Fujitsu startet Web-Shop mit e-ID

Der E-Personalausweis in der Praxis

07.10.2010 von Johannes Klostermeier
Ab November setzt Fujitsu die elektronische Identität des neuen Personalausweises in seinem Online-Shop ein. Unsere Schwesterpublikation CIO.de sprach darüber mit Thomas Walloschke, Business Development Manager bei Fujitsu.
Thomas Walloschke, Business Development Manager bei Fujitsu: "Wir waren einer der ersten, die Ergebnisse vorzuweisen hatten."

Am 1. November startet in Deutschland der neue Personalausweis im Scheckkartenformat. Firmen erwarten Millioneneinsparungen. Mehr als 180 Firmen testen zurzeit Technik, Nutzen und Einsatzgebiete des Ausweises. CIO.de berichtete unter anderem in dem Artikel "Der Ausweis fürs Internet" darüber.

CIO.de: Fujitsu war das erste Unternehmen, das ein Berechtigungszertifikat für die Nutzung der eID-Funktion bei der Vergabestelle im Bundesverwaltungsamt beantragt hatte. Künftig will Fujitsu den Nutzern in seinem deutschen Online-Shop das Registrieren mit dem neuen Ausweis ermöglichen.

Walloschke: Wir haben den Shop angemeldet, um zu lernen, wie wir die Technologie beherrschen können und mussten dafür einen großen Anforderungskatalog abarbeiten. Der Shop basiert auf einem amerikanischen System. Daher haben wird eine Technologie entwickelt, die es erlaubt, den Ausweis universell anzuschließen. Aus unserer Erfahrung heraus können wir anderen Unternehmen sagen, wie diese Anbindung funktioniert.

CIO.de: Wie ist Geschichte der Online-Shop-Anwendung?

Das aktuelle Testmuster des neuen Personalausweises von Thomas Walloschke.

Walloschke: Wir haben unsere Anwendung 2008 beim IT-Gipfel in Darmstadt offiziell vorgestellt. Das war die Geburtsstunde. Ich habe damals den Prozess verantwortet. Den Ausweis von damals besitze ich immer noch, man kann ihn aber heute nicht mehr auslesen. 2009 haben wir beim Bundesinnenministerium darum gebeten, am Anwendungstest teilnehmen zu dürfen. So sind wir mit unserem Online-Shop in den Test gegangen. Auf der Cebit 2010 haben wir ihn dann das erste Mal live vorgeführt. Wir waren also einer der ersten, die Ergebnisse vorzuweisen hatten. Und wir haben festgestellt, dass es auch viele andere Unternehmen gibt, die sich die Frage stellen, was genau sie tun müssen. Diese Unternehmen möchten wir begleiten.

CIO.de: Sie wollen das also auch anderen Firmen anbieten?

Walloschke: Es gibt nicht nur große Web-Shop-Betreiber, die diese Prozesse rund um ihr Angebot zum neuen Personalausweis selbst implementieren, sondern auch kleinere. Diese nutzen standardisierte Web-Shop-Systeme und zahlen dafür monatliche Abschläge. Hier sind Prozesse aufzusetzen, wir kennen sie als „Dienste im Netz“, die wir als ID-Service in der Cloud anbieten können. Im Rahmen des Anwendungstests bietet diese ID-Services aktuell nur die Bundesdruckerei an. Ob das für uns kurzfristig zu einem Business-Modell werden kann, hängt von der wirtschaftlichen Nachfrage ab.

CIO.de: Wo kann man sich mit dem Ausweis überall elektronisch identifizieren?

Walloschke: Die elektronische Identität kann man überall dort einsetzen, wo eine persönliche Identifikation vorgeschrieben ist oder sie sich aus dem Gesetz ergibt. Also überall dort etwa, wo man heute das Post-Ident-Verfahren nutzt. Datenschützer vertreten die Ansicht, die Nutzung ist nur dort erlaubt, wo das entsprechende Erfordernis besteht. Die Webshop-Betreiber müssen dazu gegenüber der Vergabestelle für Berechtigungszertifikate im Bundesverwaltungsamt ihren Geschäftsprozess öffnen. Es sind heute zwei Anbieter bekannt, die die Zertifikate ausstellen, einer davon ist die Bundesdruckerei.

Ab 1. November gibt es den "neuen Personalausweis". Nach heftigen Diskussionen heißt er nicht mehr "elektronischer Personalausweis".
Foto: Broschüre zum neuen Ausweis

CIO.de: Die Menschen müssen einen Mehrwert erkennen können. Deshalb sollte es zum Start schon möglichst viele Anwendungen geben, oder?

Interesse auf der Cebit 2010 war gewaltig

Walloschke: Damit am 1. November schon die Technologieanbindung und die Fragen der Vermarktung geklärt sind, wurde der Anwendungstest mit 30 Firmen initiiert. Die Arbeit in dem gemeinsamen Arbeitskreis war sehr konstruktiv. Mittlerweile ist das Interesse für dieses Thema in vielen Unternehmen vorhanden. Allerdings ist es aber oft nicht ganz einfach, Unternehmensführern klar zu machen, auf was sie sich einlassen. Denn die Integration von Funktionen des neuen Personalausweises berührt ganz erheblich die Prozesse im Unternehmen. Und man muss es diese auch bei der Vermarktung der eigenen Produkte mit berücksichtigen. Das kann man nicht mal eben so nebenbei machen.

