Und plötzlich war der Flugplan leer: Die Pleiten der Fluggesellschaften Germania und Flybmi haben den Flughafen Rostock-Laage in eine schwierige wirtschaftliche Situation gebracht. Die kommunal getragene Betreibergesellschaft war schon zuvor auf Subventionen angewiesen - wie bei den meisten deutschen Regionalflughäfen. Die gelegentlich als "Landratspisten" verspotteten Standorte werden bislang vor allem aus strukturpolitischen Gründen am Leben erhalten, doch die EU hat die Vorschriften für derartige Unterstützungen inzwischen enger gezogen.
Die Berliner Germania hatte sich an kleineren Flughäfen auf Ferienflüge und zusätzlich auf die Nische ethnischer Verkehre spezialisiert. Ihre Insolvenz traf Rostock neben Erfurt besonders hart. Auch Friedrichshafen am Bodensee musste eine Vielzahl von Verbindungen streichen. An allen Standorten war zunächst zu hören, dass man sich umgehend um neue Anbieter kümmere. Zumindest in Nürnberg hat das bereits zu ersten Erfolgen geführt, weil Tuifly lukrative Verbindungen der Germania übernehmen will.
Das sei aber keineswegs selbstverständlich, mahnt der Luftverkehrsspezialist der Deutschen Bank, Eric Heymann. "Es ist sehr schwierig, für die ausgefallenen Verkehre schnell Ersatz zu finden. Das gilt insbesondere für Regionen mit einem geringen eigenen Fluggastaufkommen." Große Airlines wie die Lufthansa-Tochter Eurowings oder Ryanair interessieren sich daher eher für die wenigen Start- und Landerechte der Germania, die am engen Flughafen Düsseldorf frei werden.
Subventionen als Problem
Leidtragende sind Provinz-Pisten, die vor Jahren mit Niedriggebühren den Markteintritt der Billigflieger erst befördert haben. In der Spitze brachte Ryanair beispielsweise bis zu vier Millionen Passagiere jährlich nach Hahn im Hunsrück, war aber nie bereit, für die Dienstleistungen am Boden substanzielle Gebühren zu bezahlen. Gewinne hat der Hahn daher auch zu besten Zeiten nicht abgeworfen und die Passagierzahlen sind mit dem schleichenden Abzug der Ryanair aktuell auf die Hälfte geschrumpft. Mit weiteren Subventionen des Landes Rheinland-Pfalz soll der chinesische Mehrheitseigner HNA den einstigen US-Flugplatz nun zu einer Frachtdrehscheibe ausbauen.
In Rostock könnte jede Gesellschaft starten, die will. 38 Verkehrsflughäfen gibt es in Deutschland, doch das Geschäft konzentriert sich nach Zahlen des Airport-Verbands ADV zu mehr als 90 Prozent auf die acht großen mit Frankfurt und München an der Spitze. Die Sicherheitsanforderungen an Verkehrsflughäfen sind hoch und damit kostspielig, wenn beispielsweise eine Feuerwehr und international vorgeschriebene technische Einrichtungen vorgehalten werden müssen.
Rostock betreibt den Flughafen im nahen Laage gemeinsam mit der Bundeswehr, was etwas Kostendruck wegnimmt. Auch hat man Warnemünde als Standort entwickelt, an dem Kreuzfahrtschiffe ihre Passagiere wechseln, die dann per Flugzeug an- und abreisen. Noch im Januar hatte Geschäftsführerin Dörthe Hausmann stolz die Rekordbilanz für 2018 mit knapp 300 000 abgefertigten Passagieren präsentiert. Dummerweise waren davon allein 130 000 Gäste der Germania und das Geschäft musste mit 2,8 Millionen Euro gestützt werden. Da auch wöchentlich zwei neue Flüge der türkischen Corendon die Verluste nicht ausgleichen, rufen die Gesellschafter (Stadt und Kreis Rostock, Laage) nun nach dem Einstieg des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Schwerins Verkehrsminister Christian Pegel (SPD) lehnt dies bislang ab. "Die aktuellen Turbulenzen sind durch Insolvenzen zweier Fluggesellschaften entstanden, nicht weil der Flughafen einen Gesellschafter Land hatte oder nicht." Auf Dauer wird er der Frage nach weiteren Subventionen aber kaum ausweichen können. "Es ist in erster Linie eine politische Entscheidung, ob man so einen Standort als Verkehrsflughafen mit hohen Kosten aufrecht erhält", sagt Experte Heymann und bringt für vergleichbare Fälle eine ganz andere Lösung ins Spiel. "Auch ein Verkehrslandeplatz mit geringeren Sicherheitsanforderungen kann für die Region Nutzen bringen."
Pegel weist nach Brüssel, wo die EU-Kommission schärfere Leitlinien für staatliche Beihilfen im Luftverkehr erlassen hat. Subventionen zum laufenden Betrieb von Flughäfen sind danach abnehmend nur noch bis ins Jahr 2024 möglich, eine Art Gnadenfrist für manche Piste. Allerdings gelten die EU-Regeln erst für Flugplätze mit mehr als 200 000 Passagieren, was zum Beispiel Kassel-Calden nicht erreicht.
Deutsche-Bank-Experte Heymann plädiert für eine sorgfältige Abwägung der Entscheidungen: "Bei der Frage, ob ein Flughafen weiter subventioniert werden soll, muss man neben der Höhe des Zuschussbedarfs auch immer den verkehrswirtschaftlichen Nutzen für die Bevölkerung im Blick haben. Bei Großstädten wie Nürnberg, Hannover, Leipzig oder Dresden liegt der Nutzen höher als in eher ländlichen Gebieten." Er mahnt aber auch: "Es ist nicht Aufgabe der Politik, dauerhaft subventionierte Arbeitsplätze zu schaffen." (dpa/ad)