Verbraucher in Deutschland lieben Sonderangebote und Rabatte. Nahezu ein Fünftel der Umsätze bei Gütern des täglichen Bedarfs - wie Nahrungsmittel und Körperpflegeprodukte - wird mittlerweile bei sogenannten "Promotions" erzielt. Ihre Bekleidung kaufen inzwischen sogar zwei Drittel der Konsumenten zum Großteil zu reduzierten Preisen.
Doch die Händler stellt das "Preisparadies Deutschland" vor Probleme. Wirklich ankurbeln können die vielen Sonderangebote die Nachfrage immer weniger. Die Wirkung der Rabatte hat sich abgenutzt.
Beispiel Kleidung: Im Textilhandel hat die Abschaffung des Rabattgesetzes vor 15 Jahren zu einer endlosen Flut von Sonderangeboten geführt. In manchen Geschäften findet der Verbraucher inzwischen das ganze Jahr über rote Preisschilder. Nach dem Sale ist vor dem Sale. Das hat die Haltung der Kunden gravierend verändert.
Bei einer Umfrage der Fachzeitschrift "TextilWirtschaft" urteilten im Sommer mehr als drei Viertel der Befragten, dass Mode generell überteuert sei. Das zeigten die vielen Preisaktionen. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, beim Kauf von Bekleidung auf Rabatte zu warten.
Auch bei Gütern des täglichen Bedarfs hat sich der Anteil der bei sogenannten "Promotions" erzielte Umsatzanteil nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Den gewünschten Kaufrausch bewirken die vielen Sonderangebote dennoch immer weniger, wie GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth betont. "Es hat nicht mehr diesen Mengeneffekt. Und es lockt auch in deutlich geringerem Umfang Neukunden ins Geschäft", weiß der Experte.
Kein Wunder also, dass die Händler inzwischen versuchen, neue Wege zu gehen. So testet die Supermarktkette Kaiser`s Tengelmann inzwischen in Berlin personalisierte Sonderangebote. Kunden mit einer speziellen Karte bekommen dort Coupons, die bei Produktauswahl und Höhe des Preisabschlags speziell auf sie zugeschnitten sind. Das Ziel: Die Preissenkung soll groß genug ausfallen, um den Kauf des Produkts wahrscheinlich zu machen, aber nicht höher sein als nötig.
Möglich machen soll das eine Software des Berliner Start-up-Unternehmens So1, die aus nur wenigen Einkäufen auf Vorlieben und Preissensibilität eines Verbrauchers schließt. Für Händler und Hersteller ist diese Form des Rabatts vorteilhaft. Denn sie können viel Geld sparen. Schließlich werden heute noch regelmäßig Sonderangebote an Kunden "verschleudert", die die Ware auch zum Normalpreis kaufen würden. Oder der Preisabschlag ist viel höher als nötig, um die Kunden zugreifen zu lassen.
Doch auch für viele Kunden sei das neue Modell attraktiv, meint So1-Chef Raimund Bau. "Der Konsument bekommt häufiger Angebote - und sie passen besser zu ihm", beschreibt er die Vorteile aus Kundensicht. Dass das neue Angebot gut ankomme, zeige die hohe Einlöserate der individualisierten Coupons von über 40 Prozent. Allerdings räumt er auch ein: Kunden, die laut Computeranalyse wenig preissensibel seien, müssten wohl damit rechnen, weniger oft Sonderangebote präsentiert zu bekommen.
Dass dem klassischen Sonderangebot ein schnelles Ende droht, ist aber wohl dennoch nicht zu erwarten. Zu wichtig sind die Handzettel und Anzeigen mit den Sonderangeboten der Woche noch immer als Frequenzbringer, als dass die Händler allzuschnell auf sie verzichten werden.
Selbst Bau räumt ein. "Das neue System wird normale Sonderangebote nicht vollständig ersetzen." Dann fügt er noch hinzu: "Aber doch zum Teil." Schon im nächsten Jahr werden nach seinen Worten auch eine Drogeriemarktkette und ein großer nationaler Einzelhändler ihren Kunden individualisierte Coupons anbieten. (dpa/rs)