IT-Ausgründungen

Das Kerngeschäft darf nicht leiden

03.02.2003 von Horst Ellermann
Bei Daimler-Chrysler hat eine Umorientierung stattgefunden. CIO Sue Unger wertet IT-Ausgründungen als schädlich fürs Kerngeschäft. Eine Debis wird es nicht noch einmal geben.

Sue Unger, CIO Daimler-Chrysler trat 1972 als Financial Analyst in die damalige Chrysler Corporation ein und leitet seit 1998 den Bereich Information Technology Management bei Daimler-Chrysler. Sue Unger bekam 2002 von der Investment-Bank Salomon Smith Barney den Titel "CIO des Jahres" verliehen.

CIO: Ist es sinnvoll, dass Konzerne ihre IT-Abteilungen in eigenständige Unternehmen umwandeln?

Sue Unger: Meine persönliche Meinung: Nein, es hat keinen Sinn. Wenn Sie das machen, entfernen Sie sich zu weit vom Kerngeschäft.

War es also ein Fehler von Daimler, die IT-Tochter Debis zu gründen?

Debis war ein sehr erfolgreiches Modell. Als das Unternehmen 1990 startete, kamen 100 Prozent des Geschäfts von Daimler. Das strategische Ziel - ein gutes Ziel damals - war, den externen Dienstleistungsanteil dramatisch auszubauen. Debis hat es dann geschafft, 60 Prozent des Umsatzes extern zu erzielen, bevor das Debis Systemhaus Anfang 2002 vollständig an die Deutsche Telekom verkauft wurde. So etwas kann früher oder später auch anderen IT-Töchtern passieren. Nehmen Sie zum Beispiel EDS: Dort ist man auch mit 100 Prozent Umsatz von General Motors gestartet. Und obwohl EDS mit knapp 40 Prozent externem Umsatz nicht so erfolgreich wie Debis war, hat sich GM davon getrennt.

Sollte man nicht glücklich sein, wenn ein Tochterunternehmen derartige Erfolgszahlen liefert?

Alle waren hier sehr glücklich mit dem Debis Systemhaus, aber wir produzieren Autos. Wir wollen unsere Investitionsressourcen im IT-Bereich auf eine gesamtheitliche IT-Strategie konzentrieren, die unser Kerngeschäft unterstützt. Wenn 60 Prozent des Geschäfts mit externer IT erzielt werden, muss dies erst einmal vorfinanziert werden. Und die Ressourcen sind begrenzt.

Würden Sie generell sagen, dass IT-Abteilungen besser kein Geld extern verdienen sollten?

Ja, denn man kann keine aufs Kerngeschäft ausgerichtete konzernspezifische IT-Strategie verfolgen, wenn man aus einem IT-Center Profit ziehen will.

Wie bewahren Sie in der IT-Abteilung unternehmerisches Denken?

In der Regel müssen unsere ITProjekte für den betreffenden Geschäftsbereich immer einen Return on Invest erzielen. Basis-IT-Dienstleistungen, die keiner RoI-Planung unterliegen können, werden den Geschäftseinheiten nach einem entsprechenden Schlüssel berechnet.

Wie verrechnen Sie Leistungen, die nicht für den ganzen Konzern erbracht werden?

Bei projektspezifischen Themen haben wir Service Level Agreements. Ich halte diese für sehr wertvoll, weil sie Besitz auf zwei Seiten verteilen. Die Geschäftseinheit merkt, dass nicht mehr alles umsonst ist, was das IT-Management bereitstellt. So wird mehr auch auf die Qualität des Projekts geachtet.

Sollten die externen Einnahmen einer IT-Abteilung tatsächlich null Prozent betragen?

Null Prozent ist das Beste. Ich bin aber auch Unternehmerin genug, um zu sagen: Wenn Sie eine großartige Anwendung haben, die sich extern vermarkten lässt, ohne dass das für Sie viel kostet, dann sollten Sie es tun. Aber nur in einem beschränkten Umfang.