Mit Technologien, die einen "demokratisierenden Charakter" haben, kennen sich die meisten IT-Chefs aus: 64 Prozent haben bereits Low-Code-Plattformen eingeführt oder planen dies in den kommenden zwei Jahren zu tun, um das Citizen Development voranzutreiben. Noch durchschlagender dürfte der Effekt sein, der von generativer KI (GenAI) ausgehen wird: 70 Prozent der befragten CIOs halten GenAI für eine bahnbrechende Technologie und erwarten, dass die Fachabteilungen eine aktive Rolle bei deren Nutzung spielen werden.
Noch haben allerdings nicht einmal zehn Prozent der befragten IT-Chefs GenAI-Technologien in ihren Unternehmen im Einsatz. Doch über die Hälfte (55 Prozent) gibt an, innerhalb der kommenden zwei Jahre in diesem Zusammenhang aktiv werden zu wollen.
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Die Analysten von Gartner präsentierten die Umfrageergebnisse während des IT Symposiums/Xpo in Orlando. Sie hatten 2.457 CIOs aus 84 Ländern und allen wichtigen Branchen befragt. Sie bringen es zusammen auf IT-Ausgaben von 163 Milliarden Dollar jährlich. Die Unternehmen, für die die befragten CIOs arbeiten, kommen gemeinsam auf einen jährlichen Umsatz von 12,5 Billionen Dollar.
CIOs haben große Ambitionen
"Der CIO von heute hat Ambitionen, die weit über die Bereitstellung von IT hinausgehen", fasste Analystin Mandi Bishop zusammen. Immerhin 43 Prozent der CIOs verfolgen demnach die Absicht, "ihren Aufgabenbereich durch zusätzliche Führungsaufgaben zu erweitern". Fast genauso groß ist allerdings die Zahl der IT-Chefs (42 Prozent), die nur innerhalb ihres derzeitigen Aufgabenbereichs wachsen, also der IT treu bleiben wollen.
Bishop betonte, Unternehmen bräuchten mehr Digital- und Technologiekompetenz an der Konzernspitze, um ihre Ziele zu erreichen. Die Umfrage ergab ihren Ausführungen zufolge, dass es in den Betrieben derzeit drei unterschiedliche CIO-Typen gibt:
55 Prozent sehen sich demnach als "Operators", als Verantwortliche für den Betrieb und Bereitsteller neuer Technologien und Lösungen also. Diese CIOs wollen die digitalen Initiativen der Geschäftsbereiche vorantreiben, indem sie die anderen CxOs tatkräftig unterstützen.
33 Prozent verstehen sich als "Explorer". Sie legen Wert darauf, die Mitarbeitenden aus allen Geschäftsbereichen aktiv und direkt in digitale Aktivitäten einzubeziehen.
Zwölf Prozent kategorisiert Gartner als "Franchiser": Gemeinsam mit den Vorständen ("CxOs") leiten und beaufsichtigen sie gemeinsam die digitalen Initiativen. Dabei wird die Verantwortung von IT- und Business-Mitarbeitern geteilt. Angestrebt wird eine "multidisziplinäre Zusammenarbeit in Fusionsteams".
Die Analysten sehen den Franchise-Ansatz als besonders vielversprechend: So aufgestellt, könnten CIOs die Erwartungen an digitale Erfolge eher erfüllen als in den beiden anderen Rollen. Dort wo CIOs als Franchiser agieren, erreichen oder übertreffen sie laut Gartner zu 63 Prozent mit ihren digitalen Initiativen die Ergebnisziele. Die Operators seien nur zu 43 Prozent erfolgreich. Darüber hinaus seien die Franchiser die besseren IT-Manager, etwa wenn es darum gehe, eine übergreifende digitale Geschäftsstrategie zu entwerfen oder Führungskräfte zu entwickeln.
CIOs und CxOs teilen sich auch die Governance
Gartner-Analystin Janelle Hill fügte hinzu, dass geschäftliche Innovation, Schnelligkeit und Agilität die wichtigsten Anforderungen an Unternehmen seien. Dazu müssten CIOs die verschiedenen digitalen Initiativen ihrer CxO-Kollegen integrieren und aufeinander abstimmen. Das Franchise-Konzept sehe auch vor, dass sich CIOs und CxOs die Verantwortung für die Technologie-Governance ebenfalls teilten. Die Hälfte der so aufgestellten CIOs halte es für wichtig, die Verantwortung für das Einhalten von Vorschriften und das Risiko-Management gemeinsam mit dem Business zu tragen. Unter den Operators stimmen nur 19 Prozent einem solchen Co-Governance-Ansatz zu.
"Im Franchise-System arbeiten CIOs und CxOs auch zusammen, wenn es darum geht, Cybersicherheit und Datenschutz zu organisieren - zwei Bereiche, die traditionell in den Zuständigkeitsbereich des CIO fallen", sagte Hill. "Die Manager aus dem Business erkennen an, dass der CIO zwar die Governance-Standards setzt, dass sie selbst aber für deren Einhaltung mitverantwortlich sind."
Prognosen 2024
Wie in jedem Jahr hat Gartner auch seine Top-Vorhersagen für IT-Organisationen und User veröffentlicht. GenAI habe das Denken von Führungskräften in allen Bereichen verändert und biete die Chance, Dinge zu erreichen, die in der Menschheit nie zuvor möglich waren, zeigte sich Analyst Daryl Plummer regelrecht euphorisch. CIOs und Führungskräfte würden die Risiken des KI-Einsatzes in Kauf nehmen, um von den beispiellosen Vorteilen profitieren zu können.
