In der Automobilindustrie beruhen fast neunzig Prozent aller Innovationen auf der Elektronik. Die ersten Bordcomputer sagten dem Mechaniker genau, was er sich anschauen sollte, wenn ein Auto zur Inspektion gebracht wurde. Heute verwandeln Machine-to-Machine- (M2M) und Wireless-Technologien das Auto dank Navigations-, Unterhaltungs- und Servicefunktionen immer mehr in ein Smartphone auf vier Rädern. Und der nächste Evolutionsschritt könnte das teilautonome Fahren sein: hier kommunizieren die Fahrzeuge miteinander, um zum Beispiel Kollisionen und Staus rechtzeitig zu vermeiden.
Dabei liegen die bescheidenen Anfänge des vernetzten Autos gar nicht so lange zurück. Obwohl die ersten Experimente zur Vernetzung von Kraftfahrzeugen bereits im Jahr 1946 unternommen wurden, war Telefonieren im Auto bis zur Einführung des OnStar-Systems von General Motors im Jahr 1995 ein nicht sehr weit verbreiteter Luxus. Bis zu diesem Zeitpunkt kannten wir Dinge wie Freisprechfunktion, automatischer Notruf, Ferndiagnose und Fernbedienung, Auffinden gestohlener Fahrzeuge und ähnliche standortgebundene Dienste nur aus Science Fiction- und Spionageromanen.
Mit OnStar war GM in der Lage, die Daten der Fahrzeug-Computer zu nutzen, um eine Reihe von neuen und nie da gewesenen Diensten anzubieten, wie zum Beispiel einen Diebstahlsschutz. Darüber hinaus erhielt GM plötzlich Zugriff auf eine riesige Menge Daten für die Marktforschung, die auf dem tatsächlichen Verhalten von realen Kunden beruhten - was wiederum eine Reihe weiterer Innovationen auf Basis von aktuellen Informationen nach sich zog.
Seitdem sind Automobilhersteller weltweit auf diesen Zug aufgesprungen. Für den heutigen Verbraucher ist es fast unmöglich, eine Automarke zu finden, die nicht irgendeine Art von Konnektivität anbietet - sei es, um Notrufe abzusetzen oder das Fahrzeug mit der Verkehrsinfrastruktur zu vernetzen. So hat beispielsweise Audi einen Ampel-Assistenten entwickelt, der Rot- und Grünphasen von Ampeln auf einer Strecke vorhersehen kann und daraus ein ideales Tempo errechnet - die perfekte grüne Welle könnte damit Realität werden.
Aber es gibt auch weitere Entwicklungen in der Fahrzeugvernetzung, die in den kommenden Jahren das Autofahren gravierend verändern können. Folgende Funktionen sind bereits möglich bzw. in Zukunft machbar:
Fahrstilabhängige Versicherung
Die Versicherungsgesellschaften zählten zu den ersten Unternehmen, die an den Echtzeit-Daten aus Kraftfahrzeugen interessiert waren. Zuvor mussten die Versicherer die Beitragszahlungen anhand komplexer Algorithmen berechnen und hierbei Fahrzeugtyp, Alter und Geschlecht des Fahrers berücksichtigen, um mehr oder weniger die Wahrscheinlichkeit zu erraten, mit der ein versichertes Fahrzeug einen Unfall haben wird.
Heute sind Versicherungsunternehmen auf der ganzen Welt in der Lage, Echtzeit-Fahrdaten abzurufen, um diese Wahrscheinlichkeit besser beurteilen zu können und die Versicherungsbeiträge individuell auf jeden Fahrer anzupassen.
Für alle diejenigen unter uns, die Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten und sich immer anschnallen, ist dies in der Tat eine gute Nachricht. Denn egal ob Sportwagen oder Familien-Limousine, jung oder alt - mit einem entsprechenden Fahrverhalten werden die Versicherungskosten sinken.
Wenn wir allerdings immer leicht die Tempogrenze überschreiten, oft und hart bremsen oder manchmal über Fahrbahnmarkierungen fahren, wird sich dieses Verhalten negativ auf unsere Versicherungsbeiträge auswirken.
eToll/"Mobiler" Zahlungsverkehr
Es ist schon einige Jahre her, dass wir an der Mautstation Münzen einwerfen mussten: Heute hat die Integration von Fahrerdaten und drahtloser Kommunikation in Fahrzeugen zur Folge, dass an Mautstationen die "Schnellspur" immer öfter genutzt wird. Rein technisch ist es auch nicht länger notwendig, ein separates Gerät und Prepaid-Dienste für die Kommunikation mit der Mautstation zu verwenden. Autos können sich selbständig bei der Mautstation ausweisen, so dass die Gebühren auf der monatlichen Service-Abrechnung erscheinen. Diese Technologie ebnet auch den Weg dafür, dass das Auto in Zukunft selbst für sein Benzin - oder seinen Strom - bezahlt.
Fahrerassistenzsysteme
Die wohl interessanteste und potenziell lebensrettende Anwendung der M2M-Technologie für das Auto kommt heute in Fahrerassistenzsystemen bereits zum Einsatz - gut möglich, das dank dieser Technologie Fahrzeuge über kurz oder lang vollkommen automatisch fahren. Verknüpft mit Rückfahrkameras und Perimeter-Sensoren, die das Einparken erleichtern, machen Fahrerassistenzsysteme zum automatischen Einparken oder zur Abstandsregelung schon heute das Fahren leichter und sicherer.
Künftige Entwicklungen
Angesichts der rasanten Weiterentwicklung der Kommunikation im und rund um das Fahrzeug wird es nicht mehr lange dauern, bis alle Internetfunktionen direkt im Armaturenbrett verfügbar sind. Das bedeutet für uns als Fahrer vor allem kürzere Wege und mehr Service-Vorteile. Zum Beispiel, indem das Auto seine eigenen Inspektionstermine vereinbart und mit dem Smartphone-Kalender synchronisiert. Oder Schäden wie einen Ölverlust nicht nur meldet, sondern auch die nächsten freien Werkstatttermine selbstständig erfragt und vorschlägt. Theoretisch könnte das Auto sogar Hotelzimmer buchen, Blumen bestellen oder eine Tischreservierung für den Hochzeitstag vornehmen - bevor man es selbst vergisst.
Die wichtigsten, schon sehr bald normalen technischen Hilfen betreffen aber die Sicherheit. So hat Ford zum Beispiel bereits einen Sitz entwickelt, der den Puls des Fahrers misst. "OneStar" von GM ist ebenfalls noch mit Anwendungen wie einem Check der Fahrzeugflüssigkeiten im Einsatz und wird ständig weiterentwickelt. Gerade die Kombination von Standorterkennung, Kommunikation zwischen den Autos und von den Autos zur Infrastruktur ist aber keine ferne Zukunftsmusik mehr, sondern ein sehr wahrscheinliches Szenario.
Dank neuer Systemsensoren, die alles vom Reifendruck über Füllstände bis zur Drehzahl überwachen und ebenfalls mit fahrzeugübergreifenden Netzwerken verbunden sind, könnte sogar schon bald der Notruf über das Handy überflüssig werden. Den setzt das Fahrzeug im schlimmsten Fall selbst ab - oder lässt es im besten Fall wie im Beispiel der Puls-Kontrolle überhaupt nicht zu einem Unfall kommen.