Intel Inside – so lautete jahrelang eine echte Erfolgsformel. In Zeiten, in denen es neben Desktops auf dem Computer-Markt nur Notebooks gab, und in denen fast immer Prozessoren von Intel steckten. Der Tablet-Boom hat dieses Modell arg ins Schlingern gebracht, jetzt versucht Intel mit dem Label „Ultrabooks“ den Gegenschlag. Die Analysten von Juniper Research gehen in einer neuen Studie davon aus, dass dieser Konterbegriff relativ erfolgreich sein wird. Unter die Räder kommen nach Juniper-Einschätzung in diesem Konkurrenzkampf auf Sicht die Netbooks, die bisher preislich bestechen, aber nur abgespeckte Leistung bieten.
Analyst Daniel Ashdown prognostiziert, dass der weltweite Ultrabook-Absatz bis 2015 dreimal so schnell wachsen wird wie jener von Tablet-Rechnern. Insbesondere in den am weitesten entwickelten IT-Märkten Nordamerika und Westeuropa habe das Ultrabook das Zeug zum Verkaufsschlager. Bei der vorhergesagten Wachstumsrate muss man allerdings bedenken, dass Ultrabooks quasi aus dem Nichts kommen. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt lediglich 3,7 Millionen Stück verkauft, in diesem Jahr sollen es 21,5 Millionen sein. 2016 sind laut Juniper voraussichtlich 178 Millionen erreicht. Das liegt aber immer noch unter dem für Tablets prognostizierten Volumen von 253 Millionen Stück.
Etikett „Ultrabook“ nur eine Marketingidee von Intel
Ashdown bemüht sich sehr darum, das Ultrabook-Phänomen in den richtigen Kontext einzuordnen. Zu den Juniper-Zahlen und -Analysen muss man deshalb vorausschicken, dass zahlenmäßig nicht zwischen Notebooks und Netbooks differenziert wird. Die Billig-Variante wird also unter der Rubrik Notebooks miterfasst. Ferner ist das Etikett „Ultrabook“ eine Marketingidee von Intel, insbesondere gerichtet gegen das technologisch ähnliche und längst präsente, aber relativ teure MacBook Air von Apple. Dieses wird von Juniper in der Kategorie Ultrabook miterfasst.
Momentum gewinnt das Ultrabook aber tatsächlich erst durch die Notlage von Intel. Zu leiden hatte der Hersteller vor allem daran, dass der Tablet-Hit iPad von Apple mit Architektur des Konkurrenten ARM bestückt ist. Die Touchscreen-Interaktion hat zudem Kundenerlebnis und -erwartung nachhaltig verändert. Anwender geben sich nicht mehr so einfach zufrieden mit klassischen Notebooks zum Aufklappen mit Tastatur und Touchpad. Sobald eine Tastatur übrigens separat geliefert wird, ordnet Juniper das Produkt zu den Tablets ein, auch wenn es anders vermarktet werden sollte.
Der globale PC-Markt hat sich nun in den vergangenen Jahren insgesamt durchaus positiv entwickelt. 2006 seien alles in allem knapp 240 Millionen Stück verkauft worden, 2011 schon 420 Millionen, so Juniper. Die Zahl der Desktop-Verkäufe ist in diesem Zeitraum leicht rückläufig und fiel von 161 auf 143 Millionen. Der Notebook-Absatz stieg stetig von 78 auf 221 Millionen und lag 2009 erstmals über den Desktop-Verkäufen. Als belebender Faktor kamen 2010 knapp 18 Millionen Tablets in Spiel, deren Verkauf im vergangenen Jahr auf knapp 56 Millionen anzog.
Jahrelanger Notebook-Preisverfall
Die auf den ersten Blick so fulminanten Notebook-Zahlen sind für Intel bei näherer Betrachtung aber durchaus problematisch. Zum einen verweist Intel selbst darauf, dass ein Großteil des Wachstums in Entwicklungsmärkten stattgefunden habe, in den es meist keine PC-Vorgänger gab. Zum anderen führten nicht zuletzt die Tablet zu einem Preissturz bei den Notebooks. Laut Juniper fiel der durchschnittliche Verkaufspreis pro Stück der fünf führenden Notebook-Hersteller Acer, Asus, Dell, HP und Lenovo in den vergangenen fünf Jahren um 350 US-Dollar. Ein günstiges Acer-Notebook etwa kostete gemittelt 2006 noch 720 Dollar, 2010 nur noch 377 Dollar.
