Technology Business Management

Der Babelfisch für IT-Entscheider

11.11.2015 von Alexander Müller-Herbst
Technology Business Management (TBM) ermöglicht durchgehende Transparenz und Steuerbarkeit aller wichtigen IT-Leistungsparameter. Damit schlagen CIOs eine Brücke zwischen CFO und IT-Services-Welt.
  • Zentrale Kostenmodelle, Benchmarks und Service-Kataloge sind zwar nicht neu, doch hapert es daran, funktions- und organisationsübergreifend Transparenz zu institutionalisieren
  • Erster Schritt: multiple Kosten- und Leistungsmodelle in ein einziges verbindliches Modell und eine standardisierte Taxonomie überführen
  • TBM liefert ein Leistungsmodell, das Qualitäten und Inhalte der Services aufschlüsselt. Mit Service-Katalogen institutionalisieren IT-Verantwortliche das Wissen über ihre IT-Services
  • Auf Basis von TBM redet die IT mit ihren Kunden nur noch über die Wirkung von Investitionen und befreit sich vom Stigma des reinen Cost Centers

Die gut 800 im TBM-Council versammelten CIOs großer US-Unternehmen wollen ein Ende der Sprachlosig­keit: Mit den Mitteln des Technology Business Management (TBM) schaffen sie eine durchgehende Transparenz und Steuerbarkeit aller wichtigen IT-Leistungsparameter. Sie schlagen die Brücke von der CFO-Finanz- zur CIO-Services-Welt, so dass jeder im Unternehmen den Nutzen von IT verstehen kann.

Dieser lang ersehnte Value-of-IT-Babelfisch kommt gerade noch rechtzeitig. Denn während eine disruptive Technologie die nächste jagt, gilt es die verfügbaren Etats in kürzestmöglicher Zeit dorthin zu lenken, wo sie den höchsten Mehrwert bringen. Den resultierenden Agilitätszuwachs sehen die Unternehmen als zentrales Mittel, um der drohenden "Uberisierung" ihrer Geschäftsmodelle erfolgreich Paroli zu bieten und den Wandel zu gestalten, statt ihm hinterherzulaufen.

Das Prinzip von TBM und seine Instrumente sind nicht gänzlich neu. Vieles davon ist in einigen Unternehmen schon umgesetzt. So gibt es vielerorts Bemühungen, ein zentrales Kostenmodell zu etablieren. Ungeachtet des­sen mangelt es jedoch an Organisation, Einbettung und Automatisierung, was zu noch mehr Komplexität führt. Zudem wird häufig am Standard vorbeimodelliert oder die Zielgruppenausrichtung unterschätzt.

Ebenso sind auch Service-Kataloge nicht neu und Benchmarks gehören teils schon zu den Managementstandards. Es fehlt jedoch die Konsequenz, funktions- und organisationsübergreifend Transparenz zu institutionalisieren und Analyseergebnisse so auszurichten, dass sie den Geschäftswert nachhaltig erhöhen. Auch deshalb gilt es, sämtliche "Performance-Intelligenz" so zu zentralisieren und von Ende zu Ende zu verknüpfen, dass TBM als übergreifendes Konzept synergetisch wirksam werden kann.

Transformation ist alles andere als ein Kinderspiel

TBM genießt vor allem jenseits des Atlantiks einen hohen Zuspruch. Gleichwohl haben sich einige DACH-Pioniere, vorzugsweise aus der Finanz- und Energiewirtschaft, daran gemacht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, um ihre IT wie ein ganz normales Geschäft zu managen und damit für die Zukunft fit zu machen.

Gerade in Großunternehmen ist die hierzu erforderliche Transformation allerdings alles andere als ein Kinderspiel. Gilt es doch IT-Shops auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, die teils über zehnstellige Budgets verfügen, Tausende von Mitarbeitern und zahlreiche externe Dienstleister beschäftigen sowie ein kaum zu überblickendes Portfolio an Infrastruktursystemen, Applikationen und Diensten umfassen.

