sogar automatisch auf SMS antworten, dass wir gerade fahren und nur im Notfall gestört werden dürfen.

Unterwegs im Auto bleibt das iPhone stumm.
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iOS 11: Welche Geräte sind kompatibel?

Alle iPhones ab dem iPhone 5S stehen auf der Kompatibilitätsliste. Das bedeutet, dass iPhone 5 und iPhone 5C leider draußen sind. BeimiPad werden alle Modelle ab dem iPad Air noch unterstützt. Bei den "Mini"-Varianten sind alle außer der ersten Generation inbegriffen. Die Liste der unterstützten iPod Touches ist kurz: nur die 6. Generation darf bei iOS 11 mitspielen.

Weitere Neuerungen

Die Liste der zusätzlichen Änderungen, die Apple nicht in den Fokus gestellt hat, ist relativ lang. Darunter befinden sich interessante Neuerungen wie "Screen-Recording", "NFC-Reader", gesprochene Untertitel für Videos oder die Taschenlampenfunktion für das iPad Pro 9,7 Zoll. Dazu gibt es einen neuen Assistenten, mit dem sich Einstellungen und Passwörter blitzschnell auf ein neues iOS-Gerät übertragen lassen sollen.

Die Liste der Neuerungen in iOS 11.

(Macwelt)