In den lokalen Märkten treten die internationalen Technologie- und Software-Anbieter mit ihren Landesgesellschaften auf, die für Themen wie Marketing, Kundenbetreuung und Vertrieb verantwortlich sind. Geht es um die Einführung der Software-Produkte und Technologielösungen arbeiten internationale wie auch lokale Technologie- und Software-Anbieter häufig mit einem Netzwerk an Partnerunternehmen zusammen. Solche Kooperationspartner sind in der Regel Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen, die häufig auch den Vertrieb der Produkte übernehmen.
Analysen von Lünendonk haben gezeigt, dass derzeit insbesondere Produkte und Lösungen von Microsoft für die digitale Transformation eine hohe Bedeutung haben und sich daher viele IT-Beratungen auf die Einführung und den Betrieb von Microsoft-Lösungen fokussieren. Daneben sind Beratungsthemen rund um SAP die zweite dominiernde Technologie im deutschen IT-Consulting-Markt.
Nun aber den Blick auf Microsoft. Lünendonk hat im Rahmen seines Marktbarometers "Der Markt für IT-Beratung und IT Service in Deutschland" über 90 IT-Dienstleister untersucht, die zusammen rund 29 Milliarden Euro in Deutschland erzielen und somit 75 Prozent des Gesamtmarktes abdecken.
Insgesamt 45 dieser analysierten IT-Beratungs- und IT-Service-Unternehmen gaben an, den Status eines Microsoft-Partners zu haben. Diese 45 Microsoft-Partner zusammen erzielten 2016 in Deutschland Umsätze in Höhe von rund 17 Milliarden Euro. Ihr durchschnittliches Umsatzwachstum lag bei 10,6 Prozent. Und 34,2 Prozent ihres Umsatzes erzielen die 45 Microsoft-Partnerunternehmen mit Kunden aus der Industrie. Die Automotive-Industrie ist dabei mit einem Umsatzanteil von 11,3 Prozent die größte Einzelbranche, gefolgt vom Maschinenbau mit 8,3 Prozent.
Positionierung der Microsoft-Partner
Das Geschäftsmodell der befragten Microsoft-Partner ist es, entweder als Spezialist für einzelne Microsoft-Technologien oder als Komplettanbieter zu agieren, indem eine Vielzahl der in ihren jeweiligen Märkten relevanten Microsoft-Technologien abgedeckt wird. 62 Prozent der analysierten 45 Anbieter positionieren sich als Spezialisten für Einzeldienstleistungen im Microsoft-Umfeld.
Zu SharePoint, Azure und Office 365 bieten über drei Viertel der Anbieterunternehmen als Full-Service-Provider integrierte IT-Dienstleistungen an. Dazu gehören Beratungs-, Implementierungs- und Betriebsdienstleistungen. Deutlich weniger Full Service Povider finden sich dagegen im ERP- und CRM-Umfeld, wobei sich im Cloud-Angebot "Dynamics 365" wesentlich mehr Partner als Microsoft-Komplettdienstleister aufstellen als bei den ERP-Produkten "Dynamics NAV" und "Dynamics AX", die es nur noch für Bestandskunden gibt.
Mehr als jedes zweite befragte IT-Dienstleistungsunternehmen mit Microsoft-Partnerstatus hat die Produkte Dynamics AX und Dynamics NAV gar nicht im Portfolio und bietet folglich auch keine Services dazu an. Dies liegt aus Analysten-Perspektive vor allem daran, dass ERP-Produkte ein sehr tiefes Prozessverständnis der jeweiligen Branche und der spezifischen Anforderungen der Kunden erfordern. Entsprechend hoch sind der Grad der erforderlichen Spezialisierung und die Notwendigkeit, Fach-Know-how aufzubauen.
Ein weiterer Grund, warum sich bei "Dynamics 365" mehr Komplettanbieter finden, ist das hier deutlich mehr Beratungsbedarf hinsichtlich IT-Architektur, Datensicherheit und IT-Strategie besteht als bei klassischen On-premise-Angeboten und Projekte daher interessanter sind. Zum anderen ist der ERP-Markt rund um Dynamics NAV und Dynamics AX limitiert und Microsoft bietet Neukunden nur noch die Möglichkeit, die ERP-Version innerhalb Dynamics 365 zu nutzen. Somit eröffnet Dynamics 365 für die Partner ein großes Feld potenzieller Kunden.
