Mobile Device Management

Den BYOD-Wahnsinn im Griff behalten

03.06.2013 von Christoph Lixenfeld
Ohne MDM-Lösungen kann BYOD zum Alptraum werden. Eine Benchmark-Studie klärt, welche Programme was können.
Viel unübersichtliche Hardware stellen Admins vor große Herausforderungen.
Foto: Photo_Ma - Fotolia.com

Es regt sich schon lange niemand mehr darüber auf, würde ja auch nichts nützen. Mitarbeiter schleppen Gadgets an, so viel die Elektronikmärkte hergeben, und bestehen darauf, die ganzen Pads und Phones und Tablets auch in der Firma zu benutzen. Egal, ob das selbst Gekaufte nun zu Vorhandenem oder zu irgendeiner Policy passt oder nicht.

Wenn es eine solche Policy überhaupt gibt: Viele Unternehmen sind längst davon ab, allzu strenge Regeln aufzustellen, weil sie nicht damit rechnen, dass sich die lieben Kollegen daran halten. Oder Verbote? Führen in der Regel dazu, dass Mitarbeiter anfangen, auf eigene Faust zu konfigurieren, anzumelden oder einzuloggen. Macht alles nur noch schlimmer.

Die einzige Lösung: MDM oder zu Englisch Mobile Device Management. Software also, die in der Lage ist, für verschiedene Geräte mit unterschiedlichen Betriebssystemen Firmendaten bereitzustellen, zugleich Zugänge kontrolliert und für die erforderliche Sicherheit sorgt.

Weil der Bedarf an solchen Lösung gigantisch ist, hat sich mittlerweile auch ein umfangreicher Anbietermarkt entwickelt, Kunden können unter mehr als 100 Softwarelösungen für das Mobile Device Management wählen.

Zehn Kandidaten auf der Shortlist

Ein großes technisches Problem soll also mit einer noch größeren Menge von Technik gelöst werden, durch die auch niemand durchblickt. Fehlt nur noch eine Software, die jene Programme filtert, die wiederum dafür sorgen, dass die vielen Programme auf den Devices...

Von Hand in Hand kann beim Zusammenspiel von iOS und Android nicht die Rede sein.
Foto: Fotolia, Yuri Arcurs

Keine Sorge, eine Software, die das beste MDM-Programm ermittelt, gibt es nicht. Aber zum Glück eine Benchmarking-Studie. Erstellt hat sie Mücke, Sturm & Company (MS&C), eine Management-Beratungsfirma aus München, die auf die ITK-Branche spezialisiert ist.

Für den sehr detaillierten Vergleichstest wurde das Teilnehmerfeld zunächst auf zehn Kandidaten reduziert. Auf die Shortliste kamen die kommerziell erfolgreichsten und nach Expertenmeinung relevantesten Produkte. Unter ihnen sind auch die im "Magischen Quadranten" von Gartner gelisteten Lösungen. Verglichen wurden so am Ende sieben amerikanische und drei europäische Programme. Im einzelnen sind dies folgende Hersteller und ihre Lösungen :

Aufgrund der Vielschichtigkeit der Aufgaben, die MDM-Lösungen zu erfüllen haben, wurden die Produkte aufgrund der Leistungsfähigkeit entlang ihres Lebenszyklus' bewertet. Es galt, herauszufinden, wie sich die Lösungen in der Einführung und Inbetriebnahme, in der Nutzungsphase und beim 'Abmanagen' auszahlen. Zur Bewertung der am stärksten gewichteten Nutzungsphase wurden die Programme anhand eines mehr als 80 Punkte umfassenden Katalogs von Funktions- und Leistungsmerkmalen getestet.

Für alle dies Merkmale untersuchten die Tester die Verfügbarkeit bezüglich der Betriebssysteme iOS und Android sowie die jeweilige Umsetzung der Funktionalitäten und ihre Bedienbarkeit. Die Bewertungen erfolgen zum überwiegenden Teil aus Sicht des MDM-Admins, bei einzelnen Kriterien wie der Usability floss aber auch die Sicht des Nutzer eines gemanagten Devices mit ein. (zu methodischen Details siehe letzte Seite).

