Boomender Onlinehandel

Der digitale Kaufrausch beginnt

20.11.2013
Klick, klick, klick - in diesen Wochen beginnt die weihnachtliche Shopping-Tour im Internet. Die Onlinehändler erwarten satte Zuwächse und Paketzusteller reiben sich die Hände.

"Jetzt kaufen". Diesen Mausklick werden die deutschen Verbraucher in den kommenden Tagen und Wochen millionenfach tätigen - ein Weihnachtsgeschenk für die Liebsten aus dem Netz. Der digitale Kaufrausch stimmt Online-Händler froh und bringt die Paketzusteller ins Schwitzen. Rund 8,5 Milliarden Euro Umsatz, schätzt der Handelsverband Deutschland (HDE), werden die Verbraucher in diesem Jahr für Weihnachtsgeschenke auf dem Internet-Marktplatz ausgeben.

Von dem Kuchen wollen sich auch jene ein Stück abschneiden, ohne die der blühende elektronische Handel gar nicht denkbar wäre: Die Paketzusteller. "Der E-Commerce boomt, weil wir die Infrastruktur zur Verfügung stellen", sagt der Brief-Chef der Deutschen Post DHL, Jürgen Gerdes. Seit Jahren schon gehört der Kurier-, Express- und Paketmarkt - kurz KEP genannt - zu den boomenden Branchen der deutschen Wirtschaft. Zwischen 2000 und 2012 wuchs der Bereich nach einer Marktanalyse des Bundesverbandes Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK) um 55 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro.

Davon entfiel im vergangenen Jahr gut die Hälfte auf das Paketgeschäft. Was das heißt, bekommen Paketzusteller in den Wochen am Jahresende zu spüren. Die Zustellung zur Weihnachtszeit ist ein Knochenjob, wenn an sieben Tagen in der Woche kiloschwere Pakete in Hausflure und Etagen geschleppt werden müssen.

Der Niederlassungsleiter des Briefzentrums Köln West Post, Dieter Schneider, sieht das eher sportlich - er muss auch nicht anpacken: Für die Zusteller sei es "eine Frage der Ehre", Weihnachtspäckchen abzuliefern und in strahlende Gesichter zu blicken. Briefchef Gerdes kann da schon eher nachempfinden, welche Leistung seine Mitarbeiter in diesen Tagen erbringen. "Dafür habe ich höchsten Respekt."

Im Paketzentrum Eifeltor im Kölner Süden herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb: Bänder surren, Paket für Paket wird aufgelegt, automatisch gelesen, umgelenkt und abgekippt und auf die nächste Ebene befördert. Bis zu 28.000 Sendungen pro Stunde können hier für die Weiterbeförderung sortiert werden.

"Wir sind gut auf das Weihnachtsgeschäft vorbereitet", meint Sabine Adelt, die die Paketzustellung in der Kölner Region koordiniert. Wie für alle Logistiker gehört die Vorweihnachtszeit für DHL zur wichtigsten Geschäftssaison des Jahres. Denn es geht nicht nur um die Beförderung von doppelten Paketmengen, sondern auch darum, die Kunden nicht zu vergraulen. Sprich: Mehr Hände werden benötigt. So bietet die Post rund 5.000 Menschen vorübergehend einen Job - als flexibler Puffer zur Abfederung für Mengenschwankungen.

Wettbewerber Hermes spricht von 5.000 zusätzlichen Zustellern, die meist von Zeitarbeitsfirmen kommen. Anders als bei der Post arbeiten Hermes, DPD, GLS & Co auf der Endstufe der Zustellung meist mit lokalen und regionalen Subunternehmen. So bleibt unklar, wie viele Menschen in der gesamten Branche überhaupt arbeiten. Der Branchenverband BIEK spricht von knapp 200.000 Beschäftigten, ohne die Deutsche Post.

Der scharfe Wettbewerb und der Preisdruck brachten den KEP-Bereich in den vergangenen Jahren immer wieder ins Zwielicht. Zusteller klagten über schlechte Bezahlung und lange Arbeitszeiten. Betroffen sind vor allem die Beschäftigten in Fremdfirmen. Solche Strukturen führten dazu, dass für die Menschen kein auskömmlicher Lohn mehr übrig bleibe, moniert die Gewerkschaft Verdi und verlangt tariflich abgesicherte Arbeitsplätze. Auch der Ruf nach einem gesetzlichen Mindestlohn wurde laut.

Inzwischen habe sich in der Branche ein Umdenken bemerkbar gemacht, räumt Verdi-Sprecher Jan Jurczyk ein. Auch Peter Rey von DPD in Aschaffenburg hält faire Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung für wichtig. Denn: "Die Paketzustellung ist ein extrem wichtiger Job", sagt er. Und Post-Vorstand Gerdes findet ohnehin, man müsse "die Leute so bezahlen, dass sie davon leben können". (dpa/rs)