Der US-Hersteller zeigt es mit dem iPad-Launch wieder einmal, wie man es mit chicken Produkten, über dem Durchschnitt liegenden Preisen, Angebots- und Lieferverengung sowie zentralisiertem Marketing schafft, ein Millionenpublikum zu beglücken. Und dieses stellt sich schon einmal über 24 Stunden vor Ladenöffnung in einer Schlange an, um eines der begehrten Modelle zu ergattern. Was nicht sein müsste, wenn Apple seinen Retailern mehr Freiheiten erlauben würde.
Apples Geheimnis: Sich und die jeweils neuesten Produkte in ein Geheimnis zu packen. Das wird dann schrittweise oder gar nicht gelüftet, manchmal verquickt mit dem gesundheitlichen Zustand von Steve Jobs, dem Firmenchef. So werden Spannung und Erwartungshaltungen erzeugt, und die Liebhaber und Fanatiker der Apple-Erzeugnisse tun in den Social Media ihr Übriges, ganz ohne Druck.
Vom Standpunkt des Vertriebs scheint Apple tatsächlich wahre Wunder zu vollbringen. Ein paar eigene Shops da und dort, etwas Internet-Versand und eine äußerst geringe Anzahl von Retail-Partnern – das war’s dann schon.
Wie die Financial Times am 27. Mai berichtete, wurde bei der in Europa gerade erst gestarteten Verkaufskampagne für den Tablet-PC iPad den Retailern sogar verboten, eigene Promotion-Aktivitäten zu entwickeln. Das gilt für Großbritannien, den nach den USA zweitgrößten Absatzmarkt, das gilt aber auch für Deutschland.
In UK wird das iPad in den Apple-Shops sowie zusätzlich für 60 Tage bei den Retailern PC World und Currys Stores ausgeliefert, die beide zu DSGi gehören. Zu den Merkwürdigkeiten des Vertrags zwischen Apple und DSGi gehört es, dass dem Partner ausdrücklich verboten wurde, vor Inkrafttreten der Vereinbarung am 28. Mai 2010 auf diese per Marketing hinzuweisen oder sie auf Nachfrage zu bestätigen.
In Deutschland sind Media Markt und in Frankreich FNAC gleichermaßen von den Kontrollmethoden Apples betroffen. In der Branche spricht man schon von einem Kontrollwahn der Kalifornier, die bei jedem noch so kleinen Aspekt der Kommunikation nach außen mitreden wollen. Manche nennen es auch den „Apple Way".
Die Vertriebswege der Apple-Produkte
Indem sich Apple zur Auslieferung über nur wenige Partner bekennt, ist man auch in der Lage, den ganzen Logistikprozess besser zu steuern und im Bedarfsfall schnell Kontingente von einem Land zum anderen oder von einer Stadt zu einer anderen zu verlagern. Das wirkt bei nur wenigen Verkaufsstellen sehr effektiv – und wo es nicht wirkt, entsteht der – nicht ungewollte – Eindruck, dass Apple angesichts einer Massenhysterie nicht mehr liefern konnte.
Auf der Telco-Seite arbeitet Apple weiter mit nur wenigen ausgewählten Partnern zusammen. Für das iPad wurden sie zum Beispiel in Deutschland, wo die Telekom bisher den privilegierten Partner-Status inne hatte, um O2 erweitert. In Großbritannien ist Three neu hinzugekommen.