Noch dauert es mit dem Start von De-Mail für Privatkunden. Das sagte der Jens Mayer, Projektleiter De-Mail bei der Deutschen Telekom, im Interview mit unserer Schwesterpublikation CIO.de.
Zuletzt berichtete CIO.de über die Thematik von De-Mail in dem Artikel "Konkurrenz für De-Mail und E-Post" im Zusammenhang mit dem Thema "E-Mail-Rechnungen ohne Signatur".
Auch der E-Postbrief der Deutschen Post hat Startprobleme. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ist vor kurzem gegen die Werbung der Post vor das Landgericht Bonn gezogen - und hat nun gewonnen. Das Gericht befand: "Die Aussage: 'Der E-Postbrief ist so sicher und verbindlich wie der Brief' ist unwahr." (Az. 14 O 17/11). Die Post will in Berufung gehen. CIO.de fragte den Projektleiter De-Mail der Deutschen Telekom, Jens Mayer, zum Verlauf der Dinge.
CIO.de: Wie ist der Stand der Vorbereitungen bei der Deutschen Telekom für die De-Mail?
Jens Mayer: Das De-Mail-Gesetz ist mit Verspätung Anfang Mai 2011 in Kraft getreten. Derzeit beginnen wir mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Zertifizierungsverfahren auf Basis der Technischen Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Datenschutzkriterienkatalogs des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BFDI).
Voraussichtlich Ende 2011 oder Anfang 2012 ist dann auch die Akkreditierung der Telekom als De-Mail-Provider abgeschlossen. Allerdings starten wir noch in diesem Jahr mit De-Mail-Projekten im Umfeld von Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung, damit unsere Privatkunden über attraktive Anwendungen den größtmöglichen Nutzen aus der De-Mail ziehen können.
CIO.de: Wie viele Anmeldungen gibt es für De-Mail?
Jens Mayer: Gemeinsam mit United Internet haben wir weit über eine Million De-Mail-Reservierungen. Vor allem bei den Geschäftskunden ist das Interesse groß. Bislang haben wir über 15.000 Vorregistrierungen erhalten.
CIO.de: Sind die Interessenten schon identifiziert? Wie läuft das Verfahren konkret ab?
Mayer: Bislang können Unternehmen und Privatkunden ja völlig unverbindlich ihre persönliche De-Mail-Adresse bei uns reservieren. Sobald wir mit unserem eigenen De-Mail-Produkt starten, müssen sich die Interessenten dann einmalig identifizieren lassen – zum Beispiel mit einem Personalausweis. Das können sie ganz einfach in einem Telekom-Shop machen.
Telekom hält sich Klage gegen Deutsche Post wegen Post-Ident offen
Darüber hinaus sprechen wir aktuell bereits mit möglichen Partnern, mit denen wir unseren Kunden künftig einen weiteren bequemen Weg der Authentifizierung bieten wollen. Alternativ besteht künftig auch die Möglichkeit, sich mit dem neuen Personalausweis direkt während des Anmeldeprozesses am Rechner zu identifizieren.
CIO.de: Plant die Telekom eine Klage gegen die Post wegen der Kündigung des Post-Ident-Verfahrens für De-Mail - wie es GMX erfolgreich getan hat?
Mayer: Die Möglichkeit halten wir uns offen. Allerdings werden wir unseren Kunden über Telekom-Shops, den neuen Personalausweis sowie Partner attraktive Alternativen für die Identifizierung bieten.
CIO.de: Wer sind die Hauptzielgruppen, und welche Werbeaktionen planen Sie?
Mayer: Mit De-Mail richten wir uns im Prinzip an alle Zielgruppen. Während Privatkunden eher De-Mails empfangen wollen, werden Unternehmen und Behörden De-Mails eher versenden – untereinander wie auch zu Privatkunden. 90 Prozent aller Briefe versenden heute Unternehmen, Verwaltungen und Behörden. Mehr als 50 Prozent davon lassen sich unserer Einschätzung nach als De-Mail versenden. Selbstverständlich werden wir die Öffentlichkeit zum Start unseres De-Mail-Angebots umfassend informieren. Die Planungen hierfür haben bereits begonnen.
CIO.de: Wie lange dauert die Implementierung von De-Mail bei Unternehmenskunden, wie aufwendig und teuer wird es?
Mayer: Für kleine und mittelständische Unternehmen werden wir standardisierte Produkte anbieten, die sich einfach in die Unternehmensinfrastruktur einbinden lassen. Mit der De-Mail werden ja keine neuen Internetprotokolle eingeführt, sondern es werden Protokolle genutzt, die im E-Mail-Umfeld bereits bekannt sind. Dazu gehört zum Beispiel das einfache E-Mail-Transportprotokoll (SMTP).
