Jobwechsel

Der Knigge für Jobstarter

15.10.2024 von Sabine Hildebrandt-Woeckel
Die ersten Tage im neuen Unternehmen sind harte Arbeit. Da es keine zweite Chance für den ersten Eindruck gibt, hier unser Knigge für Jobstarter.
Neuer Job, neuer Arbeitsplatz: Nun ist Feingefühl im Umgang mit den Kollegen gefragt.
Foto: terekhov igor - shutterstock.com

Sie kommen in eine neue Umgebung und müssen sich und Ihre Arbeit präsentieren. Sie müssen es schaffen, möglichst schnell alle Arbeitsabläufe zu durchschauen, Ihre Kollegen kennen zulernen und alle informellen Beziehungsnetzwerke zu verstehen. Das geht nur, wenn Sie den Einstieg in das neue Unternehmen mit derselben Sorgfalt angehen wie zuvor den Ausstieg aus dem alten und den Bewerbungsprozess.

Dabei ist es wichtig, die Angst abzubauen. Viele Neueinsteiger betrachten die Probezeit als eine Phase, in der man ohne Probleme hinausgeworfen werden kann. Doch diese Sichtweise ist falsch. In der Probezeit befinden sich beide Seiten auf dem Prüfstand. Sie sollten herausfinden, ob sie zusammen passen. Dabei geht es nicht nur um fachliche Leistungen, sondern auch um die Chemie.

Die erste Begegnung mit den Kollegen

Typische Anfängerfehler sollten natürlich vom ersten Tag an vermieden werden. Dass das Outfit stimmt, versteht sich von selbst. Sorgen Sie auch dafür, dass Sie nicht völlig abgehetzt das Büro betreten. Das beste Gefühl fürs Timing bekommen Sie, indem Sie den Weg schon im Vorfeld einmal abfahren

Die größte Angst haben Neulinge vor der ersten Begegnung mit den neuen Kollegen - und das zu Recht. In der Regel treffen wir eine Einschätzung über Sympathie oder Antipathie des Gegenübers innerhalb weniger Sekunden. Es kommt darauf an, wie Sie jetzt auftreten, ob sie natürlich und souverän wirken oder ängstlich und verunsichert. Was Sie sich in den ersten Minuten, Stunden und Tagen verscherzen, ist nur schwer wieder gut zu machen.

Nicht einfacher wird die Sache dadurch, dass die Kollegen meist wenig vorbereitet sind. Wenn Sie Glück haben, wissen sie zumindest, dass heute ein Neuer kommt. Wenn Sie Pech haben, nicht einmal das. Eine organisierte Einarbeitung gibt es in den wenigsten Fällen. In manchen Unternehmen gibt es zwar Mentoren, die den Einstieg erleichtern sollen - auch dies ist jedoch oft genug nur blanke Theorie. Umso wichtiger ist, es den Einstieg gut vorzubereiten.

Zunächst sollten Sie sich vorstellen, allerdings nur, wenn die Situation das hergibt. Sind alle sehr beschäftigt, kann es befremdlich wirken, wenn Sie herumgehen und jeden von der Arbeit abhalten. Passen Sie die richtige Gelegenheit ab und stellen Sie sich dann mit vollem Namen und der Funktion vor, die Sie ausfüllen werden

Duzen oder Siezen?

Eine heikle Frage ist oft die nach dem "Du" oder "Sie". Passen Sie auf, wie die anderen miteinander umgehen. Das "Du" sollten Sie erst anbieten, wenn Sie die Betriebssitten kennen. Anders herum gilt: Duzt man sie sofort, weil dies im Betrieb üblich ist, sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie sich dem entziehen wollen.

Die Regeln für die ersten Stunden und Tage sind einfach:

Je schneller es Ihnen gelingt, sich die Namen der neuen Kollegen, die Abteilungskürzel, wichtige Kunden und die Palette der Produkte zu merken, desto schneller läuft die Integration.

Vorsicht vor Aktionismus und Besserwisserei

Natürlich sollten Sie sich in der Anfangszeit engagiert zeigen. Gleich die Pausen zu überziehen macht einen genauso schlechten Eindruck wie überpünktlich in den Feierabend zu starten. Andererseits: Zu viel Aktionismus kommt auch nicht gut. Insbesondere dann nicht, wenn Sie einfach drauflos starten - ohne sich vorher mit den Rahmenbedingungen vertraut gemacht zu haben. Oder noch schlimmer: Wenn Sie gleich zu Anfang eingefahrene Abläufe umkrempeln.

Wenn Sie Ihren neuen Kollegen erklären, was sie alles falsch machen oder wie Sie es besser machen würden, haben Sie schon verloren. Zunächst ist Zurückhaltung gefordert. Tragen Sie Ihre Ideen nur bei passender Gelegenheit vor und stempeln Sie keinen als Dummkopf ab. Wer gleich die ganze Firma umstrukturieren will und damit Kompetenzen anzweifelt, wird die neuen Kollegen vor den Kopf stoßen.

Viel besser: Nachfragen! Gerade am Anfang nimmt Ihnen das niemand übel. Im Gegenteil, man wird es als Interesse verstehen. Auch vermeintliche Nebensächlichkeiten bedürfen mitunter der Klärung: Bringt jeder seine eigene Kaffeetasse mit? Gibt es eine Kaffeekasse? Ist es üblich, zum Einstand eine Runde auszugeben? Tabu ist auch, im neuen Job über Ihren alten Arbeitgeber oder die alten Kollegen zu lästern.