Andere Kriterien, anderes Ranking

Natürlich ging es in der Benchmarking-Studie inhaltlich vorrangig um das, was jedes MDM-Programm können muss, um den geplagten Admin effizient entlasten zu können. Erstens: Die Sicherheitslage im Griff behalten, also die Frage beantworten, was bei Geräteverlust und unbefugten Fremdzugriff passiert. Außerdem: Viren und andere Schädlinge so weit wie möglich fernhalten.

Neue Mitarbeiterinnen und ihre Technik müssen sich schnell integrieren lassen.
Foto:

Zweitens muss jedes MDM-Programm Erstkonfiguration und weitere Nutzung neuer Geräte so einfach wie möglich machen. Drittens geht es darum, die Geschäftsprozesse insgesamt zu unterstützen, beispielsweise durch das Ermöglichen mobiler Kollaboration. Und viertes schließlich - nicht ganz unwichtig - erwartet jeder Admin, dass eine Management-Lösung die Kosten des Gadget-Einsatzes reguliert beziehungsweile senkt.

Weil in der Benchmarkstudie viele unterschiedliche Leistungsmerkmale untersucht und gewichtet wurden, ist für den Leser ein individualisierter Vergleich möglich. Anders gesagt: Er kann auf der Suche nach seinem Favoriten eigene Schwerpunkte setzen und entscheiden, welche Kriterien für ihn am wichtisten sind.

Denkbare Kriterien sind zum Beispiel der Umfang von Funktionen, die Unterschiede im Zusammenspiel mit den Betriebssystemen iOS und Android oder die Qualität der Unterstützung der Geschäftsfälle während der Device-Administration.

Nachteil des sehr differenzierten Vorgehens: Es gibt als Ergebnis der Studie nicht eine einzige schlichte Kaufempfehlung, nicht EIN Produkt, das immer vorne liegt, egal, welche Kriterien man betrachtet.

Alle Devices übersichtlich aufgelistet

Dennoch haben zwei Lösungen den Experten von Mücke, Sturm & Company in der Gesamtschau am besten gefallen: AirWatch mit seinem gleichnamigen Produkt und MobileIron mit der "MobilIron Virtual Smartphone Management Platform". Gute Ergebnisse lieferten darüber hinaus der "Zenprise Mobile Manager" von Zenprise, "Good for Enterprise" von Good Technology und "MaaS360" von Fiberlink. Alle diese Anbieter stammen aus den USA.

Die Rangplatzierung kann sich schon durch eine kleine Individualisierung der Auswahlkriterien verschieben. Deshalb ist es sinnvoll, noch einen Blick auf die Teilergebnisse in zwei Kategorien zu werfen.

Beim Kriterium "Durchsetzung der Richtlinien" wurde untersucht, wie komfortabel sich solche Richtlinien durch das Aufspielen geeigneter Parameter auf den Endgeräten durchsetzen lassen. Ebenfalls wichtig aus Sicht des Arbeitgebers ist die Frage, ob und wie komfortabel eine Deckelung der Mobilfunkkosten auf technischem Wege realisierbar ist. Die Lösung von MobileIron schnitt am besten ab, vor allem weil hier der Admin die Richtlinien selbständig in großem Umfang steuern und kontrollieren kann.

Beim Kriterium "Usability" schlugen sich die Programme von Airwatch und von MobileIron am besten. Und auch die französische Lösung von Ibelem zeigte gute Performance. Was den Testern hier besonders gefiel, war die übersichtliche Auflistung der verwalteten Devices inklusive des jeweiligen Status.

Hilfreich ist, dass Mücke, Sturm & Partner als ein Resümee ihrer Studie einige Fragen formuliert haben, die Interessenten an jede in Frage kommende MDM-Lösung stellen sollten.

Die entscheidende Fragen bei der MDM-Wahl

Hilfreich ist, dass Mücke, Sturm & Partner als ein Resümee ihrer Studie einige Fragen formuliert haben, die Interessenten an jede in Frage kommende MDM-Lösung stellen sollten.

