Online-Brief

Deutsche Post steigt in Kampf um E-Post ein

10.03.2010 von Johannes Klostermeier
Immer mehr Menschen verschicken E-Mails im Internet statt Briefe zu schreiben. Das hat jetzt auch die Deutsche Post erkannt und will deswegen die Post ab Juli sowohl klassisch wie bisher als auch elektronisch zustellen. Doch viele Details ihres neuen Produkts behalten die Verantwortlichen noch für sich. Erste Partner sind unter anderem der ADAC und Lotto Hessen. Weitere sollen folgen.

Auf der Computermesse Cebit in Hannover hat die Deutsche Post keine Kosten und Mühen gescheut, um ihr neues Produkt „Online-Brief“ vorzustellen. So gab es neben einer Pressekonferenz und einem Stand im Public Sector Parc in Halle 9 der Messe auch zahlreiche Fachvorträge zum Thema. Das Budget für Marketing und Werbung soll angeblich im zweistelligen Millionenbereich liegen.

Jürgen Gerdes, Vorstand Brief bei der Deutschen Post DHL, auf der Cebit-Pressekonferenz.

Mit dem Slogan „verbindlich, vertraulich, verlässlich“ soll ab Juli nichts weniger als die elektronische Kommunikation revolutioniert werden. Eine wichtige Zielgruppe ist dabei die öffentliche Verwaltung. Jürgen Gerdes, Konzernvorstand Brief Deutsche Post DHL, gab sich überzeugt, dass der Post-Brief im Internet ein großer Erfolg wird und stellte seine Einführung in eine Reihe mit anderen historischen Umwälzungen bei der Post wie der ersten Postkutschenlinie 1653, der ersten deutschen Briefmarke 1849 und der ersten vollautomatischen Briefverteilanlage 1965.

Um den neuen Dienst nutzen zu können, müssen sich die Kunden wie beim Onlinebanking zuvor einmalig per Postident-Verfahren für ein Internet-Brief-Konto registrieren lassen. Um seine elektronischen Briefe lesen zu können, muss man sich am neuen Portal der Post durch Benutzernamen und Passwort sowie die Eingabe einer Handy-TAN identifizieren. Die Briefe selbst werden mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der Deutschen Post versehen und verschlüsselt übermittelt, der Weg der E-Mail könne vom Sender bis zum Empfänger nachvollzogen werden, sagte Gerdes. Auch Einschreiben können so elektronisch verschickt werden.

Besonders stolz ist die Post auf ihre Hybridvariante. Ist ein Nutzer nicht am Portal angemeldet und kann seinen Brief so gar nicht elektronisch erhalten, druckt die Post den Brief für ihn aus, kuvertiert ihn und stellt ihn dann ganz normal per Briefträger zu. Für Geschäftskunden soll es spezielle Scan- und Druckdienstleistungen geben, für die öffentliche Verwaltung bietet die Post eine E-Poststelle an. Dieses gesicherte Gateway soll für die Integration des Internet-Briefs in die Unternehmens- bzw. behördeneigene Mail-Infrastruktur sorgen. Alle Systeme werden nach Angaben der Post in einem vom BSI nach BSI-Grundschutz zertifizierten Rechenzentrum betrieben.

Preisgestaltung ist noch unklar

Doch viele Details des Angebots sind entweder noch unklar oder die Post-Verantwortlichen möchten öffentlich noch nicht darüber sprechen. So gibt es etwa keine Angaben über die Preise. Bekannt ist hier nur, dass die die Zustellung eines Onlinebriefes (jedoch ohne dessen Bearbeitung) 46 Cent kosten wird, dieses Angebot musste sich die Post vorab von der Bundesnetzagentur genehmigen lassen. Angeblich soll das Porto für elektronisch versandte Onlinebriefe unter 20 Cent liegen, dazu wird es Flatrate-Angebote geben. Nicht klar wurde ebenfalls nicht, wie ausgedruckte und per Post zugestellte E-Mails denn aussehen werden.

Auch will die Deutsche Post ihr neues Angebot offenbar bereits starten, bevor das Bürgerportalgesetz in Kraft tritt, das auch die Rechtsgrundlage ist für das konkurrierende DE-Mail-Angebot. In Friedrichshafen testet das Bundesinnenministerium zusammen mit Deutscher Telekom, United Internet und anderen die De-Mail. Gerüchten zufolge habe die Post sogar dafür gesorgt, dass das Gesetz in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr verbschiedet worden sei. Die jetzige Regierungskoalition hat nun aber in einer Entschließung bekräftigt, dass das Gesetz bis Ende des Jahres kommt.

