IT und ihre internen Kunden sollen effizient zusammenarbeiten. Doch wie gestaltet man heutzutage eine Zusammenarbeit, die - beeinflusst durch Konzepte der Vergangenheit - nicht immer zufriedenstellend war?
In den 1990-er Jahren löste man die Frage vielfach durch eine Marktorientierung der IT-Abteilung. Sie wurde als Profit-Center organisiert und sollte gleichzeitig interne Kunden betreuen und sich am Markt etablieren. Rund zehn Jahre später ist die Bilanz dieses Versuchs ernüchternd: Nur wenige neue externe Kunden wurden gewonnen. Zudem führten schwer zu erfüllende Service-Verpflichtungen und unzufriedene Geschäftseinheiten in der eigenen Firma oft dazu, diesen Ansatz nicht weiterzuverfolgen.
Heute richtet sich die IT wieder auf interne Dienstleistung aus. Dabei wird sie mit einer gestiegenen Anspruchshaltung ihrer internen Kunden konfrontiert. Die Business-Seite erwartet einen kostengünstigen Betrieb und überschüttet die IT geradezu mit zahlreichen Projektaufträgen. Da das IT-Budget jedoch begrenzt ist und Anforderungen zurückgewiesen oder auf die lange Bank geschoben werden müssen, lassen Probleme nicht lange auf sich warten.
Die Herausforderung für ein effizientes Demand-Managements liegt daher darin, den richtigen Projekt-Mix zu erstellen und die Nachfrage gezielt zu steuern. Nach Schätzungen von Booz Allen Hamilton sind mit diesem Ansatz allein im Projektentwicklungsbereich Einsparungen von bis zu 25 Prozent des für Projekte vorgesehenen IT-Budgets möglich.
IT-Projekte werden überwiegend durch interne Kunden in Auftrag gegeben. Daher muss auch der Hebel zur Kostenreduktion hier ansetzen. IT-Kosten werden also direkt durch die Wünsche der Business-Seite und indirekt durch Komplexitätssteigerungen im IT-Betrieb in die Höhe getrieben. Das Verständnis für diesen Zusammenhang muss in den meisten Unternehmen erst geweckt werden. Transparenz hinsichtlich zu erwartender Kosten trägt dazu bei, interne Kunden entsprechend zu sensibilisieren.
Vom Business Case zur mehrdimensionalen Steuerung
Eine wesentliche Steuerungsdimension für IT-Projekte ist in den meisten Branchen weiterhin der Business Case. Auch aus unserer Sicht hat er als quantitatives Element hohes Gewicht. Sich jedoch ausschließlich auf NPV (Net Present Value), ROI (Return on Investment) oder Amortisationszeiträume zu verlassen, greift zu kurz.
Eine Managemententscheidung für oder gegen ein Projekt sollte auf Basis einer holistischen Betrachtung erfolgen. Dazu können die Entscheidungsdimensionen um die Kategorien strategische Ausrichtung, Risiko und Time-to-Market erweitert werden.
Die strategische Ausrichtung eines Projekts und damit auch das Maß, in dem das Projekt die Gesamtstrategie unterstützt, stellt dabei die am schwierigsten messbare und am meisten vernachlässigte Dimension dar. Unternehmensstrategien liegen selten in einer Form vor, gegen die sich Projekte direkt messen lassen. Da jedoch der Wertbeitrag der IT nicht nur in Euro, sondern zunehmend am Grad der Unterstützung des Geschäftsmodells gemessen wird, ist eine Beurteilung nötig und sinnvoll.
Bei diesen Überlegungen ist auch zu berücksichtigen, dass IT branchenübergreifend zunehmend komplexer wird. Jedes Projekt beeinflusst untereinander abhängige Systeme, oft auch Schnittstellen zu Systemen außerhalb des eigenen Unternehmens. Echtzeitverarbeitung kritischer Unternehmensdaten ist heutzutage die Regel. Die Risikoanalyse aus technischer und aus operativer Sicht des Unternehmens wird damit zur Pflicht und als Entscheidungsdimension unentbehrlich, denn nur im richtigen Risiko-Mix sind IT-Releases beherrschbar.
Ein weiterer Faktor ist die fortschreitende Verkürzung von Entscheidungszyklen. Mittel- bis langfristige Planungen sind bereits nach kurzer Zeit überholt, da Unternehmen auf Markt und Wettbewerb reagieren (müssen). Ohne die Zeitdimension bildet die Entscheidungsmatrix die Wirklichkeit also nicht ab. Erst die Integration des Time-to-Market-Aspekts sorgt für eine ausgeglichene Balance der Einflussfaktoren. In aktuellen Projekten gelang es Booz Allen Hamilton, das durchschnittliche Time-to-Market um bis zu 30 Prozent zu verkürzen.
