Fachkräftemangel

Dax-Konzerne: Schlechte Personalberichte

17.09.2012 von Bettina Dobe
Laut einer Studie von Ernst & Young veröffentlichen lediglich Commerzbank, Telekom sowie Infineon und RWE gesonderte Personalberichte. Eine vertane Chance angesichts des Fachkräftemangels.
"Nackte Zahlen sagen wenig", sagt der Ernst & Young-Analyst Tobias Plafky.
Foto: Ernst & Young

Lesen Bewerber die Jahresberichte der Dax-30-Firmen, könnte ihnen die Freude am potenziellen Arbeitgeber schnell vergehen. Das liegt nicht an der wirtschaftlichen Lage. Wie die Analysten von Ernst & Young herausfanden, berichten Deutschlands große Aktiengesellschaften, wenn überhaupt, dort nur trocken und zahlenlastig über ihre Personalpolitik. Auch in Personalberichten sieht es ähnlich desolat aus. Damit verschenken die Firmen eine gute Möglichkeit zur Eigenwerbung.

Für ihre Analyse sahen sich Tobias Plafky und Kollegen der Wirtschaftsprüfgesellschaft die Jahres-, CSR- und Personalberichte der großen Unternehmen an. Und kamen zu dem Ergebnis: "Die Personalberichterstattung hat noch nicht den Stellenwert erreicht, den sie eigentlich haben sollte", so Plafky.

Kaum Infos für Bewerber

Zwar ist der Jahresbericht vorrangig an Aktionäre, Analysten und Investoren adressiert. Über die Personalpolitik verrät er nur wenig, allenfalls findet sich ein Absatz über die Vorstandsvergütung und grundlegende Informationen zu den Mitarbeitern im Unternehmen. "Aus Sicht von potenziellen Bewerbern, aber auch manchen Investoren, ist das zu wenig", sagt Plafky. "Meist geht es um die Aspekte Vergütung, demografische Daten und Angaben zur Fluktuation, sowie zum Frauenanteil", heißt es in der Studie über die Jahresberichte.

Doch welche Werte das Unternehmen vertritt, welche herausragenden Mitarbeiter es gibt oder welche Kommunikationsformen herrschen, das erfährt ein geneigter Bewerber nicht. Der Jahresbericht könnte für sie interessant sein - das haben die Unternehmen noch nicht erkannt. Einige Firmen ergänzen wenigstens den vorgeschriebenen Bericht mit Nachhaltigkeits- und Personalberichten. Doch dort ist die Lage ähnlich.

Zahlen allein verraten nichts über die Unternehmenskultur - sie müssen im Kontext stehen.
Foto: Eisenhans - Fotolia.com

Im Nachhaltigkeitsbericht erfährt der Kandidat zwar viel über das Personalprogramm. "Mitarbeiter und Kandidaten komme häufig nur als abstrakte Größen vor", so die Studie. Und da sich die wenigsten gern als Nummer in einem Bericht wiederfinden, verliert diese Berichtsform schnell an Attraktivität. Nur wenige Firmen setzen darauf, ihre Kommunikation im Personal auch mit eigenen Berichten zu ergänzen. Dabei liegt darin der Schlüssel, um Bewerber anzulocken.

Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels müssen sich Firmen anders präsentieren. Sonst wenden sich potenzielle Bewerber eben an andere Firmen. Das kann auf lange Sicht den Unternehmenserfolg gefährden. "Unternehmen müssen sich aktiver darstellen. Und der Personalbericht ist eben ein Element der Personalkommunikation", sagt Plafky.

Gute Beispiele: Commerzbank, Telekom, Infineon und RWE

Nur etwa zehn Prozent der Firmen, so Plafky, veröffentlichten einen gesonderten Personalbericht: die Commerzbank, die Deutsche Telekom, Infineon und RWE. Eigentlich ist die Zielgruppe hier Bewerber und Mitarbeiter des Unternehmens. Und hier verschenken die großen Firmen viel Potenzial: "Der Personalbericht könnte interessant für Bewerber sein, wenn er aufbereitet wäre", sagt Plafky.

Oft stehen darin nur Informationen zur Personalstrategie und der Organisation - wieder ist der Bericht nüchtern gehalten. Fakten stehen im Vordergrund, nur leider sagen nackte Zahlen eben wenig aus. Eine Grafik etwa über die Zahl der Mitarbeiter in einem anderen Land verrät nicht, welche Sprache dort gesprochen wird. "Der Bewerber kann da wenig rausziehen", sagt Plafky. Das motiviert ihn nicht, in der Firma eine Anstellung zu suchen.

Commerzbank am besten

Die Commerzbank geht da nach Meinung der Analysten mit gutem Beispiel voran. "Sie verbindet Statistiken mit qualitativen Informationen und schafft dadurch Relevanz und Glaubwürdigkeit", sagt Plafky über den Personalbericht der Bank. Geschichten von herausragenden Mitarbeitern oder Beispiele zur Unternehmenskultur, das bietet der Bericht der Commerzbank und weckt das Interesse von Bewerbern. Aber nur einer von 30 Dax-Konzernen, das ist zu wenig.

Dabei wissen die Firmen, dass sie sich besser präsentieren müssen - sie tun es oft schon. Auf den Karriere-Seiten wird oft die Unternehmenskultur präsentiert und Kandidaten angesprochen. Und in den Jahresberichten stehen Zahlen im Kontext. Für Investoren wird im Jahresbericht die Firmengeschichte aufbereitet und die Ergebnisse so in Relation gesetzt.

Auf Websites machen es Unternehmen schon richtig

Das könnten sich Personal- und Kommunikationsabteilung als Beispiel nehmen. "Die Personalbereiche sind gefordert, sich insgesamt überzeugender zu präsentieren", so die Studie. Plafky ist der Ansicht, dass die Berichte nicht so zahlenlastig sein sollten. "Hier geht es doch um Menschen. Und die sind in Zahlen einfach nicht greifbar."