Weniger Kosten, bessere Qualität und höhere Geschwindigkeit heißen die Anforderungen, die an die IT gestellt werden, und dabei steht das Data Center im Vordergrund. Die Modernisierung eines Rechenzentrums (RZ) ist in der Regel ein kostenintensives Großprojekt, bei dem Planung, Koordination sowie die Wahl der effektivsten Maßnahmen wesentliche Faktoren für das Gelingen sind. Trends wie Virtualisierung und Cloud, aber auch die Themen Kundenorientierung und Nachhaltigkeit machen dabei ein Umdenken und neue Wege erforderlich.
RZ-Modernisierungsprojekte liegen im Trend. Dem "Next Generation Data Center Index" von Oracle zufolge planen 41 Prozent der in Deutschland befragten RZ-Leiter großer Unternehmen, innerhalb der nächsten zwei Jahre in ein neues RZ zu investieren. Treiber sind dabei neben neuen Technologien vor allem zusätzliche Anforderungen aus dem Business-Bereich. Die Studie "Reshaping IT - Transformation des Rechenzentrums" des Marktforschungsinstituts IDC aus dem letzten Jahr zeigt, dass die zunehmende Umsetzung von Cloud-Modellen auch die Services verändert.
Durch Big Data erhöhen sich die Anforderungen an Storage. Zudem sollen sich Data Center flexibler an die schwankenden Marktbedingungen der verschiedenen Geschäftsbereiche anpassen. Fast jeder vierte neue x86-Server im europäischen Wirtschaftsraum wird heute den Marktforschern zufolge in virtualisierten Umgebungen eingesetzt. Mit der wachsenden Zahl von virtualisierten und physischen Umgebungen nimmt jedoch auch die Komplexität erheblich zu. Ohne moderne RZ-Infrastruktur, in der unterschiedliche Techniken effektiv kombiniert werden, ist das praktisch nicht möglich.
Und noch etwas hat sich geändert: Kein Data Center kommt heute mehr um die Kundenfokussierung herum. Alle Maßnahmen, Rechenzentren zu "ertüchtigen", müssen am Nutzen gemessen werden, den sie für den Kunden haben - seien es unterschiedliche Fachabteilungen und Niederlassungen, die von einer internen IT bedient werden, oder unterschiedliche Kunden eines Dienstleisters. Dabei besteht der Anspruch, für jeden Kunden das optimale Umfeld bereitzustellen. Auch deshalb hat sich der Fokus bei Planung und Betrieb von Rechenzentren stark verändert. Um das reibungslose Zusammenwirken zwischen Kundenservice, Infrastruktur und Gebäudetechnik zu gewährleisten, muss der Blick methodisch und parallel auf mehrere Gewerke gerichtet werden.
Hochverfügbarkeit und ihre Bedingungen
Aus prozessualer Sicht ist die 24x7-Verfügbarkeit heute State of the Art, Unterbrechungen werden praktisch nicht mehr akzeptiert. Damit die Services immer zur Verfügung stehen, muss in der Regel die Redundanz erhöht werden. Für maximale Redundanz sind getrennte Systeme, idealerweise über zwei Standorte gespiegelt, mit einem nahtlosen Disaster-Recovery-Konzept notwendig. Nicht nur die Server müssen an zwei Standorten doppelt ausgelegt sein. Hinzu kommen zwei unabhängige USV-Anlagen (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) und eine Niederspannungshauptverteilung (NSHV). Insbesondere die Wärmeentwicklung kann bei einem Ausfall der Klimaanlage zum Problem werden.
Die Temperatur steigt dann pro Minute um ein bis zwei Grad, schnelle Abhilfe ist also gefragt. Daher muss nicht nur die Elektrotechnik, sondern auch die Klima- und teilweise die Gebäudetechnik redundant ausgelegt werden. Hier stoßen interne Rechenzentren in Unternehmen häufig an die Grenze machbarer Investitionen. Unabhängig davon, ob ein Standort ganz wegbricht oder nur eine Komponente ausfällt, muss eine High-Availability-Lösung unterbrechungsfrei weiterlaufen. Solche Vorgaben werden aus Kostengründen in der Regel nur für einige wenige kritische Anwendungen wie Buchungssysteme oder Produktionssysteme umgesetzt. Wird mit IT-Dienstleistern zusammengearbeitet, bestimmt der Kunde jeweils den Grad der Verfügbarkeit pro Applikation.