CIO.de: Wie ist der Stand der Vorbereitungen?

Walloschke: Aktuell befinden wir uns noch in der Vorbereitungsphase. Dabei gehen wir so vor, als ob es den neuen Ausweis und die Gesetzgebung schon gäbe. Die gesetzlichen Regelungen treten zum 1. November in Kraft.

CIO.de: Wie groß ist das Interesse an dem neuen Ausweis?

Walloschke: Auf der Cebit gab es eine gewaltige Anzahl von Menschen, die mit großem Interesse auf uns zugekommen sind. Darunter auch erstaunlich viele Jugendliche, die ihre Identität stärker geschützt sehen wollen. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Identitäten in den sozialen Netzwerken bisher alles andere als sicher sind. Diese Identitäten kann man mit dem neuen Ausweis rechtssicher feststellen. Von den Unternehmen haben sich zusätzlich zu den 30 Teilnehmern des Anwendungstests noch einmal rund 170 Unternehmen für die Entwicklung von Anwendungen für den neuen Personalausweis angemeldet.

CIO.de: Wird es subventionierte Lesegeräte geben?

Der Fujitsu-Shop Deutschland. Ab 1. November kann man sich hier mit Lesegerät und der e-ID des Ausweises identifizieren.

Walloschke: Ja, das Bundesinnenministerium hat Geld in die Hand genommen, um eine gewisse Anzahl an Lesegeräten unters Volk zu bringen, weil diese im Handel noch nicht hinreichend erhältlich sind. Wir gehen davon aus, dass das einen positiven Effekt auf die Verbreitung des neuen Personalausweises haben wird. Momentan gibt es in der Bevölkerung noch Unklarheit darüber, welche Geräte es gibt und wie man sie einsetzt. Es gibt einen Basisleser, der nur für kontaktlose Karten geeignet ist. Im Gegensatz zu Komfortlesegeräten verfügt dieses Gerät weder über eine Tastatur noch über eine Anzeige. Mithilfe von Bildschirmtastaturen, auf denen die Zahlen zufällig – also nicht in der Reihenfolge 1 bis 9 – angeordnet sind, lässt sich dabei verhindern, dass Key-Logger eine Zahlen-Kombination mitschneiden. Das ist in punkto Sicherheit in etwa gleichwertig mit Lesegeräten mit integrierter PIN-Tastatur. Für den Einsatz der elektronischen Signatur braucht man ein Gerät mit Display und PIN-Eingabe. Dessen Preis liegt im dreistelligen Bereich, wobei es hier wohl eine Vergünstigung von 25 Euro geben wird.

Hohe Prozesskosten

CIO.de: Welche Vorteile hat Fujitsu vom Einsatz des neuen Personalausweises im Shop?

Walloschke: Bei der Bestellung besteht für uns ein kreditorisches Risiko, das wir absichern wollen und müssen. Nach der zweiten oder dritten Bestellung wissen wir dann sehr genau, wer der Besteller ist. Die Prozesse, die bei einer ersten Bestellung im Hintergrund ablaufen, sind allerdings mit hohen Kosten verbunden. Mit dem neuen Personalausweis wollen wir Einsparungsmöglichkeiten nutzen. So können wir uns sicher sein, dass die Person, die bestellt hat, auch die wahre Person ist.

CIO.de: Was ist der Vorteil für den Kunden?

Walloschke: Die Prozesse für den Kunden gestalten sich eleganter, einfacher und schneller. Durch eine beidseitige Authentifizierung weiß auch der Kunde mit Sicherheit, wer wir sind und an wen er sich bei Fragen wenden kann.

Vor Einführung des neuen Personalausweises haben sich über 200 institutionelle Teilnehmer an den Tests beteiligt. Zehn Prozent kommen aus der öffentlichen Verwaltung, elf Prozent aus Wissenschaft und Forschung, die größte Gruppe stellen mit 79 Prozent die Unternehmen. Im Rahmen der Tests werden noch bis zum 31. Oktober 2010 verschiedene Anwendungen auf ihre Praxistauglichkeit erprobt und optimiert. Insgesamt testen die Teilnehmer derzeit 584 verschiedene Anwendungen.

Bisher musste die Identifikation meist durch eine Trusted Third Party erfolgen, zum Beispiel beim Post-Ident-Verfahren. Anwendungen, die von Behörden getestet werden, zielen meist darauf ab, zeitaufwändige Prozesse wie die Kfz-Zulassung oder die Abgabe von Steuererklärungen zukünftig medienbruchfrei online abzuwickeln. Online-Shops wollen den neuen Personalausweis einsetzen, um Verkaufsprozesse zu erleichtern. Über die Online-Ausweisfunktion können sich Kunden direkt registrieren und einkaufen - das Eintippen persönlicher Daten entfällt.