Ob Kekse, Schweinshaxen, Bananen oder Eier: Für sämtliche Lebensmittel müssen Händler seit Anfang 2005 nachweisen, woher sie stammen - so will es die EU. "Hersteller müssen ihre Lieferanten kennen und wissen, an wen die Ware weitergeht", erläutert Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde in Berlin, und spricht von "Mindestanforderungen". Nationale Gesetze sehen bei Missachtung der Verordnung Bußgelder in Höhe von bis zu 20 000 Euro vor. "Für Konzerne wie Nestle, Unilever und Metro ist es wichtig, im Krisenfall selbst kleine Chargen schnell ’rückrufen zu können", ergänzt Horst. Dafür ist eine chargenbezogene Rückverfolgung nötig.
Der Handelskonzern Metro hat europaweit als erster Konzern in seinem Future Store in Rheinberg ein entsprechendes System laufen, mit dem ein Ei bis auf die Zutaten des Körnerfutters für die Hühner zurückverfolgt werden kann.
OS-FS lautet die Formel für Schadensprävention: Immer wieder kommt es zu Verunreinigungen von Lebensmitteln. Ende letzten Jahres etwa fanden Forscher in Holland Dioxin in Nahrungsmitteln. Der Grund: Im Produktionsprozess geriet dioxinhaltiges Mineral in Kartoffeln und setzte sich in den Schalen ab, die Bauern später als Futtermittel verwendeten. Sämtliche Betriebe, die das Futter ihren Tieren gaben, wurden sofort gesperrt. Je schneller dies geschieht, umso geringer ist der Schaden für die beteiligten Händler und den Verbraucher.
Die Voraussetzung dafür ist eine lückenlose Lieferkette von der "Primärerzeugung" über einzelne Veredelungsunternehmen bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel. Oberstes Ziel: Transparenz für alle Interessenten. Informationen, die jedes einzelne "Kettenglied" in ein zentrales System schickt, sei es der Futtermittelhersteller, ein Prüfinstitut, der Bauernhof oder der Tante-Emma-Laden, sollten per Knopfdruck über Internet darstellbar sein.
"Opinion Leader" sollen ins System
Dieses Zentralsystem ist ein Hochsicherheitsrechenzentrum in Frankfurt. Hier laufen unter hohen Sicherheitsstandards die Daten aus den Betrieben über das Internet hinein. "Eine Verwaltung eines Legebetriebs etwa gibt hier die Daten online ein", erläutert Bernd Krakau vom Rechenzentrumsbetreiber und Initiator T-Systems. E-technisch nicht so weit entwickelte Landwirtschaftsbetriebe können ihre Daten per Call-Center ins System einpflegen lassen. "Das System verknüpft sämtliche Daten durch eine eigene Logik", erläutert Krakau, der schon vor drei Jahren erste Schritte in Richtung Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln zurücklegte.
Rund 3000 Betriebe, so die Hoffnung des für die Europäische Eierwirtschaft zuständigen European Egg Konsortiums, werden ihre Daten in das System einfließen lassen, sich aber auch über die gesamte Warenverfolgung informieren. Im Oktober will T-Systems das System "scharf schalten": Bis Mitte 2006 sollen dann alle "Opinion Leader" der deutschen Eierwirtschaft das System nutzen, so die Vorstellung von Krakau, der in der Rückverfolgung von Waren einen Markt in dreistelliger Millionenhöhe entdeckt und ein Wachstum von bis zu 25 Prozent jährlich nicht für unmöglich hält. Geld verdient T-Systems nach einem "Transaktionsmodell": Welcher Händler auch immer das System nutzt, bezahlt nutzungsabhängig an T-Systems - ähnlich wie beim Handytarif.
Die Metro AG hat in ihrem Future Store in Rheinberg testweise einen ersten Info-Terminal errichtet, an dem sich auch Verbraucher über die Herkunft ihrer Eier informieren können. Der Terminal beschränkt sich also nicht allein auf den Stempel auf dem Ei (www.was-steht-auf-dem-ei.de), durch den etwa klar wird, ob das Ei aus einer Legebatterie oder von einem Bio-Hof stammt. Hier lässt sich der gesamte Weg grafisch darstellen. "Für Geflügel und Fleisch ist ein entsprechendes System derzeit in Vorbereitung", erläutert Gerd Wolfram, Projektleiter im Future Store und Geschäftsführer der IT-Tochter Metro Group Information Technology, der auch den Einsatz von Funketiketten anvisiert. Denn Anfang 2007 sind auch die Umverpackungen für Lebensmittel fällig für die nahtlose Rückverfolgung - und hier ließe sich ein Funk-Tag gut anbringen.