Bis 2013 werden laut Gartner 80 Prozent der Plattformen für Enterprise Collaboration hauptsächlich auf Browser-basierten Web-2.0-Technologien aufbauen. Techniken wie Wikis würden ausgereifter und legten weiter an Akzeptanz zu, der Einfluss von Web-2.0-Ansätzen steige. So weit, so gut. Tückisch für die Unternehmen erscheint indes der mit dieser technologischen Veränderung einhergehende Wandel des Arbeitsstils. Die Firmen müssen sich darauf einstellen, dass künftig zwei völlig verschiedene Stile nebeneinander bestehen werden.
"Es gibt grundlegende Unterschiede zwischen dem Arbeitsstil, der auf Dateien und Dokumenten beruht, und der Web-2.0- und Browser-basierten Arbeitsweise", sagt Jeff Mann, Research Vice President bei Gartner. Wer neue Collaboration-Plattformen zu einem Erfolg machen wolle, müsse diesen Unterschieden Rechnung tragen.
Der Graben verläuft durch die Mitarbeiterschaft: Da gibt es die einen, die das Arbeiten mit Dateien und Dokumenten gewöhnt sind – und das nicht so einfach sein lassen wollen. Und da gibt es die anderen, die heute schon auf unterschiedlichsten Webseiten zu Hause sind, dort mit anderen kommunizieren und Inhalte austauschen.
Das wäre längst noch kein Problem, wenn es lediglich um unterschiedliche Vorlieben innerhalb der Belegschaft ging. So trivial verhält es sich leider nicht, denn diese Vorlieben haben für das Management relevante Folgen. Beispielsweise verändert der Umgang mit Web 2.0-Technologien die Einstellung zu Sicherheitsfragen – tendenziell in Richtung Laxheit.
Wenn sich Gewohnheiten eingeschliffen haben, lassen sie sich schwer ändern – und das meist aus guten Gründen. Wer es gewohnt ist, dass Dateien nacheinander von verschiedenen Mitarbeitern bearbeitet werden, wird sich von dieser sequentiellen Arbeitsweise schwer auf den gleichzeitigen Zugriff verschiedener User auf ein Dokument in der Web 2.0-Welt umstellen können.
Dokument-Orientierung wird nicht obsolet
Wer letzteres gewohnt ist, fühlt sich hingegen gebremst und eingeengt, wenn der frei fließende Arbeitsprozess behindert wird. "Dieses Missverhältnis von Erwartung und Arbeitsweisen liegt vielen Projekten zu Grunde, in denen Probleme beim Nutzerverhalten auftauchen", so Mann.
Ihre Daseinsberechtigung haben beide Zugänge zur Arbeit. Und so relativiert Gartner auch die übertriebene Erwartung, dass sich Zusammenarbeit künftig nur noch im Web 2.0 abspielen wird. Dokument-orientierte Plattformen seien etabliert, vertraut und für bestimmte Aufgaben schlicht besser geeignet. Soll am Ende des Arbeitsablaufes etwa eine gemeinsam erstellte Datei stehen, lasse sich das idealerweise über eine klassische Dokument-Ablage steuern.
In der neuen Collaboration-Welt wird somit für beide Wege Platz sein, worauf sich auch die Hersteller bereits einstellen. So sind Google Apps, Adobe buzzword und Zoho laut Gartner Beispiele für Hybrid-Produkte: im Grunde angesiedelt im Web 2.0-Lager, aber unter Einbeziehung von Dateien – sei es zum Herunterladen für die Offline-Arbeit, sei es mit Online-Organisation von Inhalten.
Ein Entweder-Oder erscheint also schon jetzt überholt, was die Aufgabe von Collaboration-Managern nicht einfacher macht. Sie werden die Herausforderung nur mit Augenmaß bewältigen können. Und sie sind diejenigen, die die Mitarbeiter von Neuerungen überzeugen müssen.
Gartner hat dafür eine Handvoll Empfehlungen parat: Wenn ein neues Modell eingeführt wird, sollten die Mitarbeiter vorsichtig darauf vorbereitet werden. Die Entscheidungsgrundlagen sollten erklärt werden. Bei befürchteter Abwehrhaltung von Seiten der User, sollte die Plattform Alternativen für bestimmte Situationen bieten. Bei Einführung einer Web 2.0-Plattform sollten also die File-Elemente nicht komplett über Bord geworfen werden.
Hybrid-Lösungen könnten Dilemma lösen
Als Verantwortlicher sollte man sich zudem selbst ein klares Bild von den Vorzügen und Schwächen der beiden Modelle machen. Der blinde Glaube daran, dass das eine oder das andere für alle Lagen hilfreich sein wird, dürfte sich als Irrglaube erweisen. Die Hybrid-Produkte könnten da die richtige Lösung sein. Falls sich ein Unternehmen dafür entscheidet, sollten den Mitarbeitern aber die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten konkret und nachvollziehbar aufgezeigt werden.