Geschäftemachen ist kinderleicht: Man gründe eine Firma in Deutschlandund eine weitere in "Far-East". In Deutschland beschäftige man rund 20loyale Mitarbeiter, im fernen Osten auch noch Einen, der die Postbeantworten kann und Bayerisch versteht. Die Firmen müssenunterschiedliche Namen haben. Dazu streue man gezielt Ad-Hoc-Meldungenund Pressemitteilungen, die stets große internationale Geschäfteankündigen. Dann gehe man an die Börse, treibe über weitereMitteilungen und medienwirksame Auftritte der Firmenlenker die Kursenach oben. Schließlich freue man sich über den steil ansteigendenFirmenwert. Die neue Herausforderung: Der Umgang mit den zunehmendstrenger agierenden Wirtschaftsprüfern.
Denn die Wirtschaftsprüfer schalten nach dem US-Skandal um denEnron-Konzern in der Genauigkeit ihrer Buchprüfung einen Gang hoch -von "laisser-faire" auf akribisch. Und prompt lassen FirmenchefsFedern - nicht nur Bodo Schnabel von Comroad, der seit Ostern inUntersuchungshaft sitzt und am 8. April aus seinem Amt entlassenwurde.
Die Liste jener Unternehmen, in denen nun "Unregelmäßigkeiten" in denBilanzen auftauchten, wächst derzeit kontinuierlich. Die am NeuenMarkt notierten deutschen Firmen Comroad, Ceyoniq sowie dieMoorhuhnzüchter Phenomedia gerieten nun unrühmlich in dieSchlagzeilen. Und das große Schwitzen beginnt erst. Wie dieSüddeutsche Zeitung berichtet, haben 19 der 300 Neue-Markt-Firmen ihreletztjährige Bilanz noch nicht wie vorgeschrieben bei der DeutschenBörse eingereicht. Dabei war die Deadline dafür schon Anfang Aprilverstrichen.
Die Lage ist nicht immer so klar wie beim UnterschleißheimerTelematik-Unternehmen Comroad: Da entdecken die neu bestelltenWirtschaftsprüfer von Rödl & Partner, dass eine Firma namens VTElectronics Ltd. mit 90,3 Millionen Euro fast den gesamten Umsatz vonComroad als Vertragspartner auf sich vereinigt. Leider konnten dieWirtschaftsprüfer auch selbst nach knapp zweimonatiger Recherche nichtbestätigen, dass diese Firma aus Hong-Kong tatsächlich irgendwelcheGeschäfte mit Comroad getätigt hat, noch, dass sie überhauptexistierte. Nur Leistungen über 1,3 Millionen Euro der in den Büchernangegebenen 93,6 Millionen Euro wurden demnach tatsächlich erbracht.Das sind nur 1,4 Prozent der gemeldeten Umsätze.
"Möglicherweise fehlerhaft" sei die Bilanz bei Phenomedia. DerVorstandsvorsitzende und der Finanzvorstand haben vorsorglich schonmal ihre Schreibtische geräumt. Zwei Vorstandsmitglieder von Ceyoniqsitzen wegen Betrugs hinter Gittern. Die Vorwürfe auch hier:Luftgeschäfte und Insiderhandel.
Alle drei Unternehmen haben Insolvenz angemeldet. In diesemZusammenhang ist es schon etwas süffisant, zu sagen: In derZahlungsunfähigkeit stecke, wie bei Kirch, die Chance, das Unternehmenneu zu positionieren. Wenn das auf der Basis realistischer Zahlengeschieht, bleibt wohl bei Comroad, Ceyoniq und Phenomedia nicht vielübrig.