Bei De-Mail nutzen wir dieses Protokoll selbstverständlich verschlüsselt. Für kleine Betriebe bieten wie im ersten Schritt eine browserbasierte Lösung an, die sich ohne Aufwand für eine Implementierung nutzen lässt. Für größere Unternehmen wird es entsprechende De-Mail-Gateways geben. Diese haben den großen Vorteil, dass die Mitarbeiter einer Firma bei der Nutzung von De-Mail wie gewohnt mit ihrem bestehenden E-Mail-Programm arbeiten können. Die Implementierung von De-Mail bei unseren Großkunden werden wir über unser normales Projektgeschäft abwickeln.
CIO.de: Welche Firmen werden es nutzen? Gibt es erste Referenzkunden?
Mayer: Wir führen bereits viele Gespräche mit interessierten Firmenkunden. Diese können dann sehr bald mit ersten Testanbindungen an unsere Plattform beginnen.
Die BSI-Anforderungen für die Zertifizierung sind aufwendig
CIO.de: Wie sehen die technischen Herausforderungen aus?
Mayer: Die Anforderungen an De-Mail werden sehr genau in den technischen Richtlinien des BSI beschrieben. Gerade die Umsetzung der Anforderungen in den Bereichen Sicherheit, Vertraulichkeit, Integrität und Datenschutz sind aufwendig und bedürfen besonderer Sorgfalt. Letztendlich wird die Telekom im Rahmen ihrer Zertifizierung die Erfüllung dieser Anforderungen nachweisen.
CIO.de: Wie groß ist die Projektgruppe, und wo ist De-Mail im Konzern angesiedelt?
Mayer: Die Projektgruppe ist stetig gewachsen. 2007 gab es ein kleines Kernteam. Mit der Pilotierung in der T-City Friedrichshafen, den folgenden Branchenprojekten und vor allem dem großen Kundeninteresse, ist daraus eine Mannschaft geworden, die aus allen Konzernteilen kommt: Products & Innovation, Telekom Deutschland oder T-Systems. De-Mail ist der Deutschen Telekom wichtig, dies spiegelt sich in der Teamstärke wider.
CIO.de: Wird es über das reine De-Mail-Produkt hinaus weitere Produkte von der Deutschen Telekom geben - ähnlich wie bei der Deutschen Post?
Mayer: Das De-Mail Gesetz regelt ausschließlich die sichere und nachweisbare elektronische Kommunikation zwischen einem Sender und einem Empfänger. Darüber hinausgehende Angebote sind in diesem Sinne nicht mehr „De-Mail“. Die Deutsche Telekom plant aber, als Full-Service-Provider auch hybride Versandangebote als Ergänzung zur De-Mail anzubieten.
Multidomain ist verbraucherfeindlich und behindert den Wettbewerb
CIO.de: Sind Sie mit dem De-Mail-Gesetz zufrieden? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Mayer: Wir begrüßen es sehr, dass das De-Mail-Gesetz im Mai gestartet ist, da hiermit endlich eine vergleichbare, elektronische Alternative zum bisherigen Papier gebundenen Briefverkehr möglich ist. Allerdings bedauern wir, dass auf der „Zielgeraden“ des Gesetzgebungsprozesses die für alle Angebote einheitliche De-Mail-Domain „de-mail.de“ durch einen Multidomain-Ansatz ersetzt wurde. Die Multidomain, das heißt jeder De-Mail-Provider kann seine eigene De-Mail-Domain selbst festlegen, ist verbraucherfeindlich und behindert den Wettbewerb.
Privatkunden müssen sich nun mehrere De-Mail-Domains merken. Dies fördert weder die Akzeptanz noch das Vertrauen in die neue Technik. Unternehmenskunden wiederum entstehen unnötige Kosten beim Wechsel. Dies behindert den Wettbewerb, weil Firmen Wechselkosten vermeiden und so beim Erstanbieter bleiben werden.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die De-Mail noch in weiteren Gesetzesvorhaben eine wichtige Rolle spielt. Mit dem geplanten E-Government-Gesetz der Bundesregierung zum Beispiel wird dies hoffentlich der Fall sein. Damit könnten dann qualifizierte, elektronische Signaturen, die für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftformerfordernis heute noch notwendig sind, künftig beim Versand über De-Mail entfallen.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.