Von wegen dröge Technik - Titel und Berufsbezeichnungen in der IT muten bisweilen spirituell an. Unsere US-Schwesterpublikation cio.com klärt dieser Tage über den Job des Developer Evangelist auf. Glaubt man Sharon Florentines Beitrag "Developer evangelists build community, engagement for software firms" wächst der Bedarf an solchen Spezialisten.
Hintergrund dessen ist der Ruf nach mehr Nutzerfreundlichkeit. Unternehmen wollen sowohl Mitarbeiter als auch - im Falle von Software-Firmen - Kunden mit passgenaueren Lösungen beliefern. Entwickler-Evangelisten sollen dabei helfen.
Angesiedelt sind sie je nach Firmenstruktur entweder zwischen Belegschaft und Software-Entwicklern oder zwischen externen Entwicklern, interner IT und Nutzern. Arbeiten sie für einen Software-Konzern, sollen sie die Brücke zu den Kunden bauen.
Als Kronzeugen führt cio.com Terry Ryan an, der als Educational Evangelist bei Adobe arbeitet. In dieser Position hat Ryan 19 Kollegen. "Wir reden mit Nutzern und Entwicklern", berichtet Ryan. "Wir sind dabei weder in die Produktion, noch den Vertrieb der Software eingebunden." Den Nutzen seiner Position sieht er darin, dass er quasi "bottom up" arbeitet, also stets durch die Brille von Endanwender oder Kunde blickt.
Sein Kollege Seth Ladd, der in ähnlicher Funktion für Google arbeitet, fasst die Vorteile seiner Position noch weiter. Er sagt, Entwicklungs-Evangelisten sorgen für das Vertrauen in Software. Dadurch trügen sie zu stabilen Marken-Identitäten bei.
Arbeiten mit Hackern und Sachbearbeitern, mit Start-Ups und Konzernen
Glaubt man Ladd, spricht ein Developer Evangelist mit Hackern und Sachbearbeitern, mit Start-Ups und Konzernen. Den Bedarf an ihrer Arbeit begründen Ladd und Ryan mit dem Wunsch der IT-Entscheider nach "echtem" Feedback.
Wie Florentine schreibt, bauen Entwickler-Evangelisten Communities für bestimmte Software auf. Sie zeichnen sich durch eigene Begeisterung für Software-Produkte oder -Marken aus, die CIO.com-Autorin spricht gar von "Software Religion". Wer in einer solchen Funktion arbeite, sei typischerweise ein kommunikativer Mensch, der andere mit seiner Begeisterung anstecken könne.
Allein bei der Begeisterung bleibt es nicht - Evangelists brauchen selbst eine gehörige Portion Fachwissen. Adobe-Mann Ryan ist dafür selbst das beste Beispiel. Von seinen Kollegen verlangt er nicht nur Erfahrungen in der Software-Entwicklung, sondern auch in den Bereichen Verkauf und Anwendung.
Ryan war ursprünglich Software-Entwickler bei einem ganz anderen Unternehmen. Weil ihm die Produkte von Adobe gefielen, sprach er oft mit Freunden und Bekannten darüber. Irgendwann begann er, seine Gedanken und Meinungen über Adobe zu veröffentlichen - so wuchs er in die Rolle eines freiwilligen, unbezahlten Markenbotschafters für Adobe hinein. Dadurch lernte er in der Folge Entwickler kennen, die dort arbeiteten. Als das Unternehmen jemanden suchte, bewarb er sich und wurde genommen.
Obwohl er formal keine Sales- oder Marketing-Funktion innehat, tue er ja letztlich auch nichts anderes, als Adobe-Produkte zu verkaufen, sagt Ryan. Aber eben mit dem Vorteil, dass seine Gesprächspartner - seien es nun Business-Manager oder Studenten - keine Abschlüsse tätigen müssen.
Sowohl er als auch Google-Evangelist Ladd machen ihren Job sehr gern. "Wir dürfen mit den allerneuesten Produkten spielen, sind Vorreiter in der IT und tragen dazu bei, dass andere coole Dinge entwickeln", sagt Ladd. Beide Evangelisten erklären, dass sie gut verdienen.
Der bekannteste Evangelist ist wohl Steve Jobs
In Deutschland allerdings ist das Berufsbild des Evangelisten noch nicht so verbreitet wie in den USA. Dort hat ihn Mike Murray geprägt, der in der Tat für eine emotionalisierte Marke arbeitet - für Apple nämlich. Er nannte Mike Boich einen Evangelisten, der Macintosh promotet hat. Wikipedia wiederum nennt Steve Jobs als Beispiel eines bekannten Evangelisten.
Ob sich die hiesige IT-Szene viele Evangelisten leisten kann, sei dahingestellt - Marktfoscher wie Gartner und Forrester gingen zu Jahresbeginn davon aus, dass die Budgets westeuropäischer IT-Chefs in diesem Jahr stagnieren oder bestenfalls "minimal" steigen. Für die USA dagegen sagten sie ein Plus zwischen fünf und siebeneinhalb Prozent voraus.