Business Intelligence

Der Blick zurück reicht nicht mehr

26.03.2010 von Werner Kurzlechner
Mit BI-Tools der neuen Generation lässt sich die Geschäftsentwicklung so genau vorhersagen, wie das Wetter. Also meistens richtig. Dass sich Predicitive Analytics positiv auf die Performance auswirkt, zeigt eine neue Studie.

Predictive Analytics zeigt, wie sich die Lage in Zukunft entwickeln kann. Den Blick in die Glaskugel braucht es nicht mehr. Darauf wies Jörg Cramer von SAS Deutschland vor kurzem auf unserer Schwesterpublikation CFOWorld hin. Aber welchen Nutzen bringen die Forecasting-Tools? Welche Chancen versprechen sie, welche Risiken bergen sie? Und wie verbreitet sind sie derzeit? Dazu einige Antworten.

Was ist der Unterschied zwischen Business Intelligence (BI), Business Analytics und Predictive Analytics? Zugegeben, die Begriffe können durchaus verwirren. Einfach gesagt ist mit Business Analytics eine Fortentwicklung der klassischen BI gemeint. Neue Instrumente ermöglichen den analytischen Blick in die Zukunft und das Erkennen von Wechselwirkungen einzelner Entscheidungen. Im Vergleich dazu war die BI bisher vorwiegend vergangenheitsorientiert und deskriptiv, wie Jörg Cramer in seinem Beitrag bemängelte. Nichtsdestotrotz lebt BI als Oberbegriff weiter, der auch neue Entwicklungen beinhaltet. Predictive Analytics wiederum kann als Teilmenge von Business Analytics oder Advanced Analytics verstanden werden, die eine Reihe von Analyse-Tools umfassen. Predictive Analytics basiert darauf, Vorhersagen auf Basis von Datenmodellen zu generieren. Es besteht eine enge Korrelation mit Data Mining, also mit dem methodischen Schürfen in bekannten Daten.

Was bringt der Einsatz von Predictive Analytics? Offenbar einen nicht zu vernachlässigenden Wettbewerbsvorteil, glaubt man einer aktuellen Erhebung der Aberdeen Group. Die Marktforscher haben sich in ihrer Studie mit den Auswirkungen von Predictive Analytics (PA) auf zwei Ebenen befasst: zum einen mit der Prognose über das künftige Verhalten von Kunden und potenziellen Kunden, zum anderen mit der präziseren Bestimmung der Performance eines Unternehmens in naher Zukunft. Ein zentrales Ergebnis: Unternehmen, die PA einsetzen, verbesserten ihre operative Gewinnmarge im Durchschnitt um 1 Prozent, während die übrigen Firmen Einbußen von 2 Prozent hinnehmen mussten. PA-Anwender optimierten ihre Kundenbindung um 6 Prozent, der Rest verlor auch in diesem Bereich.

Der Unterschied zeigt sich auch noch in einer anderen Perspektive. Aberdeen teilt die befragten Unternehmen stets in mehrere Gruppen ein, abhängig vom geschäftlichen Erfolg. Das Fünftel der so genannten Klassenbesten stellt seinen Entscheidern zu 38 Prozent PA-Modelle zur Verfügung. In der Gruppe der 30 Prozent mit dem geringsten Geschäftserfolg tun dies nur 19 Prozent. „Mehr Mitarbeitern als bisher klügere und vorausschauendere Entscheidungen zu ermöglichen, kann einen signifikanten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit oder sogar das Überleben am Markt haben“, sagt David White, Senior Research Analyst bei Aberdeen.

Wie verbreitet sind diese Tools derzeit? Über diese Frage zerbrechen sich derzeit mehrere Forrester-Analysten im hauseigenen Blog den Kopf. Analyst Boris Evelson treibt die Frage um, wie viele Anwender überhaupt mit BI-Tools arbeiten. Er schätzt für die USA, dass 6 bis 8 Prozent der Mitarbeiter mit den von ihren Arbeitgebern zur Verfügung gestellten Anwendungen arbeiten. Klarer beantworten lässt sich die Frage, wie viele Firmen grundsätzlich mit BI ausgerüstet sind. Laut einer Forrester-Studie von Ende vergangenen Jahres verwenden 74 Prozent der Großunternehmen klassische Reporting-Tools. 31 Prozent greifen auf Predictive Analytics oder Data Mining zurück.

Datenqualität ist kritischer Faktor

Welche Chancen bietet Analytics? Ganz einfach: Wer früher und besser Bescheid weiß als die Wettbewerber, hängt diese leicht ab. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com schilderte kürzlich das anschauliche Beispiel der Firma Dealer Services, deren Geschäftsmodell die Darlehenvergabe an Gebrauchtwagenhändler ist. Vor zwei Jahren analysierte das Unternehmen die Daten seiner Kunden hinsichtlich der Kreditlimits bei Banken. Frühzeitig schwante den Managern dabei, dass auf den Finanzmärkten etwas nicht stimmte. Und frühzeitig konnten sie sich ausmalen, welche Folgen eine Rezession auf ihren eigenen Markt haben würde.

Welche Gefahren bestehen? Selbst Meteorologen irren sich. Sie werten eine unermessliche Zahl an Daten für ihre Vorhersagen aus, und das Wetter spielt ihnen trotzdem ab und an einen Streich. Märkte verhalten sich auch gelegentlich unberechenbar. Das weiß man zwar in jedem Unternehmen – aber es schadet nicht, sich dies immer wieder bewusst zu machen.

Das Bauchgefühl spielt auch dann noch eine Rolle, wenn Analyse-Tools im Einsatz sind. Es ist menschlich, jene Ergebnisse besonders stark zu gewichten, die der eigenen Intuition entsprechen. Was einem nicht in den Kram passt, wird leicht ignoriert. Diese Gefahr gilt es ebenfalls zu bedenken. Dass die Belastbarkeit der Analysen von der Qualität der eingespeisten Daten abhängt, ist logisch.