Virtualisierung verändert Energiebedarf
Auch die Verteilung des Energiebedarfs hat sich komplett geändert. Während früher mit Einzellösungen gearbeitet wurde, führt die Virtualisierung und der Einsatz von immer kompakteren Servern wie Blades heute zu einer Bündelung von Energieressourcen. Auf diese Weise kommt es leicht zu Volumina von 20 Kilowatt Last pro Quadratmeter. Nur einen Meter weiter kann aber ebenso eine Komponente mit nur fünf Kilowatt Energiebedarf stehen.
RZ-Betreiber haben deshalb meist kein Platzproblem mehr, zunehmend jedoch ein Kühlungsproblem. Die Wasserkühlung ist bereits aus fast allen Rechenzentren verschwunden. Stattdessen sorgt Luftkühlung dafür, dass die Server nicht überhitzen. Für Planung und Betrieb hat das weitreichende Folgen. Lüftungsanlagen und Verteilung müssen im Vorfeld entsprechend bedacht werden, damit Racks, die besonders heiß werden, ausreichend gekühlt werden können. Techniken wie Strömungssimulationen und die regelmäßige Kontrolle durch Bilder mit der Wärmebildkamera sind hier hilfreich.
Durch einstellbare Bodenplatten lässt sich ferner der Luftdurchsatz erhöhen. Vor allem aber muss jederzeit transparent sein, was in welchem Rack läuft und wie viel Energie durchschnittlich und in Hochlastzeiten verbraucht wird. Grundlage für ein profundes Energie-Management sind regelmäßige Verbrauchsmessungen sowie eine Configuration-Datenbank, die alle Informationen über das eingesetzte Equipment enthält.
Nachhaltigkeit durch moderne Klimatisierungskonzepte
Green IT ist heute kein Schlagwort mehr, sondern Programm. Mittlerweile haben sich viele Unternehmen das Thema Sustainability auf die Fahnen geschrieben. Grund dafür sind nicht nur Image- und Wettbewerbsfaktoren. "Die Energieeffizienz von Rechenzentren ist nicht nur ein wichtiger Umweltfaktor. Verbesserungen der Energieeffizienz können auch die Betriebskosten drastisch senken", erklärt Holger Skurk, Experte für IT-Infrastrukturen des IT-Branchenverbands Bitkom.
Die Effizienzrichtlinie für Energie der EU sieht vor, bis 2020 den primären Energieverbrauch um 20 Prozent zu reduzieren. Untersuchungen zufolge kann der Anteil des Energiebedarfes für die Klimatisierung je nach Klimatisierungskonzept zwischen 25 und 55 Prozent des gesamten Energiebedarfs betragen. Zentrale Herausforderung ist die Kälteoptimierung durch Strategien wie Kalt- und Warmgänge, also die strikte Trennung von Warm- und Kaltluftbereichen, Einhausung und freie Kühlung.
Eine weitere Herausforderung moderner Rechenzentren liegt darin, die Energiewerte jederzeit im Auge zu behalten - sowohl von der Kostenseite her, als auch von der Verbrauchsseite (Strom und Klima). Dazu gehören eine regelmäßige Kontrolle der Klima- und Abluftbelastung sowie eine kontinuierliche Strombilanz und Prognosen für den kommenden Verbrauch, zum Beispiel quartalsweise. Anderenfalls stoßen die Ressourcen schnell an Grenzen. Prognostische Analysen helfen dabei, Engpässe zu vermeiden.
Standards helfen: ITIL und Qualitäts-Management
Der Bitkom schreibt in seinem Leitfaden für betriebssichere Rechenzentren: "Man kann darüber streiten, ob durch Sarbanes Oxley und SAS 70 ein Rechenzentrum betriebssicherer wird - die in der ISO/IEC 27002:2008 und ISO/IEC 27001:2005 enthaltenen allgemeinen Forderungen nach Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit sind aber durchweg berechtigt und sinnvoll. ITIL (IT Infrastructure Library) und ISO 20000 sichern und verbessern die Prozesse eines Rechenzentrums nachweislich".
Die Zertifizierung nach ISO 20000 ist zwar äußerst aufwendig, besonders für IT-Dienstleister aber sinnvoll. Für den RZ-Betrieb hat die Zertifizierung unter anderem zur Folge, dass keine Wartung oder Änderung ohne ITIL-Prozesse gemacht werden darf. Jeder Vorgang im Betrieb ist vollständig in alle ITIL-Prozesse eingebunden, auch das Capacity-Management richtet sich nach diesem IT-Standard. Je höher die Compliance-Anforderungen, desto sinnvoller ist der Aufwand im Qualitäts-Management. Die Ausrichtung an Standards kann zudem wettbewerbsentscheidend sein: In Ausschreibungen für IT-Projekte wird deshalb immer häufiger das Management auf ITIL-Basis gefordert.
