Der Sage nach hat der griechische Götterchef Zeus den Ort Delphi zum Mittelpunkt der Welt erklärt. Der Platz, an dem das Orakel seine schicksalsträchtigen Sprüche kundtat, sollte zur Pilgerstätte für Politiker wie Privatleute werden.
Ganz so viel Gewicht wird das Delphi der Deutschen Bank wahrscheinlich nicht zugesprochen bekommen - doch innerhalb der Welt des Frankfurter Geldinstituts spielt es sehr wohl eine zentrale Rolle.
Delphi - der Name soll an die eingesetzte Software von Oracle erinnern - ist der Codename für die Vereinheitlichung der Prozesse und Anwendungen im Bereich des Personalwesens der Deutschen Bank. Weltweit, so das Ziel des Instituts, sollen künftig die gleichen Standards für Prozesse gelten: bei der Einstellung von Mitarbeitern ebenso wie bei Versetzungen, Entsendungen und Gehaltsanpassungen.
Global gültige Prozess-Schablone
Wie in so vielen Traditionsunternehmen haben sich auch bei der Deutschen Bank im Laufe ihrer Geschichte zahlreiche unterschiedliche Vorgehensweisen eingeschliffen - sei es durch bestimmte länderspezifische Gewohnheiten oder das Hinzukommen neuer Unternehmen, die die Bank im Laufe der Jahre akquiriert hat.
Eine global gültige Prozess-Schablone war notwendig geworden, schluckten doch die heterogenen Abläufe zu viel Zeit, Kapazitäten und letztlich Kosten. "Wir brauchen die Mitarbeiter viel nötiger an anderer Stelle", erklärt Projektleiter Peter Pardatscher. Etwa um Integrationen wie die der Norisbank oder der vor zwei Jahren übernommenen Berliner Bank zu stemmen. Nicht zuletzt will man im Zuge des Projektes die Vereinheitlichung der Datenbanken und Anwendungen vorantreiben, um hier künftig eine noch höhere Datenqualität und Datenkonsistenz zu erreichen.
Auf Seiten der IT hat sich die Deutsche Bank für die Software HCM 9.0 von Oracle, besser: Peoplesoft, entschieden. Dieser Beschluss dürfte noch einer der leichteren innerhalb des Projektes gewesen sein. Als wesentliche Herausforderung sieht Pardatscher hingegen, Prozesse so anzupassen dass ein sehr geringer Individualisierungsgrad der Standardsoftware möglich wird.
"Jede Individualisierung behindert die Upgradefähigkeit massiv", sagt Pardatscher. Um hier künftige Kostenexplosionen zu vermeiden, setzt die Bank dem Customizing von Beginn an enge Grenzen. Das sei immer ein Kompromiss unter Kosten- und Nutzenaspekten, so Pardatscher. Damit dieser nicht faul ist, hat das Institut einen sorgfältigen Entscheidungsmechanismus entwickelt, der jeden Änderungswunsch unter die Lupe nimmt und bei Bedarf bis in den Vorstand trägt. "Nur relativ einfache Fragen der Parametrisierung - z.B. Feldanordnungen auf Portalseiten - gehen durch einen vereinfachten und verkürzten Entscheidungsprozess."
Bislang hat sich der Aufwand bewährt. Finden sich in anderen Unternehmen Abweichungsquoten von 60 und mehr Prozent, glaubt Pardatscher, dass sich Delphi bei einem Individualisierungsgrad von annähernden 10-15 Prozent bewegt.
Delphi als Basis für HR-Projekte
Der Projektplan von Delphi sieht eine schrittweise Einführung vor. Begonnen im August 2007 sollen Software und Prozesse Mitte 2009 weltweit eingeführt sein. Im August 2008 ging das neue Case Management System Helpdesk in Betrieb und Mitte Oktober das HCM 9 Kernsystem für Nord - und Südamerika live. In 2009 folgen nun Europa und Asien.
In Zukunft werden alle Mitarbeiter-Prozesse - gleich ob in Japan oder USA - mit denselben Anwendungsmasken arbeiten. Lediglich rechtliche Vorgaben und Länderspezifika können dann noch den Standardablauf verändern.
MIt diesem Roll-out Ansatz erlaubt sich die Bank Nutzenpotenziale frühzeitig zu heben und die Risikoverteilung zu beherrschen. Mittelfristig will sie mit Delphi die Basisplattform für weitere HR-Projekte und -Produkte schaffen.
Branche |
Finanzen |
Zeitrahmen |
2007 bis 2009 |
Produkte |
HCM 9, Oracle |
Umfang |
weltweit |
Internet |