Die entsetzlich entstellten Pinguine aus früheren Anti-Linux-Werbekampagnen von Microsoft bleiben wohl im ewigen Eis – zumindest bis 2012, der vorerst vereinbarten Laufzeit der Kooperation. Analysten bescheinigen denn auch beiden Unternehmen, einen "smart move" (Tim Jennings, Head of Research bei Butler) unternommen zu haben. Bill Gates und die Seinen könnten sich nun besser gegen Oracle, IBM und Sun behaupten.
Die Analysten von IDC erwarten massive Umbrüche in der IT-Landschaft. Die Bedeutung der Partnerschaft werde erst in einigen Jahren sichtbar.
Schon jetzt aber zeichnet sich für sie ein Richtungswechsel bei Microsoft ab. Denn der Deal mit Novell, noch vor ein paar Jahren undenkbar, geht vor allem auf das Konto von relativ neuen Köpfen und bisherigen Außenseitern im Unternehmen wie Linux-Stratege Bill Hilf und Groove-Gründer Ray Ozzie. Nach der Übernahme seines Unternehmens hatte Ozzie drei Jahre lang als Chief Technological Officer bei Microsoft gearbeitet, bevor er nach dem Rückzug von Bill Gates dessen Posten als Leiter der Entwicklungsabteilung übernahm.
Von technologischer Seite her wird erwartet, dass Microsoft durch die neue Partnerschaft erfolgreicher auf der kommenden Virtualisierungs-Welle segeln kann. Die Analysten von IDC rechnen mit einer positiven Entwicklung bei Xen Source..
Novell seinerseits zieht an der Seite des starken Partner selbstbewusster in den Wettbewerb mit Red Hat. Dass Microsoft sich nur für Novell und nicht für Red Hat entscheiden konnte, sehen Branchen-Insider als weiteren Beleg der Flügelkämpfe im Open-Source-Umfeld: Während Microsoft und Novell immer auf den Wert von Patenten und geistigem Eigentum gesetzt haben, gilt Red Hat als Hardcore-Verfechter des "reinen" Open Source. Schon wird gelästert, Novell liefere einen Ausverkauf seiner selbst.
Offen bleibt indessen die Frage, was Microsofts Zusage, auf Patenklagen gegen Novells Linux-Kunden zu verzichten, für andere Linux-Anbieter bedeutet – das betrifft schließlich nicht nur Red Hat, sondern auch Mandriva oder Red Flag und nicht zuletzt non-kommerzielle Distributoren wie Fedora oder Ubuntu.