Interview: Rolf Röwekamp
[Rolf.Roewekamp@cio.de]
CIO: Was verspricht On Demand?
Krcmar: Manche der Versprechen lassen sich am besten mit kurzfristigen Partnerschaften vergleichen: On Demand ist anscheinend eine einmalige Beziehung, so wird es oft verkauft. Die lohnt sich aber nur, wenn die Such- und Bindungskosten sehr gering sind. Das halte ich aber für unrealistisch angesichts der Komplexität von Anwendungssoftware und der Individualität mancher Geschäftsprozesse samt der organisatorischen Mühen in den Firmen, damit zurechtzukommen.
Was ist bislang technisch möglich?
Das ist eine sehr spannende Frage: Wenn Web-Services und Grid-Computing Realität werden, dann kann ein IT-Dienstleister flexibler auf die Kapazitätsanforderungen der Anwender reagieren. Grid-Computing setzt allerdings auch voraus, dass große Softwareanwendungen rasch zwischen Rechnern hin- und hergeschaltet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind solche Anwendungen aber häufig noch sehr eng mit ihren Servern verkoppelt. Würde man sich heute beispielsweise überlegen, umfangreiche Backups von SAPSystemen ad hoc in verschiedenen Rechenzentren bei verschiedenen Betreibern "unterzubringen", also deren verteilte Kapazitäten zu nutzen, dann dürfte sich das, so fürchte ich, nicht als allzu leichte Übung herausstellen.
Wann wird es so weit sein?
Ich bin skeptisch, ob On Demand in dem utopischen Sinne "Hol dir mal schnell einen Linux-Web-Server samt Geschäftsprozesse für zwei Stunden und schalte ihn dann wieder ab" überhaupt die Bedürfnisse der CIOs trifft. Die wollen doch das Geschäft und die dazu erforderlichen organisatorischen Abläufe unterstützen.
Woran hapert es, Geschäftsprozesse auf Abruf bereitzustellen?
Zurzeit fehlt eine genormte Sprache für die Beschreibung von Geschäftsprozessen und deren Module. In der Praxis gibt es bislang eher rein technische Leistungen wie etwa Web-Server; komplexe Dienstleistungen sehe ich noch nicht.
Ist On Demand eine strategische Entscheidung?
Wenn ich auf einen Web-Server bestimmte Geschäftsprozesse lege und diese dann komplett integriere, dann kann der nicht einfach mal schnell nur für andere Prozesse genutzt werden. On Demand reduziert sich, so gesehen, auf das Verlangen nach Zahlung für Benutzung als Preismodell. Das ist etwas anderes als eine Zahlung für die Bereitstellung von Kapazitäten.
Wie sehen Abrechnungsmodelle aus?
Anbieter wie Anwender müssen lernen, Preise auszuhandeln. Telekommunikationsanbieter rechnen zum Beispiel nicht nach Lautstärke ab, weil das die Netzbelastung nicht ändert. Dagegen bezahle ich für Schweigen am Hörer, weil Zeit gemessen wird: Hier hat man sich auf Zeit als Maß geeinigt. Dagegen zahlen Unternehmen nach Datenmenge und nicht nach Zeit: Dann ist Schweigen billig. Das bedeutet: Beide Seiten, also Anwender wie Anbieter, müssen lernen, welche Dienste sich wie sinnvoll messen und abrechnen lassen.
Steht On Demand nur für einen weiteren Schritt im Outsourcing?
Die Diskussion um On Demand erhöht den Druck, die Outsourcing-Beziehungen flexibler zu gestalten. Vertragslaufzeiten lassen sich verkürzen, und Leistungen sollen in kleinere Teile zerlegt werden.
Wie sollte sich ein CIO dem Thema nähern?
Er sollte erkunden, wo er mehr nutzungsorientierte Preismodelle realisieren kann, sprich: Wo kann ich die Fixkosten für Kapazitätsbereitstellung in variable Kosten der Nutzung wandeln? Zu diesem Zweck muss der Anwender seine Kosten kennen, um vergleichen zu können. Das ist nicht einfach, aber notwendig, weil künftig "Zahlung für Nutzung" das bisherige Modell "Zahlung für Bereitstellung" zunehmend ablösen wird.
Welche Erfolgschancen geben Sie On Demand?
Wie weit das Konzept trägt, hängt nicht nur von der technischen Entwicklung ab. Vielmehr hängt es stark vom Geschäftsmodell des jeweiligen Anbieters ab, ob er die Kosten und das Risiko der Bereitstellung überhaupt tragen kann.