Ethereum FAQ

Das neue Bitcoin?

19.02.2018 von Martyn  Casserly und Florian Maier
Ethereum will Bitcoin die Kryptowährungskrone entreißen. Dank einiger beeindruckender Features könnte das auch funktionieren.

Bitcoin ist ohne Zweifel die bekannteste aller modernen Kryptowährungen. Doch Ethereumschickt sich (schon seit einiger Zeit) an, dem Bitcoin die Schau zu stehlen. Dabei stellt Ethereum eine raffinierte Verfeinerung derBlockchain-Idee dar. Und zwar eine, die nicht bloß in der Theorie, sondern bereits in Applikationen in der "echten Welt" zur Anwendung kommt.

Ist Ethereum das neue Bitcoin? Was ist es überhaupt und wozu ist es gut? Wir klären Sie auf.
Foto: Tobias Arhelger - shutterstock.com

Was ist und tut Ethereum nun genau? Und warum sollte Sie und Ihr Unternehmen das kratzen? Wir klären die wichtigsten Fragen zum Thema.

Keine Kryptowährung ohne Blockchain

Wie Bitcoin nutzt auch Ethereum einBlockchain-Netzwerk als zugrundeliegende Technologie. Dabei handelt es sich um dezentralisierte Datenbanken, die über mehrere Online-Server verteilt sind und fortlaufend aktualisiert und miteinander synchronisiert werden. Die Idee dahinter: Die Schwachstelle traditioneller Systeme zu beseitigen. Diese können nämlich ganz einfach zum Einsturz gebracht werden, indem der Hauptserver attackiert wird.

Was ist was bei Blockchain, Bitcoin und Co.?
Ethereum
Eine weitere Kryptowährung, die auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Bietet eine Plattform für programmierbare Smart Contracts. Die "Ether" werden von Fans als legitime Nachfolger der Bitcoins angesehen (siehe auch obiges Bild).
Cryptlet
Von Microsoft für die Azure-Cloud entwickelter Service, mit dessen Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören. Cryptlets können als indvidualisierte Middleware auch von Azure-Anwendern selbst entwickelt werden - in jeder beliebigen Programmiersprache - und sollen die Brücke von der Blockchain hin zu neuen Business-Services in der Cloud schlagen.
Kryptowährung
Digitales Geld, ohne Münzen und Scheine. Mithilfe von Kryptografie wird ein verteiltes, sicheres und dezentralisiertes Zahlungssystem aufgebaut. Benötigt keine Banken, sondern Rechenpower und technische Hilfsmittel wie die Blockchain.
Blockchain
Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. <br /><br /> Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden.
Bitcoin Core
Die Open-Source-Software validiert die gesamte Blockchain und wurde Anfang 2009 von einem gewissen <a href="http://www.computerwoche.de/a/neue-hinweise-auf-moeglichen-urheber-von-digitalwaehrung-bitcoin,3220391" target="_blank">"Satoshi Nakamoto"</a> unter dem Namen "Bitcoin" veröffentlicht. Bitcoin Core war in C++ zuächst vor allem für Windows-Systeme programmiert worden. Wenig später folgte die Portierung auf GNU/Linux. Weil die Entwickler sich zerstritten, existieren mittlerweile einige Derivate der Bitcoin-Software, unter anderem Bitcoin XT, Bitcoin Unlimited oder Bitcoin Classic.
BigchainDB
Die "skalierbale Blockchain-Datenbank" kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität. Technische Grundlage ist die Blockchain-Technologie.
Distributed Ledger
Finanz-Fachbegriff für "verteilte Kontoführung". Bitcoin ist ein komplett neuer technischer Ansatz, um Informationen über bestimmte Zuordnungen zu verteilen. Es gibt hier kein klassisches Konto mehr, das zentral bei einer Bank geführt wird, sondern die "Kontoführung" basiert auf einem Netzwerk von kommunizierenden Systemen.
Smart Contract
Ein Computerprotokoll, das Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung eines Vertrags technisch unterstützten kann. Könnte künftig den schriftlichen Vertragsabschluss ersetzen.
R3CEV
Das Startup R3 CEV baut die blockchainbasierte "Global Fabric for Finance". Mit rund 50 Finanzpartnern soll die größte Blockchain der Welt entwickelt werden - ein erster Testlauf mit elf Großbanken, darunter Barclays, Credit Suisse, HSBC, UBS und UniCredit wurde bereits erfolgreich absolviert. R3CEV ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um Blockchain-Infrastruktur und -Technologie in der Azure Cloud entwickeln zu können.
Ripple
Ein Open-Source-Protokoll für ein Zahlungsnetzwerk - derzeit noch in der Entwicklung. P2P-Zahlverfahren und Devisenmarkt in einem, basiert auf der Kryptowährung "XRP". Ripple-Nutzer sind jedoch nicht auf diese eine Währung festgelegt, sondern können jede beliebige Währung verwenden - also beispielsweise auch Euro, Dollar oder Yen.

