Vertragsmanagement

Der richtige Dreh

03.05.2004
Erstaunlich viele Firmen halten ihre Verträge in einer Terminmappe mit Plastikregister zusammen. Dabei sparen Vertragsmanagement-Tools Zeit und somit Geld - wie beim Schraubenhersteller Würth, bei Schwäbisch Hall und bei der Alten Leipziger Versicherung.

Frank Pawlak hatte die Nase gestrichen voll vom Chaos am Ende des vergangenen Jahres. "Immer zum Jahreswechsel haben wir unsere Verträge neu durchforstet, mühsam mit Excelsheets - eine Katastrophe. Wenn man die x-te Variante vor sich hat, blickt man irgendwann nicht mehr durch und weiß nicht mehr, wer eigentlich auf dem letzten Stand ist." Dem Prokuristen der IT-Tochter des Schraubenherstellers Würth, der Portolan Commerce Solutions, platzte kurz nach der letzten Weihnachtsbescherung endgültig der Kragen. Er wollte endlich wiederauffindbare, am besten standardisierte Verträge haben und entschied sich für das Vertragsmanagement-Tool "Legal Contract Management System" der Böblinger M&M Systemberatung GmbH. Pawlak: "Begonnen haben wir mit den neuesten unserer rund 1000 Verträge, darunter viele Rahmen-, Wartungs- und Lizenzverträge. Wir konnten schon nach wenigen Wochen live gehen."

Die meisten Unternehmen sind mit der Organisation ihres Vertragsmanagements unzufrieden, hat eine Studie der Unternehmensberatung KPMG Consulting ergeben. Die 800 im Jahr 2002 befragten Firmen sehen das größte Risiko darin, dass viele Verträge nicht mehr aktuell und die betreffenden Mitarbeiter im Unternehmen auf unterschiedlichem Informations-Level sind. Die meisten halten daher eine zentrale Organisation der Vertragsverwaltung für notwendig und eine Standardisierung der Vertragsvorlagen und der Vertragserstellung für mehr als hilfreich. 68 Prozent der Befragten legen Verträge und Kopien mehrfach in verschiedenen Abteilungen ab, 62 Prozent müssen täglich auf Verträge anderer Abteilungen zugreifen, zwei Drittel der Firmen kennen die Durchlaufzeiten für die Standardverträge im Unternehmen nicht.

Kosten für Geräte, die es nicht mehr gibt

Obwohl Unternehmen es für wichtig halten, hat jedes zweite von ihnen keine zentrale Abteilung für Verträge, stellten die Autoren der Studie fest. "Ein entsprechendes Knowledge-Management-Tool liefert wichtige Hilfestellung, angefangen bei der Erstellung über Bearbeitung, Genehmigung, Archivierung und Suche bis hin zur Überwachung der Fristen", sagt Claudia Georgi von Bearingpoint, ehemals KPMG-Consulting. "Die Dauer der Bearbeitung von Vertragsdokumenten kann so ganz erheblich reduziert werden."

Doch es geht um mehr als Durchlaufzeiten. Viele Firmen zahlen Wartungskosten für Geräte, die es nicht mehr gibt, und Leasingraten, nur weil der Kündigungstermin vergessen wurde. Verträge verlängern sich automatisch und Preise erhöhen sich, sodass der Unternehmensberater und Hamburger Universitätsprofessor Klaus Mentzel resümiert: "Das sind fürchterlich hohe verdeckte Kosten. Viele Unternehmen vergeigen so jährlich horrende Beträge."

Mentzel kennt den Grund für die Zurückhaltung vieler Unternehmen bei der Organisation ihrer Vertragskultur aus eigener Erfahrung: zwölf Jahre im Vorstand bei Triumph-Adler, dann 13 Jahre im Vorstand bei Reemtsma, jetzt als Berater vieler Unternehmen: "Viele Verträge werden einmal gemacht und dann vergessen. Das ist durch die Bank ein großartiges Versäumnis, besonders im IT-Bereich mit ständig sich verändernden Konditionen." Schlecht ist seiner Meinung nach das Angebot der Softwarehersteller. Mentzel: "Eine echte Marktlücke".

Selbst große Kranken- und Bausparkassen bedienen sich noch des Wiedervorlageordners und Excelsheets. "Bislang waren wir darauf angewiesen, dass aus der IT die Info kam: Wir brauchen dieses oder jenes Tool nicht mehr. Dann haben wir daraufhin in Ordner oder Excel-Datei nachgeschaut, wann etwa der Vertrag ausläuft, da hat man schon manchmal Fristen verpasst, und das kostet", bestätigt Harald Hähnlein, Einkaufsleiter der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Seit einem halben Jahr arbeitet die Kasse mit einer Vertragsmanagement-Software, die automatisch drei oder vier Monate vor Vertragsende eine Warnmeldung herausgibt. Sämtliche Kauf-, Leasing-, Miet-, Dienstleistungs- und Outsourcing-Verträge werden zentral erfasst. Per Knopfdruck kann man erfragen, wann welcher Vertrag verlängert oder gekündigt oder welcher Betrag im Folgejahr für eine bestimmte Dienstleistung budgetiert werden muss. Hähnlein: "Wir haben mit dem Hamburger Dienstleister Spider Lifecycle Management System GmbH eine Schnittstelle zu unserem SAP-System und unserem Acid-Management-Tool geschaffen, und jetzt haben wir ein lebendes System und einen guten Überblick über unsere Dauerschuldverhältnisse."

Viele Aktenschränke ersetzen

Auch die Alte Leipziger hat erst vor ein paar Monaten viele ihrer Aktenschränke durch ein entsprechendes Vertragsmanagement-System ersetzt. Prokurist Hartwig Moldenhauer: "Wir werden wohl bereits im ersten Jahr einen sechsstelligen Betrag einsparen." Die diversen Verträge wurden standardisiert und in das System eingepflegt - "das dauerte nur ein paar Monate", so der Manager. "Gleichzeitig haben wir nun auch einen Überblick darüber, wann wir wie viel für welche Dienstleistung bereits bezahlt haben und wann das Budget erschöpft sein wird."

Die IT-Tochter des Schraubenfabrikanten aus Künzelsau lässt inzwischen fast alle Verträge über das neue System laufen. Erstellung, Verwaltung und Pflege werden zentral von der Abteilung "Kontraktmanagement" übernommen. Portolan-Prokurist Pawlak nennt zwei weitere Vorteile des Systems: "Es steigert den Wert des Unternehmens hinsichtlich der Organisation der Verwaltung. Gerade vor dem Hintergrund von Basel II ist das ein geldwerter Vorteil. Außerdem sind Sie im Gespräch mit Kunden absolut aussagefähig, können jederzeit auf die aktuellen Daten zurückgreifen und müssen niemanden ins Aktenarchiv in den Keller schicken."

Mehr Info

www.würth-it.com

www.portolancs.com

www.thequalitygroup.de

www.spiderlcm.de