Ziel: PUE-Wert von 1,4

Dataport konsolidiert 5 Rechenzentren

29.09.2011 von Holger Eriksdotter
Der öffentliche IT-Dienstleister Dataport konsolidiert seine fünf Rechenzentren. Zwei sollen bis 2013 übrig bleiben. Das CIO-Magazin begleitet den Prozess vom Abriss bis zum Neubau.
Trügerische Idylle: Dieses Hamburger Wohnhaus verschwindet in den nächsten Wochen, um Platz für ein energieeffizientes Rechenzentrum zu schaffen.
Foto: Dataport

Ronald Richter ist am Ende: "Unsere bisherigen RZ-Standorte arbeiten allesamt an der Belastungsgrenze, ein weiterer Ausbau ist kaum mehr möglich und unter wirtschaftlichen Aspekten auch nicht sinnvoll", sagt der Projektleiter für Rechenzentrums (RZ)-Konsolidierung bei Dataport. Er prognostiziert, dass der Bedarf an Energie von zwei Megawatt im Jahr 2009 auf 7,8 Megawatt im Jahr 2020 ansteigt, wenn man mit der bestehenden Technik weiterwächst. Die neuen Rechenzentren sollen jedoch den Energiebedarf auf 4,2 Megawatt begrenzen - eine Einsparung von mehr als 40 Prozent.

Dass der Bedarf an RZ-Kapazität zunimmt, steht außer Frage. "Neben dem normalen Wachstum kommen immer mehr Aufgaben - wie etwa die Initiative D115, der Ausbau von E-Government-Lösungen oder für die zunehmende Bürgerbeteiligung", sagt Matthias Kammer, derzeitiger Vorstand von Dataport, der im Oktober das Unternehmen verlassen wird. Ein Nachfolger ist noch nicht bestimmt. Die neuen, jeweils 1600 Quadratmeter großen Rechenzentren sind denn auch so ausgelegt, dass sie den IT-Bedarf der Behörden für die nächsten 15 bis 20 Jahre decken - so ökologisch wie möglich: "Angestrebt ist ein PUE-Wert von 1,4", sagt Projektleiter Richter.

Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) gilt als eine der wichtigsten Kenngrößen für die Energieeffizienz von Rechenzentren. Er errechnet sich aus dem gesamten Energieverbrauch eines RZ im Verhältnis zur Energieaufnahme der tatsächlichen IT-Infrastruktur wie Server, Speichersysteme oder Netzwerkkomponenten. Der theoretisch beste - in der Praxis jedoch nicht erreichbare - PUE-Wert von 1 würde bedeuten, dass die gesamte Energie in die Hardware fließt. Ein Wert von 2 sagt aus, dass die Hälfte der eingesetzten Leistung für Wärme, Wärmeabführung und andere Sekundärgeräte verbraucht wird. Laut aktuellen Studien liegen deutsche Rechenzentren mit einer Größenordnung zwischen 1,7 und 2,5 im internationalen Vergleich recht gut. Die jüngste Umfrage des RZ-Spezialisten Digital Realty Trust unter 205 RZ-Betreibern in Europa und den USA kommt zu dem Schluss, dass der durchschnittliche PUE-Wert der Befragten bei 2,66 liegt.

Um den angestrebten PUE-Wert von 1,4 zu erreichen, will Dataport eine sogenannte "indirekte freie Kühlung" installieren. Dabei kommt für die Kühlung der Systemräume ein variables Mischkonzept aus Umluft-Klimageräten und Wasserkühlung zum Einsatz. Bei niedrigen Außentemperaturen wird kalte Außenluft eingesetzt. "Closely Coupled Cooling"-Einheiten kühlen dabei punktuell. Anders als bei Raumkühlung erlauben sie eine energiesparende Kühlung ausschließlich an jenen Orten, an denen hohe Wärmelasten auftreten.

Webcast - Das Rechenzentrum der Zukunft

Wie sich ein Rechenzentrum konzipieren lässt, darüber spricht Wolfgang Heinhaus von der Experton Group mit Paul Höcherl und Marc Mühlhoff von IBM. Jetzt anmelden.

Verantwortlich für den Bau und den physikalischen Betrieb der neuen Rechenzentren sind die Projektpartner Akquinet Outsourcing, IBM Deutschland und die Stadtwerke Norderstedt. Rund 50 Millionen Euro wollen die Projektpartner investieren. Die Standorte liegen in Hamburg und im schleswig-holsteinischen Norderstedt direkt an der Hamburger Stadtgrenze. Das Hamburger Rechenzentrum soll Anfang 2013 in Betrieb gehen, das Norderstedter Pendant Mitte 2013. Beide Rechenzentren dienen sich dann gegenseitig als Backup. Bei den überwiegend unterirdischen Bauten bevorzugt der Auftraggeber recycelbare Materialien mit langer Lebensdauer.

Der Zeitplan von Dataport

Im ersten Schritt steht jetzt der Abriss eines sechsstöckigen Wohnhauses am Hamburger Standort an. Dort soll das RZ im letzten Quartal 2012 bezugsfähig sein. Dann beginnen die Installation der Netzwerkinfrastruktur und der ersten Server sowie die Migration von Anwendungen. CIO begleitet Dataport bei der Entstehung der neuen RZ und wird bis zur Aufnahme des Betriebs über aktuelle Entwicklungen berichten.

Die 2004 gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts ist IT-Dienstleister der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen sowie der Steuerverwaltungen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Dataport betreut derzeit 55 000 IT-Arbeitsplätze. Für die Steuerverwaltung in Niedersachsen werden ab 2012 weitere 12 000 Arbeitsplätze dazukommen.

Hauptsitz

Altenholz bei Kiel

Umsatz

270 Millionen Euro (2009)

Mitarbeiter

1600

IT-Nutzer

55.000 (IT-Arbeitsplätze, die genaue Zahl der IT-Nutzer ließ sich in den verschiedenen Ämtern nicht ermitteln)

Vorstand

Matthias Kammer (nur noch bis Ende Oktober, ein Nachfolger ist noch nicht bekannt)