Ein weiterer Vorteil der Blockchain-Technologie: Es braucht keine übergeordnete Kontrollinstanz. Stattdessen bautBlockchain auf das Peer-to-Peer-Prinzip. Transparent wird die Blockchain-Technologie dadurch, dass Millionen von Rechnern daran beteiligt sind: So existieren auch Millionen von Kopien der bereits eingeflossenen Informationen. Den Bitcoin machte die Blockchain-Technologie zurmeistdiskutierten Kryptowährung der Welt. Nun will Ethereum mit einem neuen Twist dafür sorgen, Bitcoin noch zu übertreffen.

Zum Video: Das neue Bitcoin?

Was Ethereum ist und wie es sich von Bitcoin unterscheidet

Während Bitcoin im weitesten Sinne "nur" eine Kryptowährung ist, die für Zahlungen verwendet werden kann, ist Ethereum deutlich breiter aufgestellt. Bei Ethereum selbst handelt es sich um eine Open-Source-Software-Plattform, die ihren Nutzern per Blockchain die Erstellung von Verträgen, Crowdfunding-Aktionen oder auch eines eigenen, sicheren sozialen Netzwerks ermöglicht.

Geistiger Vater von Ethereum ist Vitalik Buterin, Mitbegründer des Bitcoin Magazine. Buterin beschreibt Ethereum als "speziell darauf ausgelegt, dezentralisierte Applikationen zu bauen". Was solche dezentralisierten Apps so attraktiv macht? Sie reduzieren die Kosten und somit die Zugangsbarrieren für Softwareentwickler drastisch. Nebenbei sind diese aber auch gegen Formen der Zensur oder Manipulation geschützt. Speziell letztgenannte Eigenschaft ist in Zeiten immer raffinierterer Cyber-Bedrohungen erwähnenswert.

In folgenden Bereichen könnten Unternehmen Ethereum zum Einsatz bringen:

Smart Contracts

Eines der wesentlichen Ethereum-Features sind Smart Contracts. Hierbei schließen zwei Nutzer einen Vertrag über eine bestimmte Leistung - die Vertragsbedingungen (beziehungsweise Parameter) werden in den schlauen Vertrag eingearbeitet.

Ist die Leistung erbracht, erfolgt deren Bezahlung vollautomatisch - vor allem aber entfällt dabei die Notwendigkeit eines Mittelsmannes. Die Anonymität der beteiligten Parteien kann dabei ebenfalls gewährleistet werden, wodurch neugierige Staatsschützer und Diener despotischer Regime außen vor bleiben.

Eigene Kryptowährungen

Ein weiterer, interessanter Einsatzzweck für Ethereum im Unternehmen: die Schaffung eigener Kryptowährungen für die interne Nutzung. Dabei handelt es sich um digitale Token, die etwa als virtuelles Zahlungsmittel, als Repräsentation eines Assets, virtuelle Aktie oder als Nachweis für eine bestimmte Mitgliedschaft zum Einsatz kommen kann. Kurzum: Für so gut wie jeden Zweck.

Die Tokens nutzen darüber hinaus eine Standard-Schnittstelle für virtuelle Coins, weswegen sie auch mit so gut wie allen Wallets und Verträgen kompatibel sein sollen.

Unternehmen könnten also beispielsweise mit Hilfe von Ethereum eine Art Bonusprogramm für ihre Kunden aufsetzen, das sie für bestimmte "Milestones" belohnt. Auch für Initiativen im Kickstarter-Stil eignet sich Ethereum - allerdings müssen Sie in diesem Fall kein Entgelt an einen Mittelsmann (die Crowdfunding-Plattform) abgeben.

Social Media

Mit der Ethereum Blockchain könnten Entwickler auch Social-Media-Webseiten und Messaging-Systeme bauen, die dem User erlauben, dieKontrolle über seine Daten zu behalten.

Diffizile Ethereum-Prognose

Die dezentralisierte, kryptografisch gesicherte Plattform könnte darüber hinaus auch für finanzielle Transaktionen, Speicherplatz-Sharing oder die Nutzung brachliegender Rechenpower zum Einsatz kommen - auch Online-Wahlen sind ein möglicher Einsatzzweck.

"Wie bei allen neuen, innovativen Plattformen, ist es nicht ganz einfach vorherzusagen, wofür Ethereum genutzt werden wird", meint Vitalik Buterin. "Gmail, Facebook, Twitter, Instagram und das moderne Internet in seiner Gesamtheit fußen auf den frühen Jahren der Internet-Entwicklungsarbeit und Javascript. Das Ethereum-Projekt will das Gleiche für das Finanzsystem, den P2P-Handel, verteilte Regierungsarbeit und menschlicher Kollaboration im Allgemeinen erreichen."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unsrer UK-Schwesterpublikation TechAdvisor.