Was ist beim Aufbau eines IT-Servicekatalogs zu beachten?
Was ist beim Aufbau eines IT-Servicekatalogs zu beachten?
Viele IT-Organisationen haben Servicekataloge erstellt oder entwickeln sie weiter. Dabei machen sie oft vermeidbare Fehler, so Arne Fischer, Analyst bei der ITSM Consulting AG.
1. Servicekatalog und IT-Portfolio synchronisieren
Oft werden die Leistungen beschrieben, ohne ihren Umfang ausreichend darzustellen. Das erschwert den Anwendern die Beurteilung der Services und den IT-Organisation die inhaltliche Pflege des Katalogs.
2. Den Service-Request-Katalog über ein Bestellportal anbieten
Oft wird der Servicekatalog parallel zum Bestellportal bereitgestellt. Das birgt die Gefahr von Redundanzen.
3. Den Kundennutzen formulieren
Anwender können technische und funktionale Darstellungen kaum ausreichend beurteilen. Es empfiehlt sich aber, neben dem Business-Servicekatalog einen technischen Katalog zu führen.
4. Services klar dokumentieren
Das operative Leistungsportfolio muss konsistent und kundengerecht dargestellt werden. Sonst fehlt es an Transparenz .
5. Qualität der Services messbar machen
Eine Nutzenbeschreibung hat Grenzen, wenn es um Spezifikation und Reporting der Services geht. Besser werden diese mittels Kennzahlen dargestellt.
6. Qualitätsklassen verwenden
Historisch gewachsene Service-Levels machen das Controlling unübersichtlich. Hilfreich ist es, die Services standardisierten Qualitätsklassen zuzuordnen.
7. Servicedefinitionen mit SLAs abstimmen
Wenn beide unabhängig voneinander erstellt werden, fehlt es oft an Durchgängigkeit.
8. Die Pflege des Servicekatalogs regeln
Prozesse zur Erstellung und Pflege von Servicebeschreibungen, SLAs und Katalogen müssen auch mit Verantwortlichkeiten versehen werden.

Wie sehr es an einem gemeinsamen Nenner fehlt, wird bereits bei dem Versuch deutlich, die Kosten wirklich konsistent darzustellen. Denn im scharfen Kontrast zu jedem anderen Geschäftsfeld oder Unternehmens­bereich verfügt so gut wie keine Business-IT über einen einheitlichen Kostenrahmen - sei es geografisch, divisional oder bezüglich interner wie externer Service Provider. Dies geschieht vor dem Hintergrund jeweils ganz eigener IT-, Einkaufs- und Finanz-Sichten.

Das Ende von Reporting-Schlachten und Excel-Kriegen

Wie zum Beispiel definiert man ein Vollzeitäquivalent (FTE)? Wie einen Workplace? Wie eine technologisch unterstützte automatisierte Abrech­nung? Vor allem in der Praxis international tätiger Großunternehmen haben die einzelnen Divisionen und Landesniederlassungen höchst unterschied­liche Ansichten darüber entwickelt. Die daraus resultierende Varianz bei den Kostenstellen und -arten führt zu wahren Reporting-Schlachten, in denen Dutzende von Excel-Kriegern damit befasst sind, allen Inkonsisten­zen zum Trotz zu belastbaren Informationen zu kommen.

Ungeachtet all dieser Anstrengungen müssen die Entscheider aus IT, Finanzen und Business dann jedoch regelmäßig feststellen, dass die ihnen vorgelegten Berichte nicht nur Zeitpunkte beschreiben, die Wochen, wenn nicht gar Monate zurückliegen. Häufig sind sie zudem einfach zusammen­gekittete Zahlenwerke, denen bei genauerem Hinschauen die Belastbarkeit fehlt.

So fehlt ein akzeptables Timing oder eine ausreichende Qualität, wenn es darum geht, die Möglichkeiten und Risiken disruptiver Techno­logien zu managen oder einfach nur das bestehende Geschäft effizient zu managen. Dass unter solchen Voraussetzungen das Reporting weder standardisiert, noch konsistent oder auf Empfängerbedürfnisse abgestimmt ist, überrascht nicht.