Diese Aussagen stehen allerdings ein wenig in Widerspruch zu den oben skizzierten Plänen der CIOs, die doch eher vorsichtig anmuten. Dennoch sagte auch Analystin Leigh McMullen: "Dies ist das erste Jahr, in dem GenAI im Mittelpunkt jeder strategischen Entscheidung steht. Jede andere technologiegetriebene Innovation wurde aus dem Rampenlicht verdrängt."
Unter anderem prognostizieren die Auguren, dass Unternehmen mit immer reiferen Large Language Models (LLMs) in die Lage versetzt würden, ihre Legacy-Geschäftsanwendungen kostengünstig zu modernisieren. Gleichzeitig warnte Plummer davor, dass GenAI auch der dunklen Seite der Macht zur Verfügung stände, insbesondere gezielt verbreitete Fehlinformationen stellten ein oft unterschätztes Risiko dar. "Unternehmen müssen nicht nur die bösartigen Akteure, sondern auch die Regulierungsbehörden mit ihren Entscheidungen sowie die Technologien zur Bekämpfung von Fehlinformationen im Auge behalten", so der Marktforscher.
CISOs bekommen mehr Verantwortung
Gartner erwartet denn auch, dass etwa die Hälfte der Chief Information Security Officers (CISOs) bis 2027 ihren Aufgabenbereich über die Cybersicherheit hinaus erweitern kann. Hintergrund sei, dass der regulatorische Druck steige und sich die Angriffsfläche weiter vergrößere. Momentan seien die Zuständigkeiten für das Sicherheitsmanagement und für die digitalen Assets oft auf mehrere Abteilungen und Teams verteilt. Der CISO beaufsichtige dabei oft nur das Portfolio der digitalen Assets. Das führe mitunter zu Inkonsistenzen, wenn es darum gehe, Compliance-Regeln einzuhalten, die digitale Sicherheit zu gewährleisten und Sicherheitsvorfälle effektiv zu managen. Hier keine zentrale Verantwortung zu haben, berge ein Risiko für die Unternehmen.
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KI bedroht Jobs: Knowledge Worker organisieren sich
Eine spektakuläre Prognose wagt Gartner zum Thema, wie sich KI auf die Belegschaften auswirken werd: Die Zahl der Wissensarbeiter, die sich gewerkschaftlich organisieren, werde sich verzehnfachen. Hintergrund ist, dass viele Manager falsch oder unpräzise kommunizieren, was sie mit KI vorhaben. Manche stellen sich sogar vor die Presse und erklären, wie viel Personal sie abzubauen hoffen. Das erzeugt Ängste und erhöht die Wechselbereitschaft von Wissensträgern. "Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, die Produktivität und Qualität der Arbeit mithilfe von KI zu verbessern, und nicht einzelne Rollen zu automatisieren", rät Plummer. Es gehe um den Betriebsfrieden, aber auch darum, extreme Erwartungen in den Vorstandsetagen zu dämpfen.
Gartner glaubt auch, dass bis 2027 ein Viertel der 500 größten Unternehmen Talente mit "neurodiversen Fähigkeiten" einstellen wird - gemeint sind Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie Autismus, ADHS oder Legasthenie. Oft sind diese Personen stark einseitig begabt - zum Beispiel für Aufgaben wie Softwaretests oder mathematische Herausforderungen.
"Diese Unternehmen werden ein größeres Engagement der Mitarbeitenden, eine höhere Produktivität und mehr Innovationskraft in ihrer Belegschaft erleben", ermutigt Plummer. Er empfiehlt, neurodiversen Menschen auch Führungspositionen anzubieten: "Eine offen neurodivergente Führung fördert eine Kultur der Inklusion und kann aus der Sicht betroffener Mitarbeiter eine besonders wertvolle Maßnahme sein."
Roboter übernehmen immer mehr
Für das Jahr 2028 prognostiziert Gartner, dass es aufgrund des Arbeitskräftemangels in der Fertigung, im Einzelhandel und in der Logistik jeweils mehr intelligente Roboter als Mitarbeitende geben wird. Schon eine Gartner-Umfrage vom Dezember 2022 hatte ergeben, dass viele Betriebe im Bereich der Supply-Chain-Technologie bereits auf cyberphysikalische Automatisierung setzen oder dies planen. 35 Prozent haben Roboter im Einsatz, während weitere 61 Prozent noch in der Pilotphase oder der ersten Implementierung stecken. "Die Technologie schreitet schnell voran, Roboter sind für eine wachsende Zahl von Aufgaben an vorderster Front interessant geworden - von der Fabrikhalle über das Lager bis hin zu Einzelhandelsgeschäften", beobachtet Plummer.
Stromversorgung wird weltweit zu einem Problem
Eine düstere Prognose wagt Gartner in Sachen Energieversorgung: Bis 2026 soll die Hälfte der G20-Länder von monatlichen Stromrationierungen betroffen sein. Damit werde energiebewusstes Handeln entweder zu einem Wettbewerbsvorteil oder zu einem großen Ausfallrisiko.
Veraltete Netzinfrastrukturen schränkten die Möglichkeit ein, zusätzliche Stromerzeugungskapazitäten zu schaffen, obwohl die Nachfrage weiter steige. Der Energiepreis und auch die Verfügbarkeit von Strom werde sich zu einem ernstzunehmenden Wettbewerbsfaktor entwickeln. Unternehmen müssten daran interessiert sein, Produktionen und Prozesse nach energetischen Kriterien zu organisieren und auch selbst direkt in die Energieerzeugung zu investieren. (hv)