Azure hat das größte Potenzial für Microsoft-Partner
Für das Jahr 2017 sind die befragten Microsoft-Beratungs- und -Implementierungspartner aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage ihrer Kunden nach externer Unterstützung sehr optimistisch. Vor allem eine hohe Nachfrage der Kunden nach IT-Lösungen rund um das Cloud-Portfolio "Azure" sowie die Umstellung von Office sowie der CRM- und ERP-Produktwelt auf "365" sorgt für volle Auftragsbücher.
Insgesamt 34 Prozent der befragten Microsoft-Partner erwarten für 2017 Umsatzzuwächse von über zehn Prozent, 55 Prozent gehen davon aus, ihren Umsatz um bis zu zehn Prozent steigern zu können, und nur elf Prozent rechnen mit Umsatzeinbußen. Im Durchschnitt liegen die abgegebenen Umsatzprognosen für 2017 bei 9,5 Prozent. Für 2018 wird mit einem Umsatzwachstum von durchschnittlich neun Prozent gerechnet.
Von allen untersuchten Mircosoft-Technologien für Business-Lösungen hat Azure aus Sicht von 34 von 45 befragten Microsoft-Partnern das größte Potenzial. Für Microsoft selbst ist Azure auch eine der wichtigsten Zukunftstechnologien und stellt über die Auzure- Cloud diverse IoT-, Infrastruktur- und Plattformangebote bereit, mit denen Kunden verschiedenste digitale Anwendungen und komplette digitale Geschäftsmodelle entwickeln und in Betrieb nehmen können.
Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten, die von Microsoft über Azure bereitgestellt werden, reicht von Analytics-Tools über DevOps, Betriebssysteme, künstliche Intelligenz, IoT, Entwicklungstools, Integrationswerkzeuge, Storage und Virtual Machines bis hin zur Bereitstellung von Hybrid-Cloud-Anwendungen.
Darüber hinaus dient Azure als hochskalierbare und flexible Plattform, um führende Technologien anderer Anbieter bereitzustellen und digitale Geschäftsmodelle von Unternehmen zu betreiben. Innerhalb der Microsoft-Strategie ist die "Azure IoT Suite" ein enorm wichtiger Baustein, denn sie bietet im IoT-Umfeld ein Bündel an cloudbasierten Anwendungen, mit denen sich beispielsweise Maschinen- und Anlagendaten monitoren, analysieren und für Prognosen aufbereiten lassen.
Sourcing-Strategien der Anwenderunternehmen
Microsoft verfolgt für Bestands- und Neukunden unterschiedliche Produktstrategien. Die Produkte der Dynamics-Familie (NAV, AX und CRM) gibt es für Bestandkunden als Online-Versionen aus der Microsoft Cloud heraus sowie als On-premise-Versionen für die lokale Installation. Die On-premise-Versionen haben dabei nahezu den gleichen Funktionsumfang wie die Cloud-Versionen. Neukunden können dagegen nur noch Dynamics 365 erwerben, das ERP- und CRM-Tools auf der Basis von Dynamics AX, NAV und CRM enthält. So basieren beispielsweise die ERP-Anwendungen der Enterprise-Version von Dynamics 365 auf Dynamics AX.
Besonders häufig wird die Anbieter-Cloud bei den Produkten Azure, Dynamics CRM, Dynamics 365 und SharePoint genutzt. In Zukunft werden sich jedoch hybride Cloud-Modelle beziehungsweise die Multi-Cloud durchsetzen, da die Kunden diverse Sourcing-Strategien mixen müssen.
Aktuell ist es jedoch in den untersuchten Anwenderunternehmen so, dass in 39 Prozent der Anwenderunternehmen Dynamics CRM - das es nur für Bestandskunden gibt - über die Anbieter-Cloud bereitgestellt wird. Dieses Online-Angebot hat Microsoft in den vergangenen zwei Jahren für seine Bestandskunden stark ausgebaut und fährt dabei mit regelmäßigen unterjährigen Releases eine ähnliche Strategie wie Salesforce mit seinem CRM-Angebot.