Gemeinsames Kosten- und Leistungsverständnis

Einer der grundlegenden Schritte auf dem Weg zu einem funktionierenden TBM besteht daher darin, die multiplen Kosten- und Leistungsmodelle in ein einziges, für alle verbindliches Modell und in eine ebenso standardi­sierte Taxonomie zu überführen. Erst dann sind unternehmensweit ein­heitliche, flexible und vor allen Dingen Ad-hoc-Analysen möglich, die tatsächlich den Istzustand der IT-Kosten sowie Leistungsfähigkeiten auf­zeigen und von niemandem mehr angezweifelt werden können.

In Abhängigkeit von der Komplexität ihrer Strukturen müssen Unternehmen für diese Grundlagenarbeit mit einem Aufwand von drei bis neun Monaten rechnen, je nachdem, ob das Vorhaben durch Software auch automatisiert werden soll. Ein Aufwand, der sich angesichts der weitgehenden Automatisierung des Berichtswesens innerhalb weniger Monate bezahlt machen wird.

Einheitliche Definition der Services

Als weiteres grundlegendes Artefakt bietet das Technology Business Management ein Leistungsmodell, das die Qualitäten und Inhalte der zu liefernden Dienste aufschlüsselt. Mit solchen Service-Katalogen institutio­nalisieren die IT-Verantwortlichen das Wissen über die Services, die sie anbieten. Auf dieser Basis fällt es internen Kunden deutlich leichter, die gewünschten Services in der jeweils erforderlichen Qualität zu verstehen und zusammenzustellen.

Um dabei auch die Kostenseite zu verstehen, klärt das Leistungsmodell auch darüber auf, wie die IT diese Services be-, ver- und abrechnet. Dies gilt sowohl für die interne als auch auf die externe Leistungserbringung. Das gibt allen Seiten wiederum die Möglichkeit, den Verbrauch aktiv zu managen und gegebenenfalls neu auszurichten, etwa um Standardisierungsbestrebungen oder Innovationen zu unterstützen.

Performance-Modelle

Sobald die einheitliche Management-Grundlage der Leistungen, Qualitäten und Kosten für intern, wie auch extern erbrachte IT-Lösungen etabliert ist, wendet sich TBM der Analyse der tatsächlichen IT-Unterstützung zu. Hier­zu liefern Performance-Modelle ein vollständiges Abbild der IT-Wert­schöpfungskette. Diese Modelle schlüsseln die Kosten der eingebundenen Systeme und Services auf und messen deren aktuellen Leistungsbeitrag. Die Messung kann im Einzelfall in direktem Bezug zum Geschäftsprozess stehen, den es zu unterstützen gilt.

Auf alle Fälle wird die CFO-basierte Finanzbasis mit den technologisch basierten Infrastruktur-Towern sowie den Applikationen und Lösungen logisch verknüpft. Somit kann zum Bei­spiel eine Versicherung präzise erkennen, wie stark welche IT-Leistungs­teile (Applikationen, Infrastruktur) einen Prozess der Schadenabwicklung unterstützen beziehungsweise welches Potenzial noch erschlossen werden kann.

Ressourcen lückenlos erfassen

Um die beteiligten Ressourcen lückenlos zu erfassen, teilt das Perfor­mance-Modell die IT über die üblichen funktionalen Tower hinaus auf. Jeder Tower (Networks, Data Center, Workplace, Server etc.) gliedert sich in Prozesse und Subprozesse, wie zum Beispiel Betrieb, Wartung, Entwicklung und Support.

Um die aktuelle Leistung dieser Prozesse zu messen, gilt es geeignete Messpunkte zu bestimmen. Im Storage-Bereich etwa sind dies die Datenpunkte, an denen sich die installierten und die tatsächlich genutzten Kapazitäten zusammen mit den assoziierten internen und externen Kosten und Leistungen erfassen lassen.

