Umgang mit Kundendaten

Datenschutz: Ja, aber bitte kostenlos

19.04.2012 von Werner Kurzlechner
Schutz ihrer persönlichen Informationen ist Kunden wichtig. Aber nicht so wichtig, dass sie dafür einen Aufpreis zahlen würden, zeigt ein Enisa-Experiment.
Die meisten Kunden wollen möglichst keine Daten preisgeben, auf die von unbekannten Dritten zugegriffen werden könnte. Aber nur eine Minderheit ist bereit, für diesen Service-Gewinn höhere Preise zu zahlen.
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Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre. In der Internet-Ökonomie heißt das zum Beispiel, dass Käufer von Unternehmen einen sorgsamen Umgang mit ihren Daten erwarten können. Aber sind die Konsumenten wirklich bereit, für guten bis hervorragenden Datenschutz einen Aufpreis zu zahlen? Nicht wirklich, wie eine Studie der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (Enisa) zeigt. Dennoch kann es sich aus Anbietersicht lohnen, beim Datenschutz kundenfreundlich zu sein.

Die Studienautoren Nicola Jentzsch und Andreas Harasser vom DIW Berlin sowie Sören Preibusch von der University of Cambridge versuchen in ihrer Forschungsarbeit, das aktuelle Datenschutz-Dilemma in ein ökonomisches Modell zu übersetzen. Bekanntlich greifen Internetfirmen immer mehr auf persönliche Kundendaten zu und werten diese aus – was einerseits durch günstige Spezialangebote für die Kunden lohnend sein kann, was andererseits aber auch zu Unbehagen führt. Die Enisa-Studie spürt der Frage nach, inwieweit die jeweiligen Kundenpräferenzen bei der Wahl von Service-Angeboten eine wirtschaftliche Rolle spielen.

Weit mehr Daten abgefragt als nötig

Zu diesem Zwecke testeten die Autoren mit 443 Freiwilligen, die allesamt an der Technischen Universität Berlin studieren. „Es handelt sich um das bis heute größte Laborexperiment im Forschungsfeld der Datenschutz-Ökonomie“, schreiben die Autoren in ihrer Studie.

Die Studienteilnehmer wurden via E-Mail dazu eingeladen, bei Bedarf mehrmals Kinokarten über eine Internet-Service-Plattform zu erwerben. Anders als häufig in der Realität bot diese speziell geschaltete Website völlige Transparenz über zwei Angebote. Auf Preisunterschiede wurde ebenso deutlich hingewiesen wie auf verschiedene Anbieterstrategien bei den Kundendaten. So ließen sich klar ein kundenfreundliches und ein kundenunfreundliches Profil unterscheiden. Kundenunfreundlich heißt in diesem Fall, dass deutlich mehr Daten als nötig abgefragt wurden und dass der Ticket-Erwerb nur unter der Voraussetzung einer Verwendung der Daten zu Marketing-Zwecken möglich war.

Die zentralen Ergebnisse der Enisa-Studie sind eindeutig. Anbieter können zunächst einmal mit Kundentreue rechnen. Mehrfachkäufer kauften beim zweiten Mal fast immer erneut dort ein, wo sie bereits den ersten Kauf getätigt hatten. In einem ersten Test wurden Kinokarten zum gleichen Preis angeboten. 83 Prozent der Probanden entschieden sich hier zum Einkauf beim Anbieter, der ihnen weniger an Datenpreisgabe abverlangte. Das beweist nach Einschätzung der Autoren, dass es ein weit verbreitetes Interesse an Sorgsamkeit beim Datenschutz gibt.

Regulatorische Flexibilität angemahnt

Keineswegs gleichzusetzen ist dies allerdings mit der Bereitschaft, für dieses Bedürfnis auch Geld auszugeben. In einem zweiten Teil des Experiments bot das eine Unternehmen mehr Datenschutz, das andere aber die etwas günstigeren Preise. Im Vergleich zum ersten Test purzelte der Anteil der Käufer beim kundenfreundlichen Anbieter rapide nach unten. Lediglich ein Drittel der Studenten entschied sich hier trotz höherer Kosten für das Angebot mit den besseren Datenschutzbedingungen.

Nichtsdestotrotz zeige sich, dass bei keinen oder nur marginalen Preisunterschieden Firmen mit kundenfreundlicher Datenschutzstrategie einen Wettbewerbsvorteil hätten, konstatieren die Autoren. Von Politik und Behörden fordern sie regulatorische Bedingungen, die genügend Flexibilität bei Preisen, aber auch beim Umgang mit Kundendaten ermöglichen. Damit sich die Datenschutzstrategie an die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse anzupassen vermag, müsse aber die dafür notwendige Transparenz über unterschiedliche Vorgehensweisen der Unternehmen geschaffen werden.

„Die Unterschiede in Datenanforderungen, Datenschutz und Privacy Management müssen für die Kunden klarer sichtbar gemacht werden, damit sich ein Vergleich der von Online-Anbietern gestellten Bedingungen ziehen lässt“, heißt es dazu in der Studie. Überdies sollte die Übertragbarkeit von Kundenprofilen an die Zustimmung der Verbraucher gekoppelt werden, so die Autoren weiter.

Die Studie „Study on monetizing privacy“ steht auf der Enisa-Website zum kostenlosen Download bereit.