Werden Projekte durch diese vier Entscheidungsdimensionen beurteilt, steht dem Management eine Faktenbasis zur Verfügung, die die Entscheidungsfindung erleichtert und für das gesamte Unternehmen vereinheitlicht. Die Mittelverwendung des IT-Budgets gewinnt an Transparenz, und interne Kunden werden mit in die Verantwortung einbezogen. Die endgültige Entscheidung für oder gegen ein Projekt bleibt dabei auf der Kundenseite. Daher ist das Modell sowohl bei zentraler IT-Verantwortung als auch bei dezentraler Budgetierung nutzbar.
Erfolgskontrolle – Managemententscheidungen auf dem Prüfstand
Dieser mehrdimensionale Ansatz lässt sich durch eine über KPI (Key Performance Indicators) gesteuerte Erfolgskontrolle weiter ausbauen. Diese sollte im Rahmen eines Projektmanagement-Reportings zunächst eine Echtzeitsicht auf den Projektfortschritt ermöglichen. Ein analytisches Business-Reporting erlaubt zusätzlich, die Belange funktionaler Units abzubilden.
Das verbessert die Entscheidungsgrundlage für die zukünftige Projektauswahl. Ergänzt wird der Ansatz durch das Performance-Management-Reporting, das die wesentlichen Metriken für jeden funktionalen Bereich zusammenstellt. Ziel ist, den Projekterfolg nicht nur anhand der Implementierung, sondern auch darüber hinaus messbar zu machen.
Erfolgsfaktor Überzeugung der internen Kunden
Die Prozessverantwortung für das geschilderte Vorgehen können die beteiligten Unternehmensbereiche unter sich aufteilen. Da eine möglichst kurze Durchlaufzeit jedoch kritischer Erfolgsfaktor für das Demand-Management ist, sollte die Prozesshoheit in einer Hand liegen. Ob dies IT selbst sein muss, wird gerade von internen Kunden immer wieder in Zweifel gezogen.
Aus unserer Erfahrung heraus verfügt die IT jedoch meist über die idealen Personal-Ressourcen zur Übersetzung von internen Kundenwünschen in IT-Anforderungen. Da daraus die weiteren Entscheidungsparameter auf Kostenseite abgeleitet werden, macht eine Verankerung des Demand-Managements in der IT durchaus Sinn. Der Prozess unterstützt die Management-Entscheidungen des gesamten Unternehmens und hat hohe Visibilität. Eine Verankerung direkt beim CIO ist daher sinnvoll. Damit wird die strategische Bedeutung des Demand-Managements auch nach außen hin deutlich sichtbar.
Wichtigster Erfolgsfaktor ist, interne Kunden von der Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens zu überzeugen. Nicht nur als Informationslieferant zur Bewertung der Entscheidungsdimensionen im Prozess, sondern auch als Hauptnutzer der Projektinformationen müssen diese das Demand-Management aktiv unterstützen und dessen Ergebnisse in ihrer Entscheidungsfindung nutzen. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, kann das Demand-Management alle Erwartungen erfüllen.
Demand-Management von der IT auf das ganze Unternehmen abbilden
Auf Basis des vorgestellten Ansatzes können Unternehmen ihren heutigen internen IT-Projektbedarf effizient steuern. Der nächste logische Schritt ist jedoch, Demand-Management aus der IT-Ecke zu lösen und in einen größeren Kontext zu stellen.
Der Projektentscheidung zugrunde liegende Parameter lassen sich schließlich nicht nur auf reine IT-Projekte anwenden, sondern auch für mehrdimensionale Entscheidungsbäume allgemeiner Technologie- oder Businessprojekte ausprägen. Hier kann der CIO durch messbare Erfolge im eigenen Bereich durchaus auf andere Unternehmensbereiche wirken. Eine verstärkte Faktenbasierung der Entscheidung sowie ein hoher Grad an Transparenz sollten mittel- bis langfristig nicht allein Sache der IT bleiben.
Die Erweiterung des Demand-Managements auf andere Unternehmensbereiche birgt jedoch Risiken für den CIO-Bereich. Durch den Outsourcing-Trend verlagert sich die Verantwortung für die Applikationsentwicklung immer mehr in die Geschäftsbereiche (um möglichst nahe am Geschäftsprozess zu sein) und nimmt dabei häufig auch das Demand-Management mit.
Ein wichtiger Teil der IT-Verantwortung wird damit von der Demand-Seite selbst wahrgenommen. Bleibt der CIO auf der Supply-Seite oder nimmt er die Demand-Management-Rolle nicht aktiv an, bleibt ihm oft nur eine übergeordnete Koordinations- und Architekturrolle ohne wirkliche Entscheidungskompetenz. Das ist eine Perspektive, die nicht jedermann behagt. Sie könnte die Diskussion über die Position/Funktion des IT-Verantwortlichen auf der Supply- oder Demand-Seite neu entfachen.
Olaf Acker ist Senior Projektleiter und Jörg Böckmann ist Associate bei Booz Allen Hamilton.