In Gerichtsverfahren gewinnen elektronisch gespeicherte Informationen immer mehr an Bedeutung. Entsprechend wächst in Unternehmen der Bedarf an Software, mit der sich Beweise in Form von Daten gerichtsverwertbar sichern lassen. Die Marktforscher von Gartner rechnen auf dem Markt der sogenannten "E-Discovery" in der Betrachtung von 2008 bis 2013 mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 21,2 Prozent.
2,1 Milliarden US-Dollar werden die Anbieter solcher Software demnach 2013 umsetzen. Für 2009 schätzt der Bericht "Dataquest Insight: E-Discovery Software Marketplace Continues Ist High-Growth Pace" ihre Umsätze auf insgesamt eine Milliarde.
Das weitaus größte Geschäft mit der elektronischen Beweissicherung machen Anbieter wie Autonomy, IBM oder Symantec in den Vereinigten Staaten. Dort sammeln die Parteien in Zivilverfahren schon vor dem eigentlichen Gerichtsprozess in großem Umfang auch elektronisch abgelegte Beweismittel. Oft sind auch Daten betroffen, die sich bei Partnerfirmen im Ausland befinden, schreiben die Juristen Axel Spies und Christian Schröder in einem Artikel für die Fachzeitschrift Multimedia und Recht (MMR). Aus diesem Grund können die US-Vorschriften zur Beweissicherung auch deutsche Firmen betreffen.
Gartner registriert bei seinen Kunden steigenden Bedarf an Lösungen, die aus rechtlichen Gründen systematisch abgelegt werden müssen. Katalysator für diese Entwicklung sei der Erlass von Bestimmungen wie dem Sarbanes-Oxley-Act (SOX). Im Nachklang der Kreditkrise von 2008 seien zudem eine Menge Prozesse zu erwarten, in denen auf Rechnern gespeicherte Dokumente und Daten wichtige Beweise seien.
Viele Unternehmen haben die elektronische Beweissicherung laut Gartner bisher an Dienstleister ausgelagert, weil ihnen intern noch das nötige Fachwissen dafür fehlt. Allerdings gehen immer mehr Unternehmen dazu über, lieber selbst Software für E-Discovery zu installieren und damit zu arbeiten. Den Marktforschern zufolge kann das Geld und Zeit sparen.
Neue Angebotsformen für E-Discovery
Konkret geht es um Programme, mit denen sich elektronisch gespeicherte Daten für behördliche und gerichtliche Verfahren identifizieren, aufbewahren, sammeln, aufbereiten, sichten und erstellen lassen.
Wenn ein CIO sich entscheidet, die ausgelagerte E-Discovery wieder selbst in die Hand zu nehmen, findet er laut der Gartner-Analyse auf dem Markt verstärkt drei Formen von Angeboten. Die erste Variante ist vor allem auf unstrukturierte Daten und Mail-Management ausgelegt und wird in weiter gefasste Plattformen zur Datenverwaltung integriert.
Unternehmen bisher reaktiv
Ein zweites Modell kombiniert verschiedene Funktionen wie Identifizierung, Sammlung und Datenverarbeitung zu einer Lösung, die als Lizenz-Software zur Verfügung steht. Das dritte Modell, das Gartner ausmacht, sind SaaS-Lösungen.
Bisher verhalten sich die meisten Unternehmen indes reaktiv. Wenn ihnen eine Beweisanfrage ins Haus flattert, fragen sie ihre Anwälte und beginnen anschließend damit, die verlangten Daten zusammenzustellen. Mittlerweile beobachten die Marktforscher allerdings, dass immer mehr sich vorbeugend mit dem Thema befassen.
Mehr rechtliche Verantwortung beim Chef
Die steigenden Erwartungen an die Führungsebene, Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung von Geschäften zu übernehmen, ist ein möglicher Grund dafür. Was den Markt nach Beobachtungen von Gartner zusätzlich vorantreibt, ist die Explosion der zu sichernden Datenmengen - neben E-Mails auch Kommunikationsformen wie Instant Messaging.
Bei der Beschäftigung mit E-Discovery tritt Gartner zufolge vielerorts zutage, dass die Informations-Governance besser werden muss. Welche Informationen für den Unternehmenserfolg entscheidend sind und welche Folgen für den Umgang mit diesen Daten sich daraus ergeben, sei in vielen Betrieben nicht umfassend geklärt. Zu viel Mühe und Zeit werde auf Daten verschwendet, die nichts zum Geschäftserfolg beitragen.