Die Deutsche Post will mit ihrem Portal auch verschiedene andere Zusatzangebote machen, so etwa eine Payment-Lösung im Internet anbieten. Gerdes spricht von One-Click-Payment und einer Art Überzahlung wie beim Kauf von Briefmarken etwa für das Herunterladen einzelner Online-Zeitungs- und Zeitschriftenartikel von Verlagen.

Plattform der Deutschen Post für den Online-Brief.

Das bisherige Echo im Markt wertet Post-Vorstand Gerdes als sehr positiv. Derzeit liefen die meisten internen Prozesse und Unternehmen und der Öffentlichen Verwaltung digital ab, bei der externen Kommunikation mit Kunden und Bürgern komme es dann zum Medienbruch. Als erste Kooperationspartner, mit denen es entsprechende Vereinbarungen gibt, nannte Postvorstand Gerdes den ADAC, Lotto Hessen, die BIG Direktkrankenversicherung, die Deka Bank, die Zurich Versicherung und das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe. Zusammen repräsentierten diese ein Endkundenvolumen im zweistelligen Millionenbereich.

„Die Brief-im-Internet-Kunden können sich zukünftig den Gang aufs Amt sparen, ihre Versicherungsverträge bequem am Computer abschließen oder ihre Einschreiben online verschicken“, sagte Gerdes. Auch neue Anwendungen wolle man zusammen mit den Partnern entwickeln. So denke der ADAC an eine höhere Sicherheit beim Gebrauchtwagenkauf im Internet oder bei der Buchung von Mitfahrgelegenheiten, sagte ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair in Hannover. Lotto Hessen will ab Juli Spielaufträge über das Portal der deutschen Post entgegen nehmen. Mitspielen können allerdings nur Nutzer, die auch in Hessen wohnen. Da war man früher schon einmal weiter. Doch ein neuer Glücksspielstaatsvertrag der Länder verbietet seit Anfang 2009 jegliches Online-Spiel in Deutschland, offiziell um der Spielsucht vorzubeugen.

Bei ZF Friedrichshafen gibt es Gehaltsabrechnungen per DE-Mail

Doch viele Fragen blieben weiter offen, sehr zum Leidwesen der auf der Post-Pressekonferenz anwesenden Journalisten. So heißt es am Ende nur lapidar: „Einzelheiten zu Produktvarianten und Konditionen wird die Deutsche Post DHL rechtzeitig vor der Markteinführung bekannt geben.“

Und dann ist da auch noch die Konkurrenz von De-Mail, die die Verantwortlichen der Deutschen Post nicht weiter kommentieren wollten. Anfang Dezember haben sich beim Pilotversuch der E-Mailprovider GMX, T-Home, T-Systems und Web.de in Friedrichshafen rund 700 Einwohner angemeldet, das entspricht einem Prozent der Einwohner der Stadt am Bodensee. Mehr als 30 Unternehmen und mehrere Verwaltungen beteiligen sich seit Oktober 2009 an dem Test.

Bei ZF Friedrichshafen haben sich von November 2009 bis Februar 2010 rund 50 von 38.000 Mitarbeitern ihre Entgeltmitteilung per DE-Mail statt per Briefpost zusenden lassen. Web.de-Geschäftsführer Jan Oetjen sagt: „Wir haben die angestrebte Nutzerzahl erreicht, das System läuft stabil, die Anwender sind zufrieden und die Technik funktioniert.“ Um die Zeit bis zur Verabschiedung des Gesetzes zu nutzen, diskutieren die Teilnehmer des Projekts derzeit mit dem Bundesinnenministerium Möglichkeiten, die Nutzerbasis möglichst schnell auszubauen.

Auch die De-Mail-Teilnehmer Web.de und GMX wollen einen Hybrid-Brief testen. Laut Heise.de soll es hier bis zum Sommer möglich sein, gegen einen Aufpreis von zehn Cent auf das Porto aus dem Webportal heraus herkömmliche Briefe kuvertieren und per Post zustellen zu lassen. Ein Scan-Dienst soll Papierbriefe digitalisieren, die dann in die E-Mail-Postfächer verschickt werden. Die Idee des Hybrid-Briefes lebt also auch bei den Mitbewerbern der Deutschen Post, die alle um Marktanteile bei der Zukunft der elektronischen Kommunikation kämpfen.