Seit Jahren versuchen diverse Anbieter von Bezahlsystemen - Banken, Kreditkarten-Betreiber oder Mobilfunkunternehmen - kontaktloses Bezahlen mit dem Handy am Markt durchzusetzen. Bisher ohne Erfolg. Die benötigte Technologie dafür – Near Field Communication (NFC) – gibt es schon seit fast zehn Jahren. Bisher ist sie nur in einigen Gebieten wie dem öffentlichen Verkehr eingesetzt worden.
Google hat nun angesichts der erreichten Stärke mit den Android-Smartphones den nächsten Schritt getan und in den USA zusammen mit den Partnern Citibank, MasterCard, First Data und Sprint "Google Wallet" vorgestellt. Dieses System für kontaktloses Bezahlen mit dem Handy könnte sich tatsächlich zunächst in den USA durchsetzen, weil dort zahlreiche Handelsunternehmen bereits über eine taugliche Infrastruktur verfügen.
Denn bei aller Zukunftsmusik rund um Mobile Payment und NFS wird in der Regel vergessen, dass die schöne Technologie nur funktioniert, wenn auch geeignete Lesegeräte bei den Retailern oder anderen Geschäftspartnern vorhanden sind.
Zu den amerikanischen Unternehmen, die Google Unterstützung zugesichert haben, sollen laut Henri Ardevol, Vice President und General Manager Secure Transactions bei dem Technologiepartner NXP, der NFC-Chips und -Lesegeräte liefert, u.a. Macy’s, Bloomingdale, Walgreens, Radio Shack, ToysRus und Subway gehören. Die New York Times spricht sogar von 124.000 amerikanischen Händlern, die Google Wallet akzeptieren würden, weil sie schon jetzt mit den PayPass-Terminals von MasterCard auf Basis von kontaktlosen Bezahlungen zusammenarbeiten.
Allerdings müssten sich ihre Lesegeräte einem Software-Update unterziehen. Die ersten Händler sollen noch in diesem Sommer soweit sein, vor allem in New York und San Francisco. Von einer landesweiten Marktdurchdringung kann zunächst keine Rede sein.
Google Wallet klappt nur, wenn die Händler mitmachen
Außerhalb der USA sollen es sogar 300.000 Händler sein, die für eine Kooperation mit Google Wallet ausgerüstet sind. Da aber viele alternative Angebote um eine Marktakzeptanz buhlen, könnte eine Akzeptanz in Europa noch eine Weile dauern. In Deutschland bemüht sich zum Beispiel die Deutsche Telekom darum, mit ihrem SMS-basiertem Bezahlsystem Mpass Fuß zu fassen.
Google Wallet soll auch für den Empfang und die Entgegennahme von Coupons sowie für die Registrierung von Kundenpunkten tauglich sein. Dies ist ein nicht ganz zu vernachlässigender Faktor, da individuelles Marketing und Social Communities bei den Einkaufsprozessen allmählich eine größere Bedeutung gewinnen. Statt eine Unzahl von Kredit- und Kundenkarten mit sich herumzuschleppen, könnte in Zukunft das Smartphone alles auf einmal erledigen.
Eine Gebühr, die der Kunde für jede Bezahltransaktion direkt an Google zahlen müsste, hat man explizit ausgeschlossen. Was das Geldverdienen mit Google Wallet angeht, denkt man hauptsächlich an die Ausgabe von Coupons, "Google offers" genannt, für die teilnehmende Händler einen Betrag entrichten müssten. Ähnlich wie Groupon will Google jedes Mal dann kassieren, wenn ein Coupon bei einem Händler eingelöst wird. Und die Citibank will genau so entlohnt werden wie bei klassischen Kreditkarten-Transaktionen. Teilnehmende Händler müssten also zweimal Geld abführen – eine Aktion, die sich für sie rechnen muss.
Google hat weitere Händler, Banken, Kreditkarten-Ausgeber oder Telekom-Gesellschaften aufgefordert, sich an Google Wallet zu beteiligen. Der Analyst Charles Golvin von Forrester Research sieht gute Chancen für eine baldige größere Akzeptanz des Google-Systems, da sich das zugrunde liegende Geschäftsmodell von Karten-Bezahlsystemen nicht ändern würde.
Forrester glaubt an Akzeptanz von Google Wallet
So kann man schon heute in London mit einer sogenannten Oyster-Karte, die wieder aufladbar ist, sehr bequem mit der U-Bahn fahren. Man muss nur bei den Eingangsschranken an den Bahnhöfen kurz seine Oyster-Karte über eine Lesegerät halten und schon ist man drin. Der gleiche Prozess ließe sich auch genauso mit einem geeigneten Handy machen. Und schon muss man eine Karte weniger dabei haben.