Knigge für Jobwechsler
Mehr Mobilität?
Überdenken Sie Ihre Flexibilität. Längere Anfahrtswege oder geringeres Gehalt können trotzdem zielführend sein.
Keine Katastrophe
Ist die Kündigung bereits ausgesprochen, bewahren Sie die Ruhe.
Der Flurfunk
Reagieren Sie möglichst frühzeitig auf die Zeichen des Marktes. Nehmen Sie die Gerüchteküche ernst. Agieren Sie selbst.
Absichern?
Verlassen Sie sich nicht auf vermeintliche Sicherheiten. Manch einer steht schneller auf der Straße, als er meint.
Haltung bewahren
Hängen Sie Ihren Frust nicht an die große Glocke – weder vor noch nach einer Kündigung.
Außen vor
Informieren Sie Kollegen oder gar den Vorgesetzten auf keinen Fall zu früh, denn von da an sind Sie von allen wichtigen Informationen abgeschnitten.
Präsenz zeigen
Stellen Sie Ihr Profil in die relevanten Online-Portale ein. Tun Sie dies frühzeitig. Erste Erfolge zeigen sich frühestens nach vier bis sechs Monaten.
Externe Unterstützung
Nehmen Sie Kontakt mit ausgewählten Personalberatern Ihrer Branche auf. Signalisieren Sie Ihr Interesse an neuen Herausforderungen in allen relevanten Netzwerken, aber werden Sie nicht zu deutlich, ehe die Kündigung tatsächlich ausgesprochen ist.
Profilieren Sie sich
Wenn noch nicht absehbar ist, ob und wann Sie wechseln werden, nutzen Sie bereits die Zeit, um sich zunächst im eigenen Haus zu profilieren. Beteiligen Sie sich an Projekten, die für die Zukunft relevant sind, schlagen Sie sinnvolle Sparmöglichkeiten vor. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Engagement auch extern publik wird. Netzwerke und Arbeitskreise bieten dafür gute Möglichkeiten.
Eine gute Bewerbung
... ist immer noch sehr wichtig. Überarbeiten und vervollständigen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen.
Eigenwerbung stinkt?
Das war einmal. Kümmern Sie sich um Ihr Selbstmarketing. Erarbeiten Sie Ihr eigenes Stärkenprofil. Besonders in der Krise geht es um Effizienz. Im Bewerbungsgespräch müssen Sie kurz und knapp darlegen können, worin Ihre Stärken liegen. Unterstützung bieten Karriereberater.
Bereit sein
Besorgen Sie sich ein Zwischenzeugnis.
Ups, zu spät ...
Wenn Sie selbst gehen, bereiten Sie die Trennung sorgfältig vor. Beachten Sie die Fristen.
Viele Wege führen zum neuen Job
Nutzen Sie alle Bewerbungswege: Print, online, persönlich.
Hilfreich: ein langer Atem
Befassen Sie sich mit der Psychologie des Vorstellungsgespräches, und zwar nicht nur in der ersten Runde.
Falsche Kompromisse?
Bei potenziellen Stellenangeboten: Bleiben Sie kritisch, sich selbst und Ihrem Können gegenüber – aber auch dem suchenden Unternehmen.
Im Guten trennen
Ist die Entscheidung zum Wechsel gefallen, nutzen Sie auch Ihren Abgang zur Profilierung.
Es ist soweit
Wenn Sie dann tatsächlich gehen: Hinterlassen Sie einen bestellten Acker.
Neu ankommen
Agieren Sie im neuen Unternehmen besonnen. Lernen Sie, hören Sie gut zu.
Los gehts!
Nehmen Sie die eigenen Gefühle ernst – auch wenn sie negativ sind. Bei Zweifeln: Starten Sie neu!

Abwarten und von anderen lernen

Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie sofort alles verstehen, alles richtig oder gar besser machen als die anderen. Was man einzig erwartet, ist Interesse. Also: Üben Sie sich in Geduld, aber lehnen Sie sich nicht zurück. Lernen Sie!

Seien Sie aufmerksam, machen Sie sich Notizen und beschäftigen Sie sich damit. Nutzen Sie alle Informationsquellen wie Mitarbeiterzeitschrift, Intranet oder Handbücher, um möglichst viel über Ihr neues Unternehmen und Ihre eigenen Aufgaben zu erfahren. Eine gute Möglichkeit, die Abläufe zu hinterfragen, bieten auch die Pausen. Soweit dies üblich ist, gehen Sie mit den Kollegen zum Mittagessen.

Halten Sie sich im Zweifel zurück, solange Sie die Rollen der Kollegen nicht sicher einschätzen können. Lassen Sie sich nur nicht zu Kritik hinreißen. Eine falsche Bemerkung beim falschen Kollegen – und Sie sind raus.

In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die mehr Gewicht haben als andere. Diese sollten Sie möglichst schnell identifizieren. Die Unfähigkeit, die firmeninternen Spielregeln zu durchschauen, ist der zweithäufigste Grund, warum jemand bei Beförderungen übergangen wird. Noch fataler ist dieses Nichtverstehen in einem neuen Job. Wer sich mit den Falschen verbündet, hat keine Chance.