Software-Tools für die IT
Geeignete Software-Tools sind aus dem modernen RZ-Management nicht mehr wegzudenken. Lösungen für das Data Center Infrastructure Management (DCIM) in Verbindung mit Configuration-Management und einem Ticketing-System gehören dabei zu den wichtigsten Komponenten. Auch Tools zur Verwaltung von Virtualisierungs-Umgebungen haben sich etabliert. Der Markt für DCIM ist relativ breit aufgestellt. Hier empfiehlt sich ein Auswahlprozess, der sich am konkreten Bedarf orientiert. Die Tools sind sehr unterschiedlich ausgeprägt, beispielsweise wenn es um das Thema Reporting geht.
Fundierte Analysen können die Bewertung von Key-Performance-Indikatoren (KPIs) für das RZ unterstützen. Dazu gehören unter anderem Faktoren wie Kostenkontrolle, Kundenzufriedenheit, die Erfüllung der Service-Level-Agreements (SLAs) oder die Zeit für Bereitstellung neuer Dienste. Die IDC-Studie zeigt, dass für viele Unternehmen Kosten-KPIs weit vor Metriken für Qualität und Zufriedenheit liegen. Die Einbeziehung von kundenorientierten Faktoren wird jedoch immer wichtiger. Performance-Vergleiche zwischen Unternehmen sind zwar schwierig, der Bitkom stellt aber öffentliche Benchmarks zur Verfügung.
Vorsicht Falle: Hürden bei Modernisierungsprojekten
Besonders bei umfangreichen Modernisierungen sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass Gebäude- und die RZ-Infrastruktur mit Hilfe einer Mess-Steuer- und Regelungstechnik (MSR) gemeinsam gesteuert werden müssen. Der Blick auf einzelne Gewerke wie Elektro reicht nicht. Vor allem aber, wenn es um den RZ-Betrieb geht, kann es schnell heikel werden. Oft gibt es Systeme, die eigentlich nicht angefasst werden können, im ungünstigsten Fall muss die Modernisierung also im laufenden Betrieb durchgezogen werden - ohne Ausfall, versteht sich.
Aufwendiger als gedacht gestalten sich in der Planungsphase häufig die Analyse der Bestandsanlagen sowie die Dokumentation aller Zusammenhänge. Oft gibt es für alte Anlagen und Gebäude keine Unterlagen mehr. Auch die Abstimmung mit dem Facility-Management verschlingt viel Zeit. Es empfiehlt sich, bei entsprechenden Vorhaben immer ein Ingenieurplanungsbüro ins Boot zu holen, um das Risiko zu verringern. Bei größeren Projekten sollte zudem mindestens ein IT-Mitarbeiter komplett für die Koordination und Überwachung der Aufgaben abgestellt werden.
Ausreichend Spielraum einplanen
Wer das Thema Modernisierung anpackt, sollte zudem darauf achten, Spielraum für zukünftige Veränderungen und Erweiterungen einzuplanen. Angesichts steigender Hochverfügbarkeitsanforderungen, dynamischer Server-Belastungen und hoher Energiekosten müssen heute "atmende" RZ-Infrastrukturen bereitgestellt werden. Der Kunde zahlt lediglich seinen Verbrauch. Serviceorientierte ITIL-Prozesse und DCIM-Software müssen deshalb eine hohe Qualität des RZ-Betriebes garantieren, um zukünftige Anforderungen an die RZ-Infrastruktur schnell erfüllen zu können. Es gilt, die effiziente Nutzung vorhandener Kapazitäten und die Durchführung notwendiger RZ-Investitionen in Einklang zu bringen. Bei der RZ-Modernisierung sollten darüber hinaus auch zusätzliche Anschlussmöglichkeiten eingeplant werden, um notwendige Kapazitäten mit Hilfe von Leihaggregaten bereitstellen zu können.
Fazit
Wie beim Jonglieren müssen bei der RZ-Ertüchtigung viele Bälle gleichzeitig in der Luft gehalten werden. Energie-Management und Nachhaltigkeit, Verzahnung von Gebäude- und RZ-Technik über gemeinsames MSR, ausgeklügelte Desaster-Recovery-Strategien und Virtualisierung gehören ebenso dazu wie höchste Qualitätsstandards und Kundenorientierung.