  1. Bietet sie eine echte Arbeitserleichterung für den Admin?

  2. Gibt es Workflows zur automatisierten Abwicklung immer gleicher Vorgänge?

  3. Sind solche Automatismen durch ein abgestuftes Regelwerk steuerbar?

  4. Sind die Sicherheitsfunktionen wirklich effizient und leicht durchschaubar?

  5. Gibt es vordefinierte Reports und Filter sowie Regelkataloge für Steuermaßnahmen?

Jeder Mitarbeiter besteht heute auf einem eigenen Technikzoo.
Foto: Konstantin Yuganov - Fotolia.com

MS&C empfiehlt, vor Anschaffung einen abgestuften Anforderungskatalog mit Pflicht- und Kann-Anforderungen zu definieren. Grundlage dessen sollte die vorhandene Mobilstrategie des Unternehmens, die Endgeräteausstattung und das Einsatzverhalten der Mitarbeiter sein. Vorausgesetzt natürlich, der Admin kann dieses Einsatzverhalten noch überblicken...
Details zur Studie finden Sie hier.

Die Methodik der Bewertung

Im Kern bewertete die Untersuchung Umsetzung und Bedienbarkeit (Usability) jedes Funktionsmerkmals einer MDM-Lösung im Zusammenspiel mit den Device-Betriebssystemen iOS und Android.

Bewertung der Funktion: War eine im Benchmark-Katalog gelistete Funktion bei der zu bewertenden Lösung grundsätzlich verfügbar, erhielt sie hierfür 1 Punkt je Betriebssystem. In Abhängingkeit von der Qualität der Umsetzung wurden bis zu 4 weitere Punkte vergeben. Für jedes der beiden Betriebssysteme iOS und Android konnten also maximal 5 Punkte erzielt werden.

Bewertung der Usability: Für die Usability des jeweiligen Funktionsmerkmals wurden pro Betriebssysteme maximal 2 Punkte vergeben, in Abhängigkeit von Auffindbarkeit, Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der jeweiligen Funktion.

Ausblick: MDM wird günstiger, besser und regionaler

Mobile Device Management wird vor allem in Deutschland immer noch als HypeThema angesehen. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung mobiler Endgeräte im geschäftlichen Einsatz erwartet Mücke, Sturm & Company aber, dass sich MDM bis zum Jahr 2015 in den Unternehmen etablieren wird. In den kommenden zwei bis drei Jahren stellen sich Ansicht des Beratungshauses folgende Entwicklungen ein:

Mittelfristiges Anbieterwachstum: In den nächsten zwölf bis 18 Monaten werden sich weitere Anbieter für MDM-Lösungen auf den Markt wagen, die ihre bestehenden Kundenbeziehungen dazu nutzen werden, neue Geschäftspotenziale zu erschließen.

Langfristige Konsolidierung: In den nächsten anderthalb bis zwei Jahren wird sich die Zahl der Anbieter konsolidieren. Langfristig werden sich drei bis vier MDM-Lösungen für den deutschen Massenmarkt herauskristallisieren.

Zunehmende Preisattraktivität: Gute Nachrichten für Kunden - Die Preise für die Beschaffung von MDM-Lösungen werden nicht nur sinken, auch die Geschäftsmodelle der Anbieter werden sich ändern.

Explosion des Funktionsumfangs: Die Attraktivität der Lösungen für Nutzerunternehmen steigt mit dem Grad der Unterstützung des mobilen Arbeitsalltags. So werden MDM-Anbieter schrittweise Umfang und Qualität der Komponenten ihrer Lösungen verbessern.

Regionalisierung des Marktes: Mobile Device Management ist ein Thema, das sich auf dem deutschen Markt etablieren wird. Durch die derzeitige Dominanz ausländischer (vor allem amerikanischer) Lösungen werden ausgewählte Anbieter deshalb frühzeitig versuchen, ihre Lösungen auf regionale Anforderungen zuzuschneiden.