Weil Intel sein Brot-und-Butter-Geschäft angesichts dieser Probleme retten will, setzt man nun auf die Trumpfkarte Ultrabook. „Manche Leute glauben fälschlicherweise, dass ein Ultrabook nur ein dünneres Notebook ist“, zitiert Juniper den Intel-Manager Mike Bonello. „Aber das ist nur ein Aspekt.“ Die neue Notebook-Generation nimmt bewusst diverse Erfolgsmerkmale der Tablets auf: dünn und leicht sollen sie sein, möglichst sofort hochgefahren sein, und das mit langer Batterielebensdauer.
Zusätzlich sind sie mit Intel-Prozessoren der zweiten Generation bestückt und bieten mehr Sicherheit, wobei der McAfee-Ankauf durch Intel 2011 eine tragende Rolle spielt. Und bei aller Touchscreen-Euphorie: Eine richtige Tastatur dürfte bei vielen Anwendern durchaus eher ein Pro als ein Contra sein.
Intel macht Herstellern klare Vorgaben
Auf dieser Basis macht Intel den Herstellern klare Vorgaben. Ultrabooks dürfen höchstens 21 Millimeter dick sein, nicht mehr als 1,4 Kilogramm wiegen und müssen am Stück zwischen fünf und acht Stunden laufen. Beim Verkauf dieser Produkte wird nach Juniper-Einschätzung die derzeit nahezu einmütige Unterstützung der großen Hersteller helfen. Acer, Asus, HP, Lenovo und Toshiba sprangen ganz schnell auf den Ultrabook-Zug auf, Dell folgte zu Jahresbeginn. Bonello betont als Ziel, dass die Kunden ausrufen sollen: „Das ist so viel besser als das, was ich bisher zu Hause hatte.“
Apple-Fans werden einwenden: Moment mal, das alles kann das MacBook auch. Gewiss, so Juniper, die Apple-Strategie ist auch in diesem Bereich vollends aufgegangen. Genau die 4 bis 5 Prozent Marktanteil, die man haben wollte, hält man seit 2006; das Preisniveau allerdings konnte man genauso erfolgreich hoch halten – immer über 1200 Dollar das Stück. Die entscheidende Herausforderung für Intel und seine Hersteller-Partner besteht also darin, gleich Qualität zu erheblich günstigeren Preisen anbieten zu müssen. Die Juniper-Studie verhehlt auch nicht, dass Intel im Vergleich zu Apple eigentlich viel zu spät dran ist. Strategisch gibt es zur Neu-Eroberung des Massenmarktes und Preisdifferenzierung keine Alternative.
Kannibalisierung der Netbooks
Juniper formuliert dennoch eine äußerst günstige Prognose: „Ultrabooks werden einer der bestimmenden Faktoren sein, die weiterhin für Wachstum im Notebook-Markt sorgen“, schreibt Ashdown. Sie revitalisierten eine Branche, die seit Jahren unter sinkenden Margen aufgrund hohen Wettbewerbsdrucks zu kämpfen hatte. Außerdem habe mit den Tablets bereits die Kannibalisierung der Netbooks begonnen. Tablets hätten ein neues und spannendes Kundenerlebnis beschert, Ultrabooks griffen das auf – bei weiterhin höherer Leistungsstärke.
Bis 2016 werde das Gros des Notebook-Marktes aus Ultrabooks bestehen, so Juniper weiter. Alleine in Westeuropa werden dann laut Prognose 40 Millionen Stück im Jahr verkauft werden, 2011 war es lediglich 1 Million. Die Marktdurchdringung in den fortgeschrittenen Ländern beginnt nach Analysten-Einschätzung bereits in diesem Jahr, wird aber nach einigen Monaten abebben. Zum einen werde der Preis zunächst deutlich über anderen Produkten im Massenmarkt liegen; zum anderen werde die Markteinführung von Windows 8 für einen Bruch sorgen.
Durchbruch 2013: nächste Prozessor-Generation und Windows 8
Erst wenn vermutlich 2013 die nächste Prozessor-Generation auf den Markt komme, mit Windows 8 als Standard-Betriebssystem, geht demnach der Ultrabook-Boom richtig los. Für 2016 sei unter anderem deshalb ein weiterer Wachstumsschub zu erwarten, weil Microsoft voraussichtlich 2015 wieder ein neues Betriebssystem lancieren werde, so Analyst Ashdown.
Die Studie „The Ultrabook-Briefing 2012-2016“ ist bei Juniper Research erhältlich.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.