Lange genügte es, irgendwas mit Apps im mobilen Internet zu machen, um im Silicon Valley cool, vernetzt und potenziell vermögend zu erscheinen. 800.000 Apps später - so groß ist die Auswahl in Apples App Store - reicht das längst nicht mehr. Inzwischen gibt es Tausende darbender Entwickler die sich von den Einnahmen aus App-Verkäufen nicht einmal mehr einen Starbucks Caffè Latte leisten können. Nur wenige haben das Glück oder die richtigen Investoren an ihrer Seite, um ihr einnahmefreies Startup für Millionen verkaufen zu können, wie der 17-jährige Nick D’Aloisio, der kürzlich sein Startup Summly für 30 Millionen Dollar an Yahoo verscherbelte. Die Smartphone-App Summly kürzt vollautomatisch lange Texte.
Hypes gibt es wie Sand am Meer
Doch wie wir alle wissen: Im Silicon Valley jagt ein Hype den nächsten - selbst wenn die Ideen nicht immer ganz neu sind. Sie müssen nur richtig vermarktet werden. Wenn Tech-Auguren später einmal die gegenwärtige Phase des Silicon Valley beschreiben, wird wahrscheinlich der Begriff Watch 2.0 fallen. Denn fast jeder, der im High-Tech-Tal wichtig ist oder sich dafür hält, beschäftigt sich mit Geräten, die Menschen am Körper tragen.
Besonders gehypt wird die 150 Dollar teure Pebble Watch. Eine Uhr, die von Android-Telefonen empfangene Kurznachrichten und E-Mails auf ihrem E-Ink-Display darstellt. Oder das Nike Fuelband, ein 150 Dollar teures Plastikband, dessen LED Uhrzeit, Schritte und verbrauchte Kalorie anzeigt - ein modernes Pedometer also.
Ähnlich funktioniert das Jawbone UP für 129,99 Euro, eine Idee des derzeit angesagtesten Designers des Silicon Valley, dem gebürtigen Schweizer Yves Bèhar.
Die Margen bei solchen Produkten, bei denen die Materialkosten maximal zehn Prozent vom Verkaufspreis betragen, sind natürlich interessant. Da darf auch Apple nicht fehlen, dessen Chefdesigner Jonathan Ive angeblich gerade den letzten Schliff an einer mit dem iPhone vernetzten iWatch ansetzen soll. Und natürlich hat auch Apples Angstgegner Samsung ebenfalls angekündigt, an einer Smartwatch zu werkeln. Google greift sogar noch höher: Seine Datenbrille Google Glass befördert die Informationen nicht ans Handgelenk, sondern direkt ins Auge.
Ihrer Zeit voraus
All das zeigt, wie weit Nicolas Hayek und Bill Gates ihrer Zeit voraus waren. Der verstorbene Swatch-Visionär stellte schon Anfang der Neunzigerjahre eine Smartwatch vor, die -damals hochinnovativ - via Funkruf erhaltene Kurznachrichten empfangen konnte. Ihm folgte der Microsoft-Gründer, der Ende der Neunziger die Ära der smarten Uhr einläuten wollte, natürlich mit Windows-System. Oft vergessen wird in diesem Zusammenhang auch das Schweizer Unternehmen Garmin, das in seine Forerunner-Uhr für Jogger (schon vor Jahren) einen GPS-Empfänger integrierte.
Die beste Uhr existiert schon
Ich habe alle drei Produkte besessen. Allen gemein war ihnen ihre Klobigkeit und eine Batterie, die ständig an die Steckdose musste. Bei der Garmin-Uhr machte das stromfressende GPS in der Regel schon nach einer Stunde schlapp.
Die smarten Uhren der neuen Welle sollen wesentlich länger durchhalten. Und auch die neuen Smartwatches profitieren von stromsparenden Komponenten und verbesserten Akkus. Mich interessiert das nur noch am Rande. Meine ultimative Smartwatch ist mein Smartphone. Es bietet all die beschriebenen Funktionen: Apps, Navigation und einen externen Pulsmesser.
Aber nicht jeder sieht das so. Die Pebble Watch ist ständig ausverkauft. Und die iWatch wird schon wegen ihrer Herkunft für Schlangen vor den Apple Stores sorgen. Ob es aber langfristig einen Markt für Watch 2.0 gibt, ist unklar. Spannung immerhin ist garantiert. Das Silicon Valley lebt ja sehr gut von technischen Spielzeugen.
(Quelle: Wirtschaftswoche)