Derzeit nutzen noch 59 Prozent der befragten Anwenderunternehmen die On-premise-Version von Dynamics CRM. Microsoft wird diese Version auch weiterhin für die Kunden, die ihre Kundendaten im eigenen Rechenzentrum lokal hosten möchten, anbieten.
Obwohl Dynamics 365 erst Mitte 2017 als On-premise-Version eingeführt wurde, haben es bereits 61 Prozent der befragten Dynamics-365-Kunden als lokale Lösung im Einsatz. Dabei wird es sich hauptsächlich um Neukunden im ERP- und CRM-Umfeld handeln oder um Kunden, die zwar in einigen Unternehmensbereichen und Anwendungsfällen die "alten" ERP-Produkte einsetzen, in anderen Bereichen aber auf die neueste Cloud-Version von Microsoft umgestellt haben, aber dennoch nicht in die Cloud gehen möchten. Ein Drittel der befragten Unternehmen nutzt hingegen die Online-Version von Dynamics 365.
Seit 2016 bietet Microsoft für Bestandkunden eine neue Version von Dynamics AX auf technischer Grundlage seiner eigenen Cloud-Plattform Azure an. Das ERP-Tool wird folglich auch aus der eigenen Azure Cloud heraus zur Verfügung gestellt. Insgesamt 27 Prozent der befragten Anwenderunternehmen beziehen die Online-Version von Dynamics AX für Bestandskunden aus der "Anbieter-Cloud". Zwei Prozent der befragten Unternehmen, die Dynamics AX im Einsatz haben, nutzen für die Bereitstellung dagegen bereits hybride Cloud-Modelle.
Das zweite ERP-Produkt "Dynamics NAV" wird von 29 Prozent der befragten Anwenderunternehmen, die das Produkt im Einsatz haben, aus der Azure-Cloud bezogen. Insgesamt 69 Prozent der befragten Bestandskunden nutzen dagegen die On-premise-Version, die es auch weiterhin neben der Online-Version geben wird.
Auch hinsichtlich der Bereitstellung der Azure-Technologien passt sich Microsoft den Anforderungen vieler Unternehmen an die bevorzugten Deployment-Modelle an und bietet mit dem Azure Stack eine On-premise-Version. Diese für den Betrieb auf lokalen Servern entwickelte Version von Azure nutzen 46 Prozent der befragten Azure-Kunden. Weitere 43 Prozent beziehen Azure klassisch aus der Anbieter-Cloud von Microsoft, während elf Prozent hybride Modelle bevorzugen.
Fazit und Ausblick
Insbesondere mit der Cloud-Plattform Azure hat Microsoft ein sehr breites Set an Apps für Infrastructure as a Service und Platform as a Service im Portfolio. Azure ist für viele Unternehmen eine der wichtigsten Basistechnologien, um digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln oder die IT-Infrastruktur auf Anforderungen wie Hochverfügbarkeit, Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Flexibilität umzustellen.
Den Anforderungen an hybride IT-Umgebungen, also den Mix von lokalen Rechenzentrumsleistungen mit Cloud-Services, begegnet Microsoft mit On-premise-Versionen seiner wichtigsten Online-Tools (Dynamics, Azure). Für Vermarktung, Implementierung und Betrieb seiner Produkte hat Microsoft ein großes Netzwerk an Partnerunternehmen, die als Beratungs- und Implementierungspartner das Bindeglied zum Kunden bilden.
Als Konsequenz der digitalen Transformation und der schrittweisen Umstellung der Deployment-Modelle vom klassischen Lizenzvertrieb zu As-a-Service-Modellen verändern sich die Anforderungen an Microsoft-Partner sehr. So werden sie immer stärker als Lösungsanbieter von Cloud-Services benötigt und nicht mehr als reine Lizenzverkäufer beziehungsweise Implementierungsdienstleister.
Das hat für viele IT-Dienstleister, nicht nur im Microsoft-Umfeld Konsequenzen. Rückläufiges On-premise-Geschäft muss durch Cloud-Services ausgeglichen werden. Die dazu notwendigen Strukturen in Form von Skills, Delivery-Fähigkeiten, aber auch finanzielle Ressourcen haben noch nicht alle IT-Beratungen beziehungsweise tun sich mit ihrer eigenen digitalen Transformation schwer.