Analysten-Kolumne

Der IT-Dienstleister als Helfer, nicht Treiber

10.05.2006 von Katharina Grimme
Mit dem Trend zum Multi-Sourcing und selektiven Outsourcing, der in Europa seit einiger Zeit sichtbar ist, einer verstärkten Risiko-Aversion, sowie der Auffassung dass IT zur Commodity wird und immer weniger ein Differenzierungsmerkmal darstellt, ist die Zeit nun reif für eine Gegenreaktion auf das "transformatorische" Outsourcing. Verwunderlich aber, dass viele Outsourcer ihre Consulting Ressourcen auf- anstatt abbauen. Ist das eine kluge Strategie?

Die Implikationen des Transformational Outsourcing

Gutes Outsourcing ist inhärent transformatorisch, da es die IT-Infrastruktur (in die wir Business Applikationen einschließen) verbessert. Anderenfalls wäre es einfach nur ein "Your Mess for Less"-Ansatz. Gutes Outsourcing hält die IT mit den Geschäftsprozessen, die durch die Infrastruktur unterstützt werden, zusammen. Das erfordert kontinuierliche Bemühungen und Veränderungen. Aus diesem Grund beinhaltet ein guter Outsourcing-Vertrag fast ausnahmslos IT-Consulting-Elemente, auch wenn diese nicht separat aufgeführt oder berechnet werden.

Wir nehmen Probleme vor allem da wahr, wo IT-Dienstleister über ihre Kompetenz hinaus agieren wollen. Und außerdem darüber hinaus für sich beanspruchen, Geschäftsveränderungen proaktiv treiben und somit die Geschäftsleistung, durch Kombination von Management-Beratung mit IT Dienstleistungen, signifikant transformieren zu können.

Wo bringt Consulting mehr Wert als Risiko ein?

In einem Outsourcing-Abkommen gibt es zwei Arten von Consulting-Fähigkeiten, die einen klaren Mehrwert bieten, weil sie in die Kernkompetenzen eines IT-Dienstleisters fallen. Hierzu gehört das IT-Consulting. Es befasst sich beispielsweise mit der Definition und Entwicklung der Enterprise Architektur sowie der Kostenreduzierung von Desktop Management. Außerdem gehört in diesen Bereich ein geschäftsorientiertes, aber IT-getriebenes Consulting.

Es befasst sich unter anderem mit der Beschleunigung von Verkaufsprozessen durch Einsatz von CRM-Software, oder der Reduzierung von Warenverlusten im Transportprozess eines Logistikers durch Einführung eines RFID-Systems. Bei der letzteren Art von Outsourcing-Vereinbarungen handelt es sich um Consulting-getriebenes IT Outsourcing, welches eindeutig geschäftsorientiert ist, aber seine Wurzeln doch ganz klar in der IT Fähigkeit hat. Das bedeutet, das der Mehrwert des Dienstleisters für den Kunden in dessen IT-Know-How, nicht in der Management-Beratungskompetenz liegt.

IT-Dienstleister überschreiten ihre Kompetenzen unter dem Label des transformatorischen Outsourcing, wenn Management-Beratung mit IT-Outsourcing verbunden wird zu Business Transformational Outsourcing. Das ist auch der Fall, wenn es sich um eher prosaische Themen, wie die Verbesserung von book-to-bill Raten oder die Erstellung einer schlanken Supply Chain handelt.

Die Überschätzung stellt sich oft dort ein, wo IT-Dienstleister IT-intensive, transaktionsbasierte Geschäftsprozesse übernehmen und glauben, dass es sie dafür qualifiziert, die Vorstandsebene zu weitreichenden organisatorischen Veränderung zu beraten. Wir sind der Ansicht, dass Outsourcer nur dann über die IT-Infrastruktur hinaus eine beratende Funktion annehmen sollten, wenn es sich um die Reorganisation von (wenn auch wichtigen) Nischenprozessen, wie Rechnungsabwicklung, handelt.

Für darüber hinausgehende Prozesse sollten IT-Dienstleister lediglich eine unterstützende Rolle spielen. Generell kann man sagen, dass IT-Dienstleister die Aufgabe haben, strategische Geschäftsveränderungen zu unterstützen, aber nicht zu treiben. Wenn ein IT-Dienstleister beispielsweise versucht, die Buchhaltung (F&A), die Lieferkette oder das Personalwesen eines Kunden zu transformieren und zu betreiben, gibt es häufig Probleme. Das Risiko sowohl für den Kunden als auch den Dienstleister ist üblicherweise unakzeptabel hoch.

What's in a name?

Viele IT-Dienstleister beschäftigen erfahrene Management-Berater, die IT-Beratung, aber auch Management-Beratung anbieten. Das macht allerdings ihre Arbeitgeber nicht zu Management-Beratungsfirmen. Outsourcing-Anbieter bleiben IT-Dienstleister. Das ist und bleibt die Kernkompetenz und auch wenn der Consulting-Bereich sicherlich Verbesserungen in der Profitabilität der Kunden erreichen kann, sind sie deshalb noch lange keine High-Level-Strategie- oder Management-Berater im klassischen Sinn.

Wie oben angeführt, hat jeder gute Outsourcing-Vertrag ein transformatorisches Element, aber um eine klare Abgrenzung vorzunehmen, sprechen wir in diesen Fällen von geschäftsorientiertem Outsourcing. Wir sehen die besten Chancen für geschäftsorientierte Outsourcer. Die Gruppe spezialisiert sich darauf IT-Infrastrukturen und Nischengeschäftsprozesse zu verbessern, und nutzen Management-Berater, um die Dienste zu erbringen.

Geschäftsorientiertes, IT-getriebenes Consulting kann eine große Rolle in der Bereitstellung von hochqualitativen IT-Dienstleistungen spielen, die dabei helfen, das Geschäft des Kunden zu transformieren. Wichtig ist hierbei, dass der Outsourcer sein Limit kennt: Er ist Helfer, nicht Treiber.

Dr. Katharina Grimme ist die Leiterin der deutschen Ovum-Niederlassung und spezialisiert sich auf Analyse und strategische Beratung zum deutschen IT-Services/Outsourcing Markt.