Anbieter von TBM-Tools

TBM-Anwendern steht eine Reihe von Software-Werkzeugen bereit, die in der Lage sind, die Reportingmodule der eingesetzten Hard- und Software­systeme auszulesen und in die Sprache des übergeordneten Performance-Modells zu übersetzen. Dank einer hohen Bandbreite von Schnittstellen und aufgrund der Reife ihrer Übersetzer-Engine hat die TBM-Software Apptio derzeit den größten Marktanteil, gefolgt von den Lösungen von VMware, BMC und Service Now.

TBM dient als Entscheidungsgrundlage

Ist das Performance-Modell lauffähig, so erkennen alle Beteiligten in Echt­zeit, welche IT-Assets welchen Beitrag zum Funktionieren der Geschäfts­prozesse leisten und welche Kosten damit einhergehen. Da sich Bench­marking-Daten als weiteres Artefakt einbinden lassen, können TBM-Anwender die Wettbewerbsfähigkeit ihrer aktuellen IT-Versorgung zum Teil automatisiert mit dem Markt vergleichen. Generell ist der Marktvergleich aller relevanten Leistungseckwerte, ob automatisiert oder im Projekt, strategischer Pfeiler des TBM.

Auf dieser Basis redet die IT mit ihren Kunden nur noch über die Wirkung von Investitionen und befreit sich vom Stigma des reinen Cost Centers. Der CIO wird fähig, Investitionssprache zu sprechen und macht die Digitalisierung der Geschäftswelt als Technologie-Thema wieder zu seinem Thema.

Das Aufdecken von Redundanzen, Überkapazitäten und schlecht gemanagten Ressourcen, also die Konzentration auf Effizienz, steckt in der Regel das Feld ab, auf dem die TBM-Früchte am niedrigsten hängen. Gerade in Großunternehmen mit einer komplexen IT-Historie sind kurz­fristig erreichbare Einsparungen von 5 bis 15 Prozent der entsprechenden IT-Etats im Bereich des Möglichen, verglichen mit dem Markt. Gelder, die sich zeitnah in die Entwicklung und Implementierung von Diensten umlenken lassen, die wirksame Antworten auf disruptive Entwicklungen bieten.

Welche Dienste die geeignetsten sind, lässt sich anhand unterschiedlicher Szenarien unterstützt von TBM durchspielen. So zum Beispiel im Rahmen von Standardisierungs-, Automatisierungs- oder Cloud-Initiativen: Neben dem gewünschten IT-Werte-Effekt für das Business führen wirtschaftlich allokierte Ressourcen zu Kostenvorteilen gegenüber der vorherigen Situ­ation von bis zu 40 Prozent.

Dank ihres unmittelbaren Geschäftsprozess­bezugs dienen diese Szenarien als belastbare Entscheidungsgrundlage, die IT, Unternehmensstrategie, Fachbereiche und Finanzvorstände gleichermaßen verstehen.

Als Babelfisch im Ohr aller Entscheider führt TBM somit zu kontinuierlicher Prozessverbesserung und sichert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmensabläufe.

ZEW-Umfrage Industrie 4.0
Big Data
Insgesamt 18 Prozent der Unternehmen wertet zur strategischen Unterstützung des Geschäftsbetriebs im Rahmen von Big Data Analysen große Mengen an Daten systematisch aus. Dabei setzten überdurchschnittlich viele große Unternehmen ab 500 Beschäftigten (58 Prozent) auf Big Data.
Industrie 4.0
Insgesamt ist 18 Prozent der Unternehmen der Begriff Industrie 4.0 bekannt. Vier Prozent der Unternehmen setzten bereits Industrie 4.0-Projekte um oder planen dies in naher Zukunft zu tun.
Cloud Computing
Im Fahrzeugbau nutzen 24 Prozent der Unternehmen Cloud Computing. In der Metallindustrie sind es nur 6 Prozent der Unternehmen.
Schnelles Internet
In der Branche Einzelhandel nutzen 20 Prozent der Unternehmen einen Internetanschluss mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde.
Social Media
Social Media-Anwendungen wird von 79 Prozent der IT- und Telekommunikationsunternehmen und von 70 Prozent der Mediendienstleister eingesetzt.