Wer in den vergangenen Monaten mit seinem Android-Smartphone mal eine SMS verschickt oder erhalten hat, hat es vielleicht bemerkt. Plötzlich tauchen Verschickt- und Lesebestätigungen ähnlich wie bei Whatsapp auf. Zudem lassen sich nun auch Fotos und Videos, Emojis, Sprachnachrichten und Dateien aller Art verschicken sowie der eigene Standort teilen. Das alles kennt man von den Messengern am Smartphone.
Andere Funktionen wie die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung laufen im Hintergrund, weitere, darunter die Gruppen-Chats, sollen bald folgen. All das bieten SMS nicht.
Was also ist RCS genau und warum gewinnt der Standard plötzlich an Bedeutung?
Rich Communication Service: IP-basiert und ohne Gebühren
Neu ist der "Rich Communication Service" (RCS) keineswegs, im Gegenteil. Am Nachfolger von SMS und meist teuren MMS ("Multimedia Messaging Service") wird schon seit 15 Jahren gearbeitet. Inzwischen unterstützen alle drei großen Netzprovider in Deutschland und die meisten Android-Telefone das Nachrichtenformat.
Bedient wird RCS zwar über die SMS-Funktion beziehungsweise -Anwendung, technisch jedoch arbeitet es ganz anders. Während SMS und MMS nämlich wie - zumindest war das lange Zeit so - normale Handyanrufe über das Mobilfunknetz laufen, arbeitet RCS IP-basiert, setzt also Internet über WLAN oder LTE/5G voraus.
Jenseits der technischen Unterschiede und der neuen Möglichkeiten bringt dies für die Nutzer einen weiteren Vorteil mit sich: Der Dienst ist wie Whatsapp und im Gegensatz zu SMS und MMS zunächst einmal gratis. Die Einschränkung mit zunächst gilt deshalb, weil RCS eben Internet-basiert arbeitet. Ohne eine der mittlerweile fast üblichen Daten-Flatrates fallen bei mobiler Datennutzung Gebühren eben an.
Die EU macht Messengern Druck
Während SMS mit jedem Mobiltelefon funktioniert, beschränkt sich der Rich Communication Service bislang auf Android-Geräte. Das aber wird sich voraussichtlich bald ändern. Schon lange haben Google und Samsung für RCS geworben, nun erhöht die Europäische Union den Druck massiv. Voraussichtlich ab März verpflichtet der EU Digital Marktes Act (DMA) die großen Messengerdienste zur Interoperabilität.
Apple müsste seine Nachrichten-App iMessage dann für Whatsapp und Co. öffnen. Das aber kann der US-Konzern kaum wollen, schließlich hält er seine Nutzer lieber im eigenen "goldenen Käfig".
RCS bietet sich da als Ausweg aus der neuen EU-Verpflichtung geradezu an: Schreibt ein iPhone-Nutzer eine Nachricht an einen Kontakt mit einem anderen Endgerät, wird diese statt per iMessage automatisch per RCS verschickt. Apple würde damit den EU-Anforderungen genügen, ohne iMessage interoperabel mit den übrigen Messenger-Apps zu machen. Vergangenen Herbst hat der Konzern mitgeteilt, dass die iPhones "später im nächsten Jahr" - also 2024 - RCS unterstützen würden.
Eine Zahl zum Schluss: Laut Google verwendeten Ende 2023 weltweit mehr als eine Milliarde monatlich aktive Nutzer ihre Mobiltelefone mit aktivierten RCS. Die dazu erforderliche App Google Messages gibt es kostenlos im Playstore, die RCS-Optionen lassen sich in den Einstellungen des Smartphones konfigurieren.(PC-Welt)