Bis 20. April meldeten rund 718.000 Betriebe und damit jede dritte Firma in Deutschland bei den Arbeitsagenturen Kurzarbeit an. "Kurzarbeit verschafft den Unternehmen in der Krise vorübergehend eine Entlastung bei den Personalkosten, ohne aber jemanden entlassen zu müssen", resümiert Inga Dransfeld-Haase, Personalchefin von Nordzucker und Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Personalmanager (BPM).
Allerdings sollten sich Personalverantwortliche bewusst sein, den Einsatz von Kurzarbeit nur als "Instrument für konjunkturschwache Zeiten, nicht aber als Mittel für strukturelle Veränderungen im Unternehmen" anzusehen. Demnach könne Kurzarbeit pauschal auch nicht auf alle gleich verteilt werden, so Haase, "es sei denn, sämtliche Mitarbeiter haben dasselbe Beschäftigungsprofil".
Kurzarbeiter-Dilemma: Wenn die Arbeit nicht weniger wird
Nicht überall, wo Umsätze einbrechen, reduzieren sich im gleichen Ausmaß die Arbeitsumfänge. Mitunter stehen die Kurzarbeiter vor einem Dilemma: Sie dürfen nur noch 80 Prozent oder weniger arbeiten, ihre Aufgabenlast hat sich aber nicht verändert.
Überstunden während der Kurzarbeit sind aber grundsätzlich bis auf wenige Ausnahmen unzulässig, erläutert Arbeitsrechtlerin Claudia Knuth, Partnerin der Kanzlei Lutz Abel: "Würden Überstunden anfallen, wäre dies ein unter Umständen ein Indiz dafür, dass doch kein Arbeitsausfall besteht." Der sei der Schlüsselfaktor dafür, dass eine Firma Kurzarbeit anmeldet. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass doch mehr Arbeit vorhanden ist, empfiehlt Knuth, dies der Arbeitsagentur zu melden und den Anteil der Kurzarbeit entsprechend zu reduzieren.
Unternehmen, die das Kurzarbeitergeld freiwillig aufstocken, gewinnen dadurch nicht mehr Spielraum, warnt die Anwältin: "Würde die Aufstockung dazu genutzt werden, flexibel anfallende Mehrarbeit zu vergüten, würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber mehr staatliche Hilfe erhalten als ihnen gesetzlich zustehen würde. Eine solche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist möglicherweise sogar strafbar. Beiden droht der weitere strafrechtliche Vorwurf der Lohnsteuerhinterziehung (§ 370 AO) und für den Arbeitgeber zusätzliche eine Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB."
Überstunden, die zu Subventionsbetrug führen
Überstunden zu verschweigen ist aus Sicht der BPM-Präsidentin Dransfeld-Haase kein guter Plan: "Werden die für die Kurzarbeit relevanten Überstunden verschwiegen oder auch nicht eingetragen, kann sich der Arbeitgeber strafbar machen."
Arbeitsrechtlerin Knuth ergänzt: "Gegen Arbeitgeber und -nehmer kann ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges und Subventionsbetruges beziehungsweise wegen Beihilfe eingeleitet werden." Selbst wenn der Mitarbeiter die Überstunden verschwiegen hat, kann dies den Arbeitgeber in Bedrängnis bringen. Dieser könne nur schwer belegen, dass er von den verschwiegenen Stunden nichts gewusst habe, sagt Knuth: "Durch das Verschweigen bringt sich der Arbeitnehmer selbst um einen Teil seines Lohnes. Zudem ist für den subjektiven Tatbestand des Subventionsbetruges grundsätzlich kein Vorsatz erforderlich. Leichtfertigkeit genügt."
Ordnet ein Abteilungsleiter hinter dem Rücken von Unternehmens- und Personalleitung Mehrarbeit an, gehöre er zurückgepfiffen, sagt Dransfeld-Haase. "Sollte es einen Ausnahmegrund für Mehrarbeit geben, muss das direkt mit der Personal- oder Unternehmensleitung besprochen werden." Solche Ausnahmen könnten einzelne Eilaufträge sein.
Mehr Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat
Inzwischen hat sich die große Koalition darauf geeinigt, das Kurzarbeitergeld in zwei Stufen zu erhöhen:
Bislang beläuft es sich auf 60 Prozent des Nettoentgeltdifferenz (für Eltern 67 Prozent). Künftig soll es für die, deren Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist, ab dem vierten Monat auf 70 Prozent (77 Prozent für Eltern) steigen. Ab dem siebten Monat soll der Lohnausgleich80 Prozent (87 Prozent für Eltern) betragen. Das soll längstens bis Jahresende gelten.