Ein gutes Jahr nach der Eröffnung der Digital Factory der Deutschen Bank arbeiten rund 400 Kollegen aus 14 Nationen in dem Gebäude, das räumlich zehn Minuten von der Core-IT entfernt liegt. In der Digital Factory versammeln sich Programmierer und Entwickler, Tester und Designer ebenso wie Banker und Projekt-Manager. Doch der größte Teil der Mitarbeiter - etwa sieben von zehn - kommen von extern, oft aus FinTechs. Als Ziel der Digital Factory definiert die Bank das Heranrücken an den digitalen Kunden, konkret das Entwickeln von Ideen und Services im Online- und Mobile-Banking.
Schnellere Ergebnisse dank Agilität
"Die Ergebnisse der Digital Factory sind besser", bilanziert Wirtschaftsinformatikerin Jana Brendel, die selbst jahrelang als Softwareentwicklerin arbeitete und heute den Teilbereich GTO PW&CC Digital Solutions in der Deutschen Bank verantwortet. Das Team kann neue digitale Produkte vorweisen wie den eSafe, ein digitales Bankschließfach. Brendel führt das auf agiles Arbeiten zurück. Scrum ist gängig in der Digital Factory. Prozesse, die nach klassischem Vorgehen etwa eineinhalb Jahre bräuchten, setze man in der Digital Factory binnen drei bis vier Monaten um.
Auch Michael Koch, Head of Digital Factory und Leiter Online-/Mobile Banking, ist überzeugt von der agilen Arbeitsweise und betont: "Genug Studien belegen: Wer nicht in Digitalisierung investiert, lässt eine der wichtigsten gesellschaftlichen Entwicklungen außer Acht! Unsere agile Arbeitsweise kann tatsächlich auch ein Impulsgeber für die ganze Bank sein."
Doch es geht auch um die Attraktivität als Arbeitgeber. Die Deutsche Bank ist bei weitem nicht das erste Unternehmen, das den Entwicklern ein eigenes Haus hinstellt. "Das machen die Unternehmen ja nicht nur für das Wohlbefinden der Entwickler", weiß Björn Stieler, Scrum-Trainer für den Karlsruher IT-Dienstleister Diva-e. Softwareentwicklung sei heute eine weit kreativere Aufgabe als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren.
Dem müssen die neuen Gebäude Rechnung tragen, sprich Rückzugsräume ebenso anbieten wie Besprechungszonen und Plätze zum Zeichnen und Malen. Klassischerweise bieten die Gebäude offene Büros mit viel Licht und Grünpflanzen, mit höhenverstellbaren Tischen, großen Monitoren und natürlich ausreichend Rechenpower. "Dann kommen die Entwickler auch gern ins Büro", sagt Stieler.
Home Office und Scrum?
Und das oft gewünschte Home Office? "Wir verbieten das nicht", betont Brendel. Keinesfalls soll der Gedanke von "Beaufsichtigen" anklingen. Stieler rät zu einer pragmatischen Regelung: "Wenn das Kind krank ist oder der Handwerker kommt, braucht sich der Mitarbeiter den Tag nicht frei zu nehmen." Er würde aber keine festen Wochentage als Home Office-Tage vergeben. Will oder muss jemand unbedingt von zuhause aus arbeiten, setzt Deutsche-Bank-Managerin Brendel auf die Fähigkeit zur Selbstorganisation. Das gilt für das gesamte Team ebenso wie für den Einzelnen.
Führungen durch die Digital Factory
Die Digital Factory soll künftig umgebaut und vergrößert werden, das schafft Platz für zusätzliche Kollegen. Kandidaten können sich einen Überblick verschaffen:Laut Koch veranstaltet das Geldinstitut Führungen durch das Gebäude, in Hochphasen mehr als fünf pro Woche. Am liebsten hört er während dieser Rundgänge den Kommentar: "Wow, das ist ja wie in einem Startup!"
Jana Brendel beobachtet, dass die Digital Factory auf das gesamte Unternehmen ausstrahlt. Natürlich gelte zum Ende der Woche "Thank god it's friday", und da werde auch einmal gefeiert. Sie weiß von Fachbereichsleitern, deren Mitarbeiter neidisch auf die Digital Community schielen. Die Entwicklerin lacht: "Die sagen ihren Leuten dann: wenn ihr euch auch so gut organisiert, dass ihr dafür